Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Titel: Orphan 1 Der Engel von Inveraray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
Vom Netzwerk:
verstehen geben, sie habe nur nach ihm geschrien, und nun, da er bei ihr war, sei alles in Ordnung. In diesem Augenblick hatte Vincent geglaubt, die reinste Form der Liebe entdeckt zu haben.
    Die Erkenntnis, dass er sich getäuscht hatte, brach ihm auch jetzt noch das Herz.
    Er stellte sein Glas ab, ging zum Fenster und zog den muffig riechenden Vorhang zur Seite, um auf die vereiste Straße hinunterzuschauen. Er wusste nicht mit Sicherheit, ob es sich bei dem als Maxwell Blake bekannten Mann tatsächlich um den Marquess of Redmond handelte. Morgen würde er sich in der Nähe des Hauses auf die Lauer legen, morgen und jeden darauf folgenden Tag, so lange, bis er einen Blick auf ihn erhaschen konnte und Gewissheit hatte.
    Sollte Blake sich als der Mann entpuppen, der sein Leben zerstört hatte, würde er, Vincent, dafür sorgen, dass er diesmal nicht mit dem Leben davonkam.

10. KAPITEL
    „Hier ist ein schönes mit ein paar Booten auf Loch Fyne." Oliver stellte das Gemälde auf das verschlissene Sofa im Salon, damit Haydon es besser begutachten konnte.

    „Das wäre genau das Richtige für jemanden, der das Wasser liebt, meinen Sie nicht?"
    „Vermutlich", bestätigte Haydon, während er das Bild mit Kennerblick betrachtete.
    Genevieve hatte mit raschen, weichen Pinselstrichen gearbeitet und dem Werk dadurch eine heitere, beinahe verträumte Stimmung verliehen.
    „Mir gefällt dies hier besser", meinte Annabelle, während sie und Grace das Abbild einer Blumenvase auf einem Stuhl platzierten. Die violetten und rosafarbenen Blüten ließen ganz leicht die Köpfe hängen, und ein einzelnes Blütenblatt war auf das ansonsten makellose Leinentuch gefallen, auf dem die Vase stand. „Die Blumen wirken so entsetzlich traurig, fast so, als weinten sie." Annabelle seufzte vor Wonne.
    Haydon musste ihr zustimmen. Genevieve versuchte nicht, das, was sie sah, möglichst naturgetreu wiederzugeben, sondern ließ immer auch ihre eigenen Gefühle und Stimmungen in das Werk einfließen. Das Ergebnis war bemerkenswert.
    „Hier ist eins, das sie letzten Sommer von Simon und mir gemalt hat!" rief Jamie und schleifte seine Ecke des Bildes über den Boden, während Simon die andere trug.
    „Sie sagte, es zeige zwei Männer, die sich anschicken, in die Welt hinauszusegeln", erklärte Simon stolz.
    Auf dem Gemälde segelten die Jungen in ihren kleinen Holzbooten auf einem Fluss.
    Sie waren in Rückenansicht dargestellt, der Wind, der die Segel ihrer Boote blähte, zerzauste ihr Haar und zerknitterte ihre Kleidung. Die Szene war sonnig und strahlte eine nahezu spürbare Ruhe aus, als würde der Nachmittag nie enden. Am Horizont jedoch konnte man einen schmalen Streifen dunkler Wolken erkennen, ein Hinweis darauf, dass das unbeschwerte Spiel der Jungen und im weiteren Sinne auch ihre Kindheit bald zu Ende sein würde.
    „Ich mag dieses hier." Jack stellte ein Porträt von Charlotte auf das Sofa neben das Gemälde mit den Booten. „Es sieht wirklich genau aus wie du, Charlotte."
    Charlotte betrachtete das Bild mit einer Mischung aus Verlegenheit und Scheu, freute sich jedoch insgeheim darüber, dass Jack sie für so hübsch hielt wie das Mädchen auf der Leinwand. „Findest du wirklich?"
    Genevieves Porträt zeigte Charlotte mit einem Buch in der Hand auf einem Stuhl sitzend. Ihr Kleid schmiegte sich eng um ihre schmale Taille und bauschte sich dann bis auf den Boden, so dass ihre Beine nicht zu erkennen waren. Zu ihren Füßen lag eine einzelne, cremefarbene Rose mit scharfen grünen Dornen. Beugte Charlotte sich hinab, um sie aufzuheben, würde sie sich wohl unweigerlich an den Dornen verletzen. Ließ sie die Rose jedoch liegen, würde diese welken und sterben. Dem flüchtigen Betrachter mochte dieses Dilemma harmlos erscheinen, auf Haydon jedoch wirkte das Bild verstörend, denn er ahnte, dass die Rose ein Sinnbild für Charlottes verkrüppeltes Bein sein sollte.
    Offenbar konnte Genevieve nicht anders, als ihre eigene Sicht der Welt in ihre Werke einfließen zu lassen. Es war diese verführerische, betörende Eigenschaft ihrer Bilder, die, so hoffte Haydon, einen unvergesslichen Eindruck auf mögliche Käufer machen würde.

    „Das ist das letzte von den kleinen", schnaufte Doreen und stellte ein weiteres Gemälde neben die beiden anderen, die bereits ein wenig wacklig auf dem Kaminsims standen. „Jack und Ollie werden den Rest hinaufbringen müssen."
    Eunice stemmte die Hände in die fülligen Hüften und ließ den Blick über

Weitere Kostenlose Bücher