Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Geschwindigkeit.
    Diesmal materialisierten sie sich nicht so sanft und glatt wie bei ihrem Eintreffen im Arbeitszimmer des alten Herrn oder vor dem verfallenen Haus mit dem rostigen Tor, sondern mit der Unbeholfenheit ihres Eindringens in das Apartment in San Diego. Bobby taumelte ein paar Schritte einen Abhang hinauf, immer noch so fest in Franks Griff, als seien sie durch Handschellen aneinander gefesselt, und sie fielen beide auf dem üppigen, gepflegten Rasen auf die Knie.
    Hektisch versuchte Bobby, sich aus Franks Griff zu befreien. Doch Frank hielt seinen Arm mit geradezu übermenschlichen Kräften umklammert und deutete auf einen Grabstein, der nur ein paar Meter vor ihnen stand. Bobby schaute sich um und sah, daß sie auf einem Friedhof waren.
    Allein.
    Massive Korallenbäume und Palmen ragten im purpurrotgrauen Zwielicht gespenstisch vor ihnen auf. »Er war unser Nachbar«, sagte Frank. Um Atem ringend und unfähig zu sprechen, versuchte Bobby immer noch seinen Arm aus Franks Griff zu befreien. Er las den Namen: Norbert James Korleen war in den Granit eingemeißelt. »Sie hat ihn töten lassen«, erklärte Frank, »ließ ihn von ih:rem geliebten Candy umbringen, weil sie das Gefühl hatte, er sei ungezogen gewesen zu ihr. Ungezogen zu ihr! Der verrückten Hexe.« Dunkelheit. Glühwürmchen. Rasende Geschwindigkeit.
    Das Arbeitszimmer voller Bücher. Der alte Mann, jetzt in der Tür. Er schaute sie an.
    Bobby hatte das Gefühl, stundenlang auf einer spiralförmigen Achterbahn gewesen zu sein, rauf, runter, mit hoher Geschwindigkeit, wieder und wieder, bis er gar nicht mehr sicher war, ob er tatsächlich noch von der Stelle gelangte oder stillstand, während sich der Rest der Welt drehte und um ihn herumschlingerte.
    »Ich hätte nicht herkommen dürfen, Doktor Fogarty«, sagte Frank sorgenvoll. Von seiner verletzten Hand tropfte Blut und besprenkelte die blaßgrüne Sektion des China-Teppichs. »Candy könnte mich beim Haus gesehen haben und versuchen, mir zu folgen. Ich möchte ihn nicht zu Ihnen führen.«
    »Frank, warten Sie ...«, sagte Fogarty.
    Dunkelheit.
    Glühwürmchen.
    Rasende Geschwindigkeit.
    Sie standen im Hof des verfallenen Hauses, neun bis zwölf Meter von der Treppe zu der Veranda entfernt, die ebenso kaputt und verwahrlost war wie die an der Vorderseite des Hauses. Hinter den Fenstern im ersten Stock brannte Licht.
    »Ich will gehen. Ich will weg von hier«, sagte Frank.
    Bobby erwartete, daß die Teleporting-Phase sofort beginnen würde und stählte sich dafür, doch sie rührten sich nicht von der Stelle.
    »Ich will weg hier«, sagte Frank noch einmal. Als daraufhin nichts geschah, fluchte Frank vor Enttäuschung. Plötzlich öffnete sich die Küchentür, und eine Frau trat heraus. Sie blieb auf der Schwelle stehen und starrte sie an.
    Im immer schwächer werdenden, trübpurpurfarbenen Zwielicht war sie kaum zu erkennen. Das Lampenlicht aus der Küche ließ nur ihre Silhouette erahnen, ihre Gesichtszüge blieben jedoch im Dunkeln.
    Bobby wußte nicht, ob es an der sonderbaren Beleuchtung lag oder ob sie tatsächlich so war, denn auf ihn wirkte sie übermäßig erotisch: grazil wie ein Luftgeist, anmutig schlank und doch ausgesprochen üppig feminin, ein Phantom aus Rauch, das entweder spärlich bekleidet oder ganz nackt war und in ihm Begehren aufsteigen ließ. Diese mysteriöse Frau löste eine derartige Geilheit aus, daß man sie nur mit den Sirenen vergleichen konnte, die die Seefahrer dazu brachten, mit ihren Schiffen auf Riffe aufzulaufen, die den Rumpf zertrümmerten.
    »Meine Schwester Violet«, sagte Frank mit offensichtlichem Grauen und Abscheu.
    Bobby bemerkte, daß sich zu ihren Füßen etwas bewegte, sah Schatten, die sie umschwärmten. Sie ergossen sich die Stufen hinunter, auf den Rasen, und da sah er, daß es Katzen waren. Ihre Augen schillerten in der Abenddämmerung in allen Regenbogenfarben.
    Er packte Frank genauso fest, wie Frank ihn gepackt hielt, denn jetzt fürchtete er sich genauso davor, losgelassen zu werden, wie er sich vorher gefürchtet hatte, ständig an ihn gefesselt zu sein.
    »Frank, bringen Sie uns hier raus.« »Ich kann nicht. Ich habe keine Kontrolle darüber, keine Kontrolle über mich.«
    Da war ein Dutzend Katzen. Zwei Dutzend. Immer mehr. Während sie von der Veranda und über die ersten paar Meter des ungemähten Rasens huschten, waren sie ruhig. Dann schrien sie alle gleichzeitig auf -wie ein einziges Tier. Ihr Aufheulen, das sowohl Wut wie

Weitere Kostenlose Bücher