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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sonnenlicht hinaus. Er war ein Mann von fünfzig Jahren und so dick, daß er sich seit Jahren nicht ohne Hilfe aus seinem Sessel erhoben hatte, dabei aber wohlgestaltet und sogar schön in seiner Fülle; denn die Burmanen werden nicht schlaff und verquollen wie die Weißen, sondern nehmen symmetrisch zu wie schwellende Früchte. Sein Gesicht war großflächig, gelb und völlig faltenlos, und seine Augen hatten eine gelblichbraune Farbe. Seine Füße - platt mit hohem Spann und gleichmäßig langen Zehen - waren nackt wie auch sein kahlgeschorener Kopf, und er war mit einem bunten, magentarot und grün karierten arakanesischen Longyi bekleidet, wie die Burmanen sie als bequemes Hausgewand tragen. Er kaute Betel, den er einem auf dem Tisch stehenden Lackkästchen entnahm, und dachte über seine Vergangenheit nach.
    Es war ein glänzend erfolgreiches Leben gewesen. U Po Kyins früheste Erinnerung - sie reichte in die achtziger Jahre zurück war der Einmarsch der siegreichen britischen Truppen in Mandalay, den er, ein kugelbäuchiges Kind, mitangesehen hatte. Er erinnerte sich, wie diese Kolonnen großer Beefsteakmänner mit roten Gesichtern und roten Röcken ihn entsetzt hatten; und die langen Gewehre auf ihren Schultern und das schwere, rhythmische Stampfen ihrer Stiefel. Nach ein paar Minuten hatte er Fersengeld gegeben, denn in seinem kindlichen Sinn hatte er begriffen, daß sein Volk dieser Rasse von Riesen nicht gewachsen war. Auf der Seite der Briten zu kämpfen, von ihrer Größe zu nutznießen, war schon in der Kindheit se in höchster Ehrgeiz gewesen.
    Mit siebzehn hatte er sich um eine Anstellung bei der Regierung beworben, aber ohne Erfolg, denn er war arm und ohne Beziehungen, und so hatte er drei Jahre lang in dem stinkenden Labyrinth der Basare von Mandalay als Gehilfe der Reishändler gearbeitet, und hin und wieder hatte er gestohlen. Dann mit zwanzig Jahren war er durch einen Glücksfall von Erpressung in den Besitz von vierhundert Rupien gekommen; er ging sofort nach Rangun und kaufte sich in eine Regierungsstelle ein. Trotz des geringen Gehaltes war dieser Posten recht einträglich. Ein Ring von Angestellten bezog damals ein regelmäßiges Einkommen aus der Unterschlagung staatlicher Lagerbestände, und Po Kyin (er hieß damals einfach Po Kyin, das ehrenvolle U kam Jahre später) beteiligte sich natürlich daran. Er war jedoch zu talentiert, um sein Leben lang ein kleiner Angestellter zu bleiben und sich auf den kläglichen Diebstahl von Münzen wie Annas und Pice zu beschränken. Eines Tages kam ihm zu Ohren, daß die Regierung, die knapp an unteren Beamten war, einige Angestellte zu befördern gedachte. Diese Nachricht hätte sich binnen einer Woche herumgesprochen, aber es gehörte zu Po Kyins Fähigkeiten, stets eine Woche früher als alle anderen informiert zu sein. Er sah seine Chance und denunzierte alle seine Komplizen, bevor sie gewarnt werden konnten. Die meisten wanderten ins Gefängnis, und Po Kyin wurde zum Lohn für seine Redlichkeit zum Hilfsgemeindebeamten ernannt. Seitdem war er unaufhaltsam aufgestiegen. Jetzt, mit sechsund fünfzig Jahren, war er Distriktsrichter, und er würde wohl noch weiter befördert werden bis zum amtierenden Kommissar, dem Engländer gleichgestellt und einige sogar untergeordnet waren.
    Seine Rechtsprechung geschah nach sehr einfachen Methoden. Auch für die höchste Summe verkaufte er niemals sein Urteil in einem Fall, denn er wußte, daß ein Richter, dessen Urteile gefälscht sind, früher oder später dabei erwischt wird. Sein Verfahren war viel sicherer: er ließ sich von beiden Parteien bestechen und entschie d dann den Fall nach streng juristischen Grundsätzen. Das verschaffte ihm den nützlichen Ruf, unparteiisch zu sein. Neben seinen Einkünften von den prozeßführenden Parteien erhob U Po Kyin fortgesetzt einen Zoll, eine Art Privatsteuer von allen Dörfern, die seiner Gerichtsbarkeit unterstanden. Wenn ein Dorf seinen Tribut nicht zahlte, ergriff U Po Kyin Strafmaßnahmen - Räuberbanden überfielen das Dorf, führende Dorfbewohner wurden unter falschen Anklagen verhaftet und so fort - , und die Summe wurde immer binnen kurzem bezahlt. Er erhielt auch einen Anteil am Erlös aller größeren Raubzüge, die im Distrikt verübt wurden. Fast alle diese Tatsachen waren natürlich jedermann bekannt mit Ausnahme von U Po Kyins dienstlichen Vorgesetzten (kein britischer Beamter wird je etwas glauben, was gegen seine eigenen Leute spricht), aber die

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