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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Kleider.
    »Guten Morgen«, sagte Derek. Die Worte drangen vernuschelt und gedämpft aus seinem krummen Mund mit der zu großen Zunge.
    »Guten Morgen.«
»Hast du gut geschlafen?«
»Ja klar«, antwortete Thomas.
»Bald gibt's Frühstück.«
»Ja.«
»Vielleicht klebrige süße Brötchen.«
»Vielleicht.«
»Ich mag klebrige süße Br ötchen.«
»Derek?«
»Was?«
»Falls ich dir jemals sage ...«
Derek wartete.
Er lächelte.
Thomas dachte über das nach, was er sagen wollte, und  fuhr dann fort: »Falls ich dir jemals sage, das Böse Ding kommt, und dir dann sage, du sollst weglaufen, dann steh nicht herum wie ein dummer Mensch. Dann läufst du nur noch.«
    Derek starrte ihn an, dachte darüber nach, lächelte, immer noch und sagte dann nach einem Weilchen: »Sicher, okay.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen. Aber was ist das, das Böse Ding?«
    »Ich weiß es nicht wirklich, nicht ganz sicher, aber idi werde es spüren, wenn es erscheint, und es dir sagen, und du wirst rennen.«
    »Wohin?«
    »Irgendwohin. In den Flur hinaus. Suche irgendwelche  Pfleger, bleib bei Ihnen.«
    »Sicher. Du solltest dich jetzt lieber waschen. Bald gibt's Frühstück. Vielleicht klebrige süße Brötchen.«
    Thomas pellte sich aus seinen Decken und stand auf. Er schlüpfte in seine Hausschuhe und ging ins Badezimmer.
    Gerade als Thomas die Tür zum Bad öffnen wollte, fragte Derek: »Du meinst, beim Frühstück?«
    Thomas drehte sich um. »Was?«
    »Du meinst, ein Böses Ding könnte zum Frühstück erscheinen?« »Möglich«, erwiderte Thomas. »Könnte es ein - verlorenes Ei sein?« »Was?« »Das Böse Ding -könnte es ein verlorenes Ei sein? Ich  mag keine verlorenen Eier, zu glitschig, igitt, das wäre ein wirklich Böses Ding, überhaupt nicht gut, nicht wie Frühstücksflocken und Bananen und klebrige süße Brötchen.«
    »Nein, nein«, sagte Thomas, »das Böse Ding ist kein verlorenes Ei. Es ist eine Person, eine komisch-unheimliche Person. Ich werde fühlen, wenn sie kommt, und es dir sagen, und du, du wirst wegrennen.«
    »Oh! Ja, sicher. Eine Person.«
    Thomas ging ins Bad und schloß die Tür. Er hatte nicht viel Bart. Er hatte einen kleinen Elektrorasierer, aber den benutzte er nur ein paarmal im Monat, und heute brauchte er ihn nicht. Er putzte sich jedoch die Zähne. Und er entleerte seine Blase. Er drehte das Wasser in der Dusche auf. Erst dann wagte er zu lachen, weil genug Zeit vergangen war, so daß Derek nicht mal fragen würde, ob Thomas wohl über ihn lachte.
    Verlorene Eier!
    Obwohl sich Thomas gewöhnlich nicht gern ansah, nicht gern sah, wie massig und nicht stimmig und dumm sein Gesicht war, schaute er in den vom Wasserdampf beschlagenen Spiegel. Einmal, vor langer, langer Zeit, er konnte sich kaum noch daran erinnern, hatte er sich selbst im Spiegel gesehen, und dieses eine Mal -Überraschung! war er gar nicht so entsetzt gewesen von der Art, wie er aussah. Wenn er lachte, sah er fast aus wie ein normaler Mensch. Wenn er jedoch nur ein Lachen vortäuschte, ließ ihn das nicht normaler aussehen. Es mußte schon ein richtiges Lachen sein. Und auch Lächeln brachte es nicht, weil ein Lächeln einfach nicht genug Lachen in sich hatte, um sein Gesicht zu verändern. Tatsächlich konnte ein Lächeln manchmal so traurig wirken, daß er es überhaupt nicht mehr ertragen konnte, sich anzusehen.
    Verlorene Eier. Thomas schüttelte den Kopf, und als sein Lachen endete, wandte er sich vom Spiegel ab. Für Derek war das böseste Ding, das er sich vorstellen  konnte, ein verlorenes Ei, keine klebrigen süßen Brötchen, was sehr ha-ha-komisch war. Da versuchte man nun, Derek von Leichen zu erzählen, die herumlaufen, und von Scheren, die aus Bäuchen herausragen, und von etwas, das kleine
    lebende Tiere ißt, und der alte Derek sah einen an, lächelte, nickte und kapierte überhaupt nichts.
    Solange er sich erinnern konnte, hatte Thomas sich gewünscht, ein normaler Mensch zu sein, nicht dumm, und viele Male hatte er Gott dafür gedankt, daß er ihn wenigstens nicht so dumm gemacht hatte wie den armen Derek. Doch jetzt wünschte er sich fast, dümmer zu sein, damit er diese häßlich-scheußlichen Visionen-Bilder aus dem Kopf verlor, damit er vergaß, daß Derek sterben und das Böse Ding erscheinen würde und daß Julie in Gefahr sein würde, damit er sich um nichts anderes mehr Sorgen machen müßte als über verlorene Eier, die für ihn eigentlich gar keine richtige Sorge sein würden, weil er verlorene Eier

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