Ort des Grauens
zu überwältigen. Doch dann hörte er aus der anderen Richtung das Rascheln von Papier.
Er durchquerte das Eßzimmer und trat in die Tür zur Küehe. Sie war kleiner als die im Haus seiner Mutter, aber so makellos sauber und ordentlich, wie es die seiner Mutter seit ihrem Tod niemals mehr gewesen war.
Eine Frau in einem blauen Kleid saß an dem Tisch. Mit dem Rücken zu ihm. Sie beugte sich über eine Zeitschrift und blätterte Seite um Seite um, als suche sie nach etwas, was sie gern lesen würde.
Candy hatte eine weit bessere Kontrolle über seine telekinetischen Talente als Frank, was vor allem bedeutete, daß er beim Teleportieren schneller und effizienter vorgehen konnte, weniger Luft verdrängte und auf weniger Molekularwiderstand stieß. Trotzdem überraschte es ihn, daß sie nicht aufgestanden war, um nachzusehen, denn immerhin waren die Geräusche, die er bei seiner Ankunft verursacht hatte, ja ganz in ihrer Nähe gewesen. Und ganz gewiß waren diese Geräusche so sonderbar, daß sie einfach Neugier erregen mußten.
Sie blätterte noch ein paar Seiten um, beugte sich dann vor und las.
Von hinten konnte er nicht viel von ihr sehen. Sie harte dichtes, glänzendes Haar, so schwarz, daß es auf demselben Webstuhl wie die Nacht gewebt worden sein mußte. Ihre Schultern und ihr Rücken waren schmal. Ihre Beine, die mit gekreuzten Fesseln nebeneinander auf einer Seite des Stuhles sichtbar waren, sahen wohlgeformt aus. Wäre er ein Mann, der auch nur das geringste Interesse an Sex hatte, so nahm er an, hätte ihn die Rundung ihrer Waden erregt. Er fragte sich, wie sie aussah -und jäh überwältigte ihn ein Drang zu wissen, wie ihr Blut schmeckte. Deshalb trat er durch die Tür und ging drei Schritte auf sie zu. Er gab sich keine Mühe, leise zu sein, doch sie schaute nicht auf. Sie wurde sich seiner Schritte erst bewußt, als er sie bei den Haaren packte und vom Stuhl zog. Da trat sie nach ihm und schlug mit den Armen um sich.
Er drehte sie zu sich herum und fühlte sich augenblic klich von ihr erregt. Ihre wohlgeformten Beine, der Schwung ihrer Hüften, die schmale Taille, ihre schwellenden Brüste ließen ihn jedoch unberührt. Obwohl es wunderschön war, erregteihn nicht mal ihr Gesicht. Es war etwas anderes. Es war etwas, das er in ihren grauen Augen bemerkte. Man konnte es Vitalität nennen. Sie war lebendiger als die meisten Menschen, lebenssprühend geradezu.
Sie schrie nicht, stieß nur ein leises Ächzen der Angst und Wut aus, dann schlug sie heftig mit beiden Fäusten auf ihn ein. Sie hämmerte auf seine Brust ein, auf sein Gesicht.
Vitalität! Ja, sie war voller Leben, sprühte vor Lebenskraft, und ihre Vitalität erregte ihn weit mehr, als es sexuelle Reize jemals hätten tun können.
In einiger Entfernung konnte er immer noch das Planschen des Wassers hören, das Rasseln und Surren des Abluftventilators, und deshalb meinte er, sie nehmen zu können, ohne die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich zu lenken -solange er sie nur davon abhalten konnte zu schreien. Er schlug ihr mit der Faust ins Gesicht, hämmerte auf sie ein, bevor sie schreien konnte. Sie fiel gegen ihn, nicht ohnmächtig, aber benommen.
Candy bebte aus Vorfreude auf das bevorstehende Vergnügen, legte sie mit dem Rücken auf den Tisch, ließ ihre Beine über die Kante baumeln. Er spreizte ihre Beine und lehnte sich dazwischen, aber nicht, um sie zu vergewaltigen, nichts so Abscheuliches wie das. Als er ihr sein Gesicht näherte, blickte sie zunächst verständnislos drein, immer noch ganz wirr im Kopf von den Schlägen. Dann wurden ihre Augen klarer. Er sah, wie das Grauen in sie Einzug hielt, und stürzte sich schnell auf ihre Kehle, biß tief hinein und fand das Blut, das sauber und süß und berauschend war.
Sie schlug unter ihm um sich. Sie war so lebendig. So wundervoll lebendig. Für eine Weile.
Als der Bote die Pizza brachte, trug Lee Chen sie in Bobbys und Julies Büro und bot Hal etwas davon an.
Hal legte sein Buch beiseite, nahm aber die bestrumpften Füße nicht vom Couchtisch. »Du weißt, was dieses Zeug deinen Arterien antut?« fragte er.
»Warum sorgt sich heute eigentlich jeder um meine Arterien?«
»Du bist so ein netter junger Mann. Wir könnten es nicht ertragen, wenn du ins Gras beißt, noch bevor du dreißig bist. Abgesehen davon fragen wir uns immer, was du wohl als nächstes angezogen hättest, wenn du noch gelebt hättest.«
»Garantiert nichts, was du anziehen würdest, das kann ich dir
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