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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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ein Stück von ihr zurück.
    »Das ist genug. Du mußt jetzt gehen. Und hier sind die fünfzig Rupien, die ich dir versprochen habe.«
    Er zog seinen Blechkasten unter dem Bett hervor und nahm fünf Zehnrupienscheine heraus. Sie verstaute sie schweigend im ihres Ingyi. Ihre Tränen waren ganz plötzlich versiegt. Ohne zu sprechen, ging sie für einen Augenblick ins Badezimmer, und als sie wieder herauskam, war ihr Gesicht gewaschen und zeigte sein natürliches Braun, und Haar und Kleid waren in Ordnung gebracht. Sie sah mürrisch aus, aber nicht mehr hysterisch.
    »Zum letztenmal, Thakin: du willst mich nicht wieder zu dir nehmen? Ist das dein letztes Wort?«
    »Ja. Ich kann’s nicht ändern.«
    »Dann gehe ic h, Thakin.«
    »Sehr gut. Gott sei mit dir.«
    An den hölzernen Pfeiler der Veranda gelehnt, sah er ihr nach, wie sie in dem starken Sonnenlicht den Pfad hinunterging. Sie ging sehr aufrecht, und die Haltung ihres Rückens und Kopfes verriet bittere Gekränktheit. Es stimmte, er hatte ihr die Jugend geraubt. Seine Knie zitterten unbeherrschbar. Hinter ihm erschien Ko S’la auf leisen Sohlen. Er gab ein kleines, tadelndes Hüsteln von sich, um Florys Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Was gibt es denn jetzt?«
    »Das Frühstück für den Heiligen wird kalt.« »Ich will kein Frühstück. Bring mir was zu trinken - Gin.« Wie hab ich nur in letzter Zeit gelebt?
    XIV
    Wie lange gebogene Nadeln sich durch eine Stickerei fädeln, so fädelten sich die beiden Kanus, die Flory und Elizabeth trugen, das Flüßchen hinauf, das vom Ostufer des Irrawaddy landeinwärts verlief. Es war der Tag des Jagdausfluges - nur ein kurzer Nachmittagsausflug, denn sie konnten nicht eine Nacht im Dschungel zusammen verbringen. Sie wollten gegen Abend, wenn es relativ kühl war, ein paar Stunden schießen und rechtzeitig zum Dinner wieder in Kyauktada sein.
    Die Kanus - beides ausgehöhlte Baumstämme - glitten rasch dahin, kaum das dunkelbraune Wasser kräuselnd. Wasserhyazinthen mit üppigem schwammigem Laub und blauen Blüte n hatten den Fluß halb erstickt, so daß der schiffbare Kanal nur ein meterbreites, gewundenes Band war. Das Licht sickerte grünlich durch die verschlungenen Zweige. Dann und wann hörte man über sich Papageien kreischen, aber keine wilden Tiere zeigten sich, nur einmal schwamm eine Schlange eilig davon und verschwand zwischen den Wasserhyazinthen.
    »Wie lange ist es noch bis zum Dorf?« rief Elizabeth zu Flory zurück. Er saß in dem größeren Kanu hinter ihr, zusammen mit Flo und Ko S’la, das von einer in Lumpen gekleideten, runzligen alten Frau gepaddelt wurde.
    »Wie weit, Großmama?« fragte Flory die Kanufrau. Die alte Frau nahm die Zigarre aus dem Mund und legte das
    Paddel auf die Knie, um nachzudenken. »So weit, wie ein Mann schießen kann«, sagte sie nach einigem Überlegen.
    »Etwa eine halbe Meile«, übersetzte Flory.
    Sie waren bereits zwei Meilen weit gepaddelt. Elizabeth tat der Rücken weh. Die Kanus kippten bei einer unbedachten Bewegung leicht um, und man mußte kerzengerade auf dem schmalen Sitz ohne Rückenlehne sitzen und die Füße so gut wie möglich aus der Bilge heraushalten, in der tote Garnelen schwammen und die am Boden des Kanus hin- und herschwappte. Der Burmane, der Elizabeth paddelte, war sechzig Jahre alt, halbnackt, tabakbraun, sein Körper so vollkommen wie der eines jungen Mannes. Sein Gesicht war verwittert, gütig und humorvoll. Sein schwarzer Haarschopf, feiner als das Haar der meisten Burmanen, war über einem Ohr lose geknotet, und ein paar Strähnen fielen ihm über die Wange. Elizabeth hielt das Gewehr ihres Onkels sorgsam auf den Knien. Flory hatte angeboten, es zu tragen, aber sie hatte abgelehnt; in Wirklichkeit machte es ihr solche Freude, es zu halten, daß sie es nicht über sich bringen konnte, es abzugeben. Sie hatte bis heute noch nie ein Ge wehr in der Hand gehabt. Sie trug einen Rock aus rauhem Stoff mit derben Sportschuhen und einem seidenen Männerhemd, und sie wußte, daß ihr diese Aufmachung zusammen mit dem Terai- Hut gut stand. Sie war sehr glücklich trotz ihres schmerzenden Rückens, des heißen Schweißes, der sie im Gesicht kitzelte, und den großen, gefleckten Moskitos, die ihre Fußknöchel umsirrten.
    Der Fluß verengte sich, und die Hyazinthenbeete wichen steilen Ufern aus schokoladebraunem, glänzendem Schlamm. Baufällige schilfgedeckte Hüt ten überragten den Fluß, ihre Pfähle standen im Flußbett. Ein nackter Junge stand zwischen

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