Orks vs. Zwerge 2 - Fluch der Dunkelheit
nicht einmal eine Treppe, und selbst in Derok hatte er weniger Stufen zu Gesicht bekommen. Und die waren in deutlich besserem Zustand. Vor allem breiter.
Für einige lange Atemzüge war ihr Abstieg ohnehin ganz ins Stocken gekommen, als irgendwo vor ihnen einer der Krieger Prakoshs ins Rutschen kam, den Halt verlor und mit einem Aufschrei in die Tiefe stürzte. Krendar widerstand dem Impuls, sich nach vorn zu beugen, um zu sehen, wo er aufgeschlagen war. Das Geräusch war Hinweis genug. Danach kamen sie noch langsamer voran, was vor allem an Modrath lag, der beschlossen hatte, sich den Rest des Wegs mit dem Rücken zum Fels seitwärts hinunterzutasten.
Die Stufen endeten unter einem Blätterdach, das womöglich noch dichter war als das des Waldes oben. Hier herrschte ein Zwielicht, als sei die Nacht bereits hereingebrochen, so dunkel, dass es tatsächlich keinerlei Unterholz mehr gab. Lediglich abgebrochene, faulige Äste lagen in dem dichten Teppich verrottender Blätter, überzogen von Pilzgeflecht und dunkelroten Moosen, die wie verklumptes Blut wirkten. Ein durchdringender Geruch nach Moder, Pilzen und nasser Erde hing in der Luft. Selbst das Tosen des Winds in den Baumkronen war verschwunden und nicht mehr als ein weit entferntes Rauschen von irgendwo über ihnen. Hier unten, zwischen den Stämmen und Wurzeln, war es vollkommen windstill. Prakosh hatte seine Männer einen Halbkreis um den Fuß der Treppe bilden lassen, den er jetzt auflöste, als Krendar als Letzter den Fuß auf den Waldboden setzte.
»Na siehst du, Großer. War doch gar nicht so schlimm.« Der Linke klopfte dem Oger grinsend auf den Arm.
Modrath sah mit gefletschten Zähnen auf ihn herab. Dicke Schweißperlen standen auf seinem narbigen Gesicht. »Nimm die Finger weg. Oder du findest raus, wie schlimm es ohne Arm ist.«
Der Korrach zog eilig seine Hand zurück und wechselte einen schnellen Blick mit seinem Bruder. »Er steht wirklich nicht …«
»… auf Höhen, ja.«
»Hört auf, ihn zu reizen.« Zwei Kopfnüsse trafen die Zwillinge beinahe gleichzeitig. Krendar schüttelte die Hände. Es hatte wehgetan, doch jetzt fühlte er sich besser.
»Holt das Gepäck dieses Idioten«, ordnete Prakosh an und sah in die Richtung, in der der zerschmetterte Körper des Abgestürzten liegen musste. Er deutete auf eine Handvoll Krieger und nickte Toraka und ihrer Schwester zu. »Gebt ihm die Riten, aber beeilt euch damit. Wir werden nicht mehr Zeit als nötig verschwenden.«
Niemand widersprach ihm; sie alle hatten gesehen, was ihnen folgte.
»Kyrk, wohin jetzt?«
Das Halbblut sah sich sorgfältig um und sog tief die modrige Luft ein. Dann nickte er in eine Richtung, die sie zu den Ruinen in der Mitte des Tals bringen musste. Hier war kein Pfad zu erkennen, doch das war auch nicht notwendig. Es gab kein Unterholz, das ihr Fortkommen behindern konnte.
»In Ordnung. In Doppelreihe. Haltet die Augen offen und die Mäuler geschlossen. Ich will keine Überraschungen erleben.«
»Zu spät«, stellte der Broca namens Ronkh halblaut fest und deutete in die dämmrige Tiefe des Waldes.
Prakosh wandte sich um, während rund um ihn die Aerc ihre Waffen hochrissen. Etwa zwanzig Doppelschritte von ihnen entfernt stand eine Gestalt zwischen den Stämmen, so unbewegt, als habe sie schon immer dort gestanden. Im ersten Augenblick hätte sie Krendar beinahe für einen Menschen gehalten, doch ihr Körperbau war eindeutig der eines Aerc. Sie war vielleicht weniger hochgewachsen und schlanker als die Felsenbären und vor allem deutlich unbekleideter als die meisten Krieger der Weststämme zu dieser Jahreszeit. Doch die Augen des Mannes dort glommen eindeutig in aercischem Gelb, als er jetzt langsam den Kopf wandte, um die Krieger Prakoshs zu begutachten. Daran, dass er ein Mann war, bestand ohnehin kein Zweifel, denn bis auf einen kurzen Schurz und einige Bänder an Armen und Beinen trug er nichts – wenn man von einem Stamm – oder einem Bündel Stangen – in seiner Rechten absah. Schweigend musterte er die Aerc, bis er ihre volle Aufmerksamkeit auf sich gerichtet fand. Dann hob er langsam eine Hand.
»Was bei den Ahnen …«, murmelte Razar.
»Ärger«, knurrte Modrath. »Was sonst?«
»Ich wette, da sind noch mehr«, flüsterte Krendar.
Einige der umstehenden Krieger sahen ihn an und wandten dann langsam ihre Köpfe, um die sie umgebende Dämmerung abzusuchen.
Der Raut hob seine Rechte und trat einen Schritt vor.
»Wer bist du?«
»Einer, der gewartet
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