Osten, Westen
aufhören würden, sie ständig zu ignorieren. Also kam sie, wie ich es vorausgesehen hatte, zu mir herüber.
«Ich hab Ihnen nur eines zu sagen», erklärte ich würdevoll. «Ramani, der Rikschaboy, liegt mir am Herzen. Suchen Sie sich doch einen Mann Ihres Alters oder, besser noch, gehen Sie in einen der Witwen-Ashrams in Benares, um dort den Rest Ihres Lebens zu beten und Gott zu danken, dass Witwenverbrennungen heutzutage verboten sind!»
An diesem Punkt versuchte sie den Spieß umzudrehen, indem sie mich laut anschrie, mich verfluchte und behauptete, ich sei ein giftiger alter Mann, der schon vor Jahren hätte sterben sollen. Dann fuhr sie fort: «Eines will ich Ihnen sagen, Sie, Herr Lehrer Sahib im Ruhestand: Ihr Ramani hat mich gebeten, ihn zu heiraten, aber ich habe nein gesagt, weil ich keine Kinder mehr haben will und weil er ein junger Mann ist und eigene Kinder haben sollte. Erklären Sie das der ganzen Welt und hören Sie endlich auf, Gift zu verspritzen wie eine Kobra!»
Von da an verschloss ich eine Zeitlang die Augen vor der Affäre Ramanis mit der Witwe des Diebes; ich hatte alles getan, was ich konnte, und außerdem gab es noch viele andere Dinge in der Stadt, die einen Menschen wie mich interessierten. Zum Beispiel hatte der örtliche Gesundheitsbeamte einen weißen Caravan in unsere Straße gebracht und die Erlaubnis erhalten, ihn abseits unter dem Banyanbaum abzustellen; allnächtlich wurden immer wieder Männer für eine Weile in diesen Wagen gebracht, mit denen man dort irgendetwas anstellte.
Da ich damals keine Lust hatte, in der Nähe zu sein, weil die Jugendlichen mit den Armbinden ständig Wache hielten, nahm ich meine hookah und suchte mir einen anderen Platz. Ich hörte zwar gerüchteweise, was in dem Caravan geschah, verschloss aber auch davor meine Augen.
Doch während dieser Caravan, der ständig nach Äther roch, in unserer Stadt war, wurde die Bosheit der Witwe in ihrem vollen Ausmaß offenbar; denn eben zu diesem Zeitpunkt begann Ramani auf einmal, von seinem neuen Hirngespinst zu sprechen und allen, die er auftreiben konnte, zu erzählen, dass er in Kürze ein ganz besonderes und persönliches Geschenk der Zentralregierung in Delhi erhalten werde und dass dieses Geschenk ein nagelneues, erstklassiges, batteriebetriebenes Transistorradio sei.
Also: Wir waren schon immer der Meinung, dass unser Ramani mit seinen Vorstellungen, ein Filmstar oder was weiß ich zu werden, ein bisschen schwach im Kopf sei. Deswegen nickten die meisten nachsichtig und erwiderten ihm: «Aber gewiss doch, Ram, wie schön für dich!» Oder: «Wie schön, dass eine Regierung so großzügig ist und Radios an Leute verschenkt, die so scharf auf populäre Musik sind!»
Aber Ramani behauptete, es sei wirklich wahr, und schien glücklicher zu sein als je in seinem Leben, obwohl sich dieses
Glück durch das bevorstehende Eintreffen eines Transistorradios nicht ganz erklären ließ.
Kurz nachdem das Traumradio zum ersten Mal erwähnt worden war, heirateten Ramani und die Witwe des Diebes, und da ging mir ein Licht auf. An der Hochzeitsfeier nahm ich nicht teil – sie war, nach allem, was man hörte, eine armselige Angelegenheit –, aber nicht lange danach, als Ram eines Tages mit der leeren Rikscha am Banyanbaum vorüberkam, sprach ich ihn an.
Er setzte sich zu mir, und ich fragte ihn: «Bist du zum Caravan gegangen, mein Junge? Was hast du dort mit dir anstellen lassen?»
«Keine Angst», gab er zurück. «Alles ist ganz einfach wundervoll. Ich bin verliebt, Lehrer Sahib, und ich hab mir die Möglichkeit geschaffen, meine Frau heiraten zu können.»
Ich muss gestehen, dass ich zornig wurde; ja, mir kamen fast die Tränen, als mir klar wurde, dass Ramani sich freiwillig einer Demütigung unterzogen hatte, die den anderen Männern, die man zum Caravan brachte, aufgezwungen wurde. Ich machte ihm die bittersten Vorwürfe. «Mein idiotischer Sohn, du hast dir von dieser Frau deine Männlichkeit rauben lassen!»
«Aber es ist wirklich nicht so schlimm», behauptete Ram und meinte die nasbandi. «Es hindert keinen Mann daran, mit einer Frau zu schlafen und so – entschuldigen Sie bitte, Lehrer Sahib, dass ich so etwas erwähne –, es verhindert nur die Babys, und meine Frau will keine Kinder mehr, also ist jetzt alles hundertprozentig okay. Außerdem dient das Ganze dem nationalen Interesse», belehrte er mich. «Und schon bald wird das kostenlose Radio eintreffen.»
«Das kostenlose
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