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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sind sie nicht wunderhübsch? Der schönste Vogel in Asien.«
    Elisabeth berührte die glatten F edern mit der Fingerspitze. Sie war von bitterem Neid erfüllt, weil sie den Vogel nicht geschossen hatte. Und doch empfand sie merkwürdigerweise fast eine Art Bewunderung für Flory, da sie jetzt gesehen hatte, wie er schießen konnte.
    »Sehen Sie nur diese Brustfedern; wie ein Edelstein. Es ist Mord, sie zu schießen. Die Burmanen sagen, wenn man einen dieser Vögel schießt, übergeben sie sich, womit sie sagen wollen: ›Sieh, hier ist alles, was ich besitze, und ich habe dir nichts weggenommen. Warum tötest du m ich? ‹ Ich muß allerdings gestehen, daß ich es noch nie gesehen habe.«
    »Schmecken sie gut?«
    »Sehr gut. Trotzdem habe ich immer das Gefühl, daß es schade ist, sie zu töten.«
    »Ich wollte, ich könnte so schießen wie Sie!« sagte sie neiderfüllt.
    »Das ist nur so ein Kniff, Sie werden ihn bald raushaben. Sie wissen, wie Sie Ihr Gewehr halten müssen, und das ist schon mehr, als die meisten Leute können, wenn sie anfangen.«
    Doch bei den nächsten beiden Treiben traf Elizabeth nichts. Sie hatte gelernt, nicht aus beid en Läufen auf einmal zu schießen, aber die Aufregung lahmte sie so, daß sie gar nicht zielen konnte. Flory schoß noch ein paar Tauben, außerdem eine kleine Taube mit braunen Flügeln und grünspanfarbenem Rücken. Die Dschungelvögel waren zu schlau, sich zu zeigen, obgleich man ihr Schnalzen ringsum hören konnte, und ein- oder zweimal auch den scharfen Trompetenruf eines Hahnes. Sie drangen jetzt tiefer in den Dschungel ein. Das Licht war graugrün mit blendenden Sonnenflecken. Wohin man auch blickte, war die Aussicht versperrt durch die mannigfaltigen Reihen der Bäume und das Gewirr von Büschen und Schlingpflanzen, die sich um ihre Basis wanden wie das Meer um die Pfosten einer Landungsbrücke. Es war so dicht wie ein sich meilenweit erstreckender Dornenstrauch und bedrückend für das Auge. Manche der Schlingpflanzen waren riesig wie Schlangen. Flory und Elizabeth kämpften sich schmale Wildpfade entlang, schlüpfrige Ufer hinauf, und ihre Kleider wurden von Dornen zerrissen. Ihre Hemden waren von Schweiß durchtränk t. Es war drückend heiß und roch nach zerquetschtem Laub. Manchmal ließen unsichtbare Zikaden minutenlang ein schrilles, metallisches Pfeifen hören wie das Schwirren einer stählernen Gitarre, und dann hörten sie ganz plötzlich auf, und das folgende Schweigen erschreckte einen.
    Als sie zum fünften Treiben gingen, kamen sie an einen großen Bobaum, auf dem man hoch oben Kaisertauben gurren hören konnte. Es klang wie das sehr ferne Muhen von Kühen. Ein Vogel flatterte aus dem Geäst und saß allein auf dem obersten Zweig, eine kleine graue Gestalt.
    »Versuchen Sie im Sitzen zu schießen«, sagte Flory zu Elizabeth. »Visieren Sie ihn an und drücken Sie ab, ohne zu warten. Nicht das linke Auge zukneifen.«
    Elizabeth hob ihr Gewehr, das wie üblich zu zittern begonnen hatte. Die Treiber blieben in einer Gruppe stehen, um zuzusehen, und einige von ihnen konnten sich nicht enthalten, mit der Zunge zu schnalzen; sie fanden es sonderbar und ziemlich abstoßend, zu sehen, wie eine Frau mit einem Gewehr umging. Mit größter Willensanstrengung hielt Elisabeth ihr Gewehr einen Augenblick still und drückte ab. Sie hörte den Schuß nicht; man hört ihn nie, wenn man getroffen hat. Der Vogel schien von dem Zweig in die Höhe zu hüpfen, dann fiel er, sich immer wieder überschlagend, herunter und blieb zehn Meter über ihnen in einer Astgabel stecken. Einer der Treiber legte seinen Dahhm und warf einen abschätzenden Blick auf den Baum; dann ging er zu einer großen Schlingpflanze, so dick wie ein Männerschenkel und verdreht wie ein Stück Gerste nzucker, das von einem Zweig weit herunterhing. Er kletterte die Schlingpflanze hinauf, so leicht, als wäre sie eine Leiter, ging aufrecht den dicken Zweig entlang und holte die Taube herunter. Er legte sie Elizabeth schlaff und warm in die Hand.
    Sie konnte sie kaum sein lassen, so entzückte es sie, ihre Beute zu fühlen. Sie hätte sie küssen, an die Brust drücken können. Alle Männer, Flory und Ko S’la und die Treiber, lächelten einander zu, als sie sahen, wie sie den toten Vogel streichelte. Zögernd gab sie ihn Ko S’la, der ihn in die Tasche tat. Sie wurde sich des außergewöhnlichen Wunsches bewußt, Flory die Arme um den Hals zu werfen und ihn zu küssen; und dies irgendwie, weil sie eine

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