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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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jedesmal aufstehen und hinübergehen zu müssen, wenn er etwas trinken wollte. Bobby goß zwei Gläser voll und brachte Julie eins mit.
    »Natürlich habe ich nie angenommen, daß Roselle unfruchtbar ist«, sagte sie zu Fogarty. »Sie hat Kinder geboren, das wissen wir. Aber ich war davon ausgegangen, sie hätten gemeint, der männliche Teil sei steril gewesen.«
    »Fruchtbar als Mann und als Frau. Sie konnte natürlich nicht mit sich selbst verkehren, um es mal so zu sagen. Sie griff auf künstliche Befruchtung zurück, wie ich schon sagte.«
    Als Bobby am späten Nachmittag dieses Tages im Büro inNewport versucht hatte zu erklären, daß das Ünterwegssein mit Frank für ihn wie eine Achterbahnfahrt am Ende der Welt gewesen sei, hatte Julie nicht richtig verstanden, warum ihn diese Erfahrung so entnervt hatte. Jetzt glaubte sie, eine dunkle Ahnung zu haben, was er gemeint hatte. Denn das Chaos in den verwandtschaftlichen Beziehungen der Pollards und in ihren sexuellen Identitäten ließ sie eine Gänsehaut bekommen und erfüllte sie mit dem bösen Verdacht, die Natur sei noch anfälliger für Anarchie, als sie befürchtet hatte.
    »Yarnell wollte, daß ich den Fötus abtreibe, und Abtreibungen waren damals ein sehr lukrativer Nebenverdienst, obwohl sie natürlich illegal waren und alles vertuscht werden mußte. Doch das Mädchen hatte seine Schwangerschaft sieben Monate lang vor ihm verborgen, genauso lange wie er und Cynthia vierzehn Jahre vorher deren Schwangerschaft verborgen hatten. Es war viel zu spät für einen Abbruch. Das Mädchen wäre gestorben, wäre verblutet. Abgesehen davon hätte ich diesen Fötus genausowenig abgetrieben, wie ich mir in den Fuß geschossen hätte. Stellen Sie sich doch nur den Grad von Inzucht vor, der hier involviert war: das hermaphroditische Kind eines Bruder-Schwester-Inzests schwängert sich selbst! Die Mutter des Kindes ist auch sein Vater. Seine Großmutter ist auch seine Großtante, und sein Großvater ist auch sein Großonkel! Eine enge genetische Linie -und die Gene durch Yarnells Mißbrauch von Halluzinogenen geschädigt, bedenken Sie das. Buchstäblich eine Garantie für eine Monstrosität in der einen oder anderen Richtung, und das hätte ich mir um nichts auf der Welt entgehen lassen.«
    Julie nahm einen großen Schluck von dem Bourbon. Er schmeckte sauer und brannte in ihrer Kehle. Es war ihr egal. Sie brauchte ihn.
    »Ich war Arzt geworden, weil die Bezahlung gut ist«, sagte Fogarty. »Später, als ich illegale Schwangerschaftsabbrüche vornahm, war die Bezahlung sogar noch besser, und sie wurden meine Haupteinnahmequelle. Das war auch nicht allzu gefährlich, weil ich wußte, was ich tat, und wenn es denn sein mußte, konnte ich auch hin und wieder jemanden bei den Behörden bestechen. Wenn man so fette Honorare kassiert, muß man die Praxis auch nicht besonders lange in Betrieb halten, dann hat man viel Freizeit - Geld und Freizeit, das beste aus beiden Welten. Aber obwohl ich mich für diesen Beruf entschieden hatte, hätte ich niemals gedacht, jemals über einen medizinisch so interessanten, so faszinierenden, so unterhaltsamen Fall zu stolpern wie dieses Durcheinander bei den Pollards.«
    Das einzige, was Julie davon abhielt, quer durchs Zimmer zu stürmen und die Scheiße aus dem alten Mann herauszuprügeln, war keineswegs sein hohes Alter, sondern die Tatsache, daß er die Geschichte dann nicht beenden würde und sie vielleicht einige lebenswichtige Informationen nicht erhalten würden.
    »Doch die Geburt von Roselles erstem Kind hielt nicht das, was ich mir davon versprochen hatte«, fuhr Fogarty fort. »Trotz der schlechten Voraussetzungen war das Baby, das sie zur Welt brachte, gesund und nach allem, was ich feststellen konnte, auch völlig normal. Das war 1960, und das Baby war Frank.«
    Frank, immer noch in dem Ohrensessel, wimmerte leise vor sich hin, kam aber aus seinem halbkomatösen Zustand noch nicht heraus.
    Violet, die Doc Fogarty noch immer durch Darkle zuhörte, setzte sich auf und schwang die nackten Beine über die Bettkante. Sie vertrieb damit einige der Katzen von ihren Ruheplätzen und entlockte Verbina ein Murmeln des Protestes, denn sie gab sich selten damit zufrieden, nur mental mit ihrer Schwester verbunden zu sein und brauchte die Sicherheit des körperlichen Kontakts. Die Katzen strichen um ihre Füße. Sie sah sowohl durch deren Augen wie durch ihre eigenen und konnte sich deshalb in der Dunkelheit hervorragend zurechtfinden, als

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