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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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weichen Sohlen seiner Schuhe verursachten kein Geräusch, und seinen Schatten sah er entweder vor oder hinter sich, während er einen Laternenpfahl nach dem anderen hinter sich ließ.
    An Kantsteinen und in Auffahrten parkten Autos. Es waren meist ältere Modelle, einige verrostet und verbeult. Möglicherweise hingen in etlichen von ihnen sogar die Zündschlüssel, und er hätte sich eines aussuchen können. Doch ihm war aufgefallen, daß die Mauern aus Schlackenstein, die die Grundstücke trennten - genauso wie die Wände eines baufälligen und verlassenen Hauses -, mit den Graffity-Sprüchen lateinamerikanischer Straßengangs besprüht waren.
    Und er hatte keine Lust, an einem fahrbaren Untersatz herumzupfuschen, der vielleicht einem ihrer Mitglieder gehörte. Diese Jungs hielten sich nicht damit auf, zur nächsten Telefonzelle zu rennen und die Polizei zu rufen, wenn sie jemanden erwischten, der ihr Auto klauen wollte. Die schössen gleich oder jagten einem ein Messer in den Rücken. DaFrank bereits genug Ärger hatte, ging er weiter.
    Zwölf Blocks später, in einer Gegend mit gepflegten Häusern und besseren Autos, begann er sich nach einem geeigneten Wagen umzusehen, den man leicht stehlen konnte.
    Der zehnte Wagen, bei dem er es probierte, war ein etwa ein Jahr alter grüner Chevy. Er war unverschlossen und stand in der Nähe einer Straßenlampe. Die Zündschlüssel lagen unter dem Fahrersitz.
    Weil er vorhatte, den Apartmentkomplex, bei dem er seinen unbekannten Verfolger zuletzt getroffen hatte, möglichst weit hinter sich zu lassen, fuhr er von Anaheim nach Santa Ana und dann auf der Bristol Avenue nach Süden in Richtung Costa Mesa. Überrascht stellte er fest, wie vertraut ihm die Straßen waren. Er schien die Gegend gut zu kennen. Er erkannte Gebäude, Einkaufszentren, Parks und Wohnanlagen, an denen er vorbeifuhr, obwohl ihr Anblick trotzdem nicht dazu beitrug, sein Gedächtnis aufzufrischen, aus dem sämtliche Erinnerungen wie ausgeätzt zu sein schienen. Er konnte sich noch immer nicht erinnern, wer er war, wo er wohnte, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente, wovor er davonlief, oder warum er mitten in der Nacht in einer düsteren Gasse aufgewacht war.
    Selbst zu dieser späten Stunde - die Uhr am Armaturenbrett zeigte an, daß es 2.48 Uhr war - war das Risiko, einem Streifenwagen zu begegnen, auf einem Freeway wohl größer. Deshalb fuhr er auf Nebenstraßen durch Costa Mesa und das östliche und südliche Newport Beach. In Corona Del Mär ging er auf den Pacific Coast Highway, auf dem er bis Laguna Beach blieb. Ein leichter Nebel hatte sich gebildet, der nach Süden hin allmählich dichter wurde.
    Laguna, malerischer Erholungsort und Künstlerkolonie, erstreckte sich über eine Reihe sanft ansteigender Hügel und Felswände und senkte sich zum Ozean hin ab. Die meisten Häuser waren in dicken Nebel gehüllt. Nur gelegentlich überholte ihn mal ein Auto, und der Dunst, der vom Pazifik aufstieg, wurde bald so dick, daß er gezwungen war, die Geschwindigkeit zu drosseln.
    Gähnend bog er in eine Seitenstraße östlich des Highway ein und parkte vor einem zweistöckigen Giebelhaus im Cape-Cod-Stil, das so gar nicht in diese Landschaft paßte. Er wollte sich ein Motelzimmer nehmen, doch vorher mußte er wissen, ob er Geld oder irgendwelche Kreditkarten hatte. Zum erstenmal in dieser Nacht hatte er die Chance, auch etwas über seine Identität herauszufinden. Er durchsuchte die Taschen seiner Jeans, fand aber nichts.
    Er schaltete das Innenraumlicht ein, zog die Reisetasche auf seinen Schoß und öffnete sie. Die Tasche war bis an den Rand mit Banknoten gefüllt. Lauter Zwanzig- und Hundertdollarscheine, sorgfältig gebündelt.

8
    Die dünne Suppe des grauen Dunstes entwickelte sich langsam zu einem dicken Eintopf. Ein paar Meilen näher am Ozean war es bestimmt so neblig, daß sich Klumpen bildeten.
    Ohne Mantel, nur mit einem Pullover bekleidet, lehnte sich Bobby gegen einen der Streifenwagen, die vor Decodyne parkten. Die Tatsache, daß er dem sicheren Tod mit knapper Not entronnen war, ließ ihn die Kälte vergessen. Er beobachtete Julie, die unruhig hin und her lief, die Hände in den Taschen ihrer braunen Lederjacke. Er wurde niemals müde, sie anzuschauen.
    Sie waren seit sieben Jahren verheiratet, und in dieser Zeit hatten sie tagtäglich buchstäblich 24 Stunden miteinander gelebt, gearbeitet und die Freizeit verbracht, und das sieben Tage in der Woche. Bobby hatte nie zu den Männern

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