Organic
ein paar Männern der Nationalgarde hängen blieb. Es tat nichts zur Sache, dass Letzteres in einem Trainingscamp in Florida aufgenommen worden war. Sidel hatte das Foto eigens so rahmen lassen, dass man den Hintergrund nicht erkennen konnte, um es aussehen zu lassen, als wäre es irgendwo im Irak aufgenommen worden.
„Senator Adams scheint überzeugt zu sein, dass Ihr Verfahren uns in die Unabhängigkeit von der OPEC und den ganzen arabischen Halsabschneidern führt.“ Owens verlor weder Zeit noch zu viele Worte.
Sidel war erfreut. Anstatt einer Antwort ging er zu dem Mahagonischränkchen hinter seinem Schreibtisch und öffnete es. Aus der Auswahl an Flaschen und Gläsern wählte er, ohne zu fragen, eine brandneue Flasche Johnnie Walker Blue, goss zwei Fingerbreit davon in ein Glas und reichte sie seinem Gast.
Owens bemühte sich nicht, seine Überraschung zu verbergen. Es war nur ein unbedeutendes Detail, das Sidel über den Mann, der großen Wert auf sein Privatleben legte, in Erfahrung gebracht hatte. Aber darum musste er sich nicht persönlich kümmern. Dafür hatte er seine Leute.
„Sie haben es ja selbst gesehen. Der Mann kann nicht an sich halten, wenn er nur in der Nähe von dem Zeug ist, aber trotzdem ist er von der Sache absolut überzeugt.“ Aus Höflichkeit goss sich Sidel ebenfalls etwas Scotch ein, auch wenn er den nicht besonders mochte. Ein Bier wäre ihm lieber gewesen. Er prostete seinem Gegenüber mit dem Glas zu und beobachtete, wie Owens einen ordentlichen Schluck nahm. Er wollte dem grauhaarigen Geizkragen sagen, dass er auch ohne eine lächerliche 10-Millionen-Dollar-Investition von Queens unanständig reich werden würde. Aber eigentlich ging es Sidel nicht in erster Linie ums Geld. Er konnte sich schon jetzt alles kaufen, wonach ihm der Sinn stand, und jeden, den er wollte.
Das Telefon klingelte. Sidel sah Owens an, hob die Augenbrauen und zuckte mit den Schultern. „Wenn mich meine Leute jetzt stören, muss es schon wirklich wichtig sein.“
Er griff nach dem Hörer und sagte statt einer Begrüßung:
„Was gibt es?“
„Wir haben ein Problem.“
Sidel beherrschte sich gerade noch rechtzeitig und blinzelte nur überrascht. Dann sah er auf das Display. Der Anruf kam tatsächlich direkt.
„Dafür bezahle ich Sie ja wohl gut genug“, antwortete Sidel und lächelte Owens an. „Wenn es ein Problem gibt, dann kümmern Sie sich darum.“ Und damit legte er auf.
12. KAPITEL
Washington D. C.
Abda Hassar lenkte sein Taxi an den Straßenrand und wartete. Lieferautos und Lastwagen mussten auf die Rückseite des Gebäudes fahren. Zwei Beamte der Capitol Police bewachten den Eingang, der eine immer mit einer Trillerpfeife im Mund, während der andere Limousinen durchwinkte und Lieferwagen beschimpfte, die in zweiter Reihe parken wollten. Zu dieser Tageszeit konnte Abda hier ungestört halten.
Er machte eine neue Packung Sonnenblumenkerne auf und schob sich ein paar davon in den Mund. Den ganzen Tag hatte er noch nichts in den Magen bekommen. Mit der Zunge beförderte er die Samen in die Backentasche und leckte das Salz von der Schale. Dann nahm er die Ray-Ban-Sonnenbrille ab und rieb sich die Erschöpfung aus den Augen. Früher hatten ihm drei Stunden Schlaf völlig gereicht. Aber jetzt nicht mehr. Tagsüber fuhr er Taxi. Dadurch konnte er Informationen sammeln, ohne Verdacht zu erregen. Nachts vergab er Aufträge und arbeitete die Strategie aus.
Er schob sich die Red-Sox-Baseballmütze ins Gesicht und lehnte sich zurück. Was hätte er darum gegeben, für ein paar Minuten die Augen zumachen zu können, zehn Minuten, eine Viertelstunde vielleicht. Aber das ging natürlich nicht. Er wich den Blicken von Passanten aus, die wissen wollten, ob er frei war. Manchmal kam so ein Idiot, der gegen die Windschutzscheibe oder auf die Motorhaube klopfte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Konnten die denn nicht lesen, dass sein Schild auf „Besetzt“ stand? Diese Amerikaner waren unhöflich und einfältig.
Abda schaute auf seine eingeschweißte Lizenz an der Sonnenblende. Das dumme Lächeln beunruhigte ihn, denn mehr als alles andere fürchtete er, diese schamlose Tarnung könnte auffliegen. Auf dem Foto, das erst vor einem Jahr aufgenommen worden war, sah er so jung aus: glatt rasiert, kurz geschnittene Haare und dieses Lächeln. Das hatte sein Freund und Verbündeter Khaled vorgeschlagen, nicht nur für das Foto, sondern ganz allgemein.
„Die Amerikaner erwarten von uns Arabern,
Weitere Kostenlose Bücher