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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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liefen los und überquerten eilig das Feld, sich durch die Ananaspflanzen und die steifen, stacheligen Unkräuter durchschlagend. Ko S’la und fünf Treiber standen auf einem Haufen und redeten alle zugleich, und die anderen zwei winkten Flory und Elizabeth aufgeregt. Als sie herankamen, sahen sie in der Mitte der Gruppe eine alte Frau, die mit einer Hand ihren zerlumpten Longyi hochhielt und mit der anderen, in der sie eine große Zigarre hielt, gestikulierte. Elizabeth hörte ein Wort, das immer wiederholt wurde, es klang wie ›Char‹.
    »Was sagen sie?« fragte sie.
    Die Treiber scharten sich um Flory, alle redeten eifrig und zeigten in den Dschungel. Nach ein paar Fragen winkte er ihnen zu schweigen und wandte sich zu Elizabeth:
    »Also, das ist aber wirklich Glück! Diese Alte kam durch den Dschungel, und bei dem Knall von Ihrem Schuß hat sie einen Leoparden über den Pfad laufen sehen, sagt sie. Diese Männer wissen, wo er sich wahrscheinlich versteckt. Wenn wir schnell machen, können sie ihn vielleicht einkreisen, bevor er sich davonschleicht, und ihn heraustreiben. Wollen wir’s versuchen?«
    »O ja, bitte! Oh, das wird ein Spaß! Wie schön, wie schön, wenn wir diesen Leoparden erwischen könnten!«
    »Aber Sie wissen doch, daß es gefährlich ist? Wir werden dicht zusammen bleiben, und wahrscheinlich wird alles gutgehen, aber zu Fuß ist es nie absolut sicher. Sind Sie bereit?«
    »Aber natürlich, natürlich! Ich habe keine Angst. O bitte, machen wir schnell und fangen wir an!«
    »Einer von euch kommt mit uns und zeigt uns den Weg«, sagte er zu den Treibern. »Ko S’la, nimm Flo an die Leine und geh mit den anderen. Wenn sie bei uns ist, wird sie nie ruhig bleiben. Wir müssen uns beeilen.«
    Ko S’la und die Treiber eilten am Rande des Dschungels entlang. Sie würden weiter oben eindringen und mit dem Treiben beginnen. Der andere Treiber, derselbe Jüngling, der die Taube vom Baum geholt hatte, tauchte in den Dschungel, und Flory und Elizabeth folgten ihm. Mit kurzen, schnellen Schritten, fast rennend, führte er sie durch ein Labyrinth von Wildpfaden. Das Gebüsch hing so tief herunter, daß sie zuweilen fast kriechen mußten, und die Schlingpflanzen hingen wie Fallstricke über dem Pfad. Der Boden war staubig, und man hörte keine Schritte. An einem Punkt im Dschungel blieb der Treiber stehen, deutete auf den Boden zum Zeichen, daß hier die richtige Stelle sei, und legte den Finger an die Lippen. Flory nahm vier SG- Patronen aus seiner Tasche und nahm Elizabeths Gewehr, um es schweigend zu laden.
    Hinter ihnen raschelte es leise, und sie fuhren alle zusammen. Ein fast nackter Jüngling mit einem Schrotkorn- Bo gen, von irgendwoher, hatte das Gebüsch geteilt. Er sah den Treiber an, schüttelte den Kopf und deutete den Pfad hinauf. Die beiden Jünglinge verständigten sich durch Zeichensprache, dann schien der Treiber einverstanden zu sein. Alle vier stahlen sich vierzig Meter weiter auf dem Pfad, um eine Biegung, dann blieben sie wieder stehen. Im selben Augenblick brach ein Höllenlärm von Geschrei, unterbrochen von Flos Gebell, ein paar hundert Meter weiter aus.
    Elizabeth fühlte die Hand des Treibers auf ihrer Schulter, die sie nach unten drückte. Alle vier hockten sich hin, gedeckt von einem Dornbusch, die Europäer vorn, die Burmanen hinten. In der Ferne hörte man einen solchen Tumult und das Klirren von Dahs gegen Baumstämme, daß man kaum glauben konnte, wie sechs Männer so viel Lärm machen könnten. Die Treiber achteten sehr darauf, daß der Leopard nicht umkehrte und auf sie losging. Elizabeth sah einige große gelbe Ameisen wie Soldaten über die Dornen des Busches marschieren. Eine fiel ihr auf die Hand und kroch ihren Unterarm hinauf. Sie wagte sich nicht zu bewegen, um sie wegzuwischen. Sie betete im stillen: »Bitte, lieber Gott, laß den Leoparden kommen! Ach, bitte, lieber Gott, laß den Leoparden kommen!«
    Plötzlich hörte man ein lautes Getrappel auf dem Laub. Elizabeth hob ihr Gewehr, aber Flory schüttelte heftig den Kopf und drückte den Lauf wieder nach unten. Ein Dschungelvogel huschte mit langen, lärmenden Schritten über den Pfad.
    Das Geschrei der Treiber schien kaum näher zu kommen; im übrigen Teil des Dschunge ls war es totenstill. Die Ameise auf Elizabeths Arm biß sie schmerzhaft und ließ sich dann zu Boden fallen. Eine schreckliche Verzweiflung stieg auf; der Leopard kam nicht, er war irgendwohin entschlüpft, sie hatten ihn verloren. Fast

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