Osterfeuer (German Edition)
Angermüller
zu bedenken, »und andererseits ist das der ganz alltägliche Rassismus würde Astrid
sagen. Er fällt halt auf mit seiner anderen Hautfarbe und in einem Kaff wie diesem
ganz besonders. Und er hat das Fest lange vor Margot Sandner verlassen, dafür gibt
es sogar mindestens zwei Zeugen.«
Jansen zuckte mit den Schultern.
»Na und? Er könnte ja zurückgekommen
sein. Schließlich wohnt er allein und hat niemanden, der ihn in seinem Bettchen
hat schlafen sehen.«
»Aber der letzte, der mit der Frau
gesehen wurde, war doch dieser Blonde. Natürlich hätte der Kubaner zurückkommen
können und sie mit dem anderen Jungen erwischt haben – wär eine Möglichkeit …«,
führte Angermüller den Gedanken fort.
»Dieser andere Junge – wie hieß
der noch mal?«
Prompt antwortete es aus dem Hintergrund:
»Ben Osterholz heißt der und Reimers
und Axmann haben den befragt.«
»Danke!«
Angermüller nickte dem Kollegen
Niemann zu, der das mit einem zufriedenen Grinsen registrierte.
»Ben Osterholz, das hätte ich dir
auch sagen können«, bemerkte Jansen lahm. Ohne, dass sie es jemals zugegeben hätten,
bestand zwischen Jansen und Niemann eine scharfe Konkurrenz, wer wohl den schnelleren
Zugriff auf die in seinem Gedächtnis gespeicherten Daten und Fakten hatte. Angermüller,
der das sehr wohl beobachtete, konnte es für die Ermittlungsarbeit nur recht sein
und er würde sich hüten, diesen Zustand zu ändern.
»Genauer gesagt ist der blonde junge
Mann der Sohn vom Chefarzt des Krankenhauses hier und das fand Reimers höchst wichtig
zu erwähnen, wie ich mich erinnere«, fügte Jansen hämisch hinzu.
»Für die Pfeife Reimers war bereits
die Tatsache, dass dieser Ben der Sohn vom Herrn Professor ist, der Unschuldsbeweis.
Der Junge hat angegeben, sich draußen vor dem Zelt von der Frau verabschiedet zu
haben …«
»Er ist ja dann auch später noch
in dieser Disco bei seinen Freunden aufgetaucht. Also, lass uns noch mal die Zeiten
genau überprüfen und dann werden wir beide uns diesen Ben noch mal ansehen und -hören.
Schließlich war er der letzte, der mit der Ermordeten gesehen wurde und hatte offensichtlich
ja auch starkes Interesse an ihr. Phänomenologisch also erst mal höchst verdächtig.«
»Es sieht ein Blinder mit dem Krückstock,
dass der Professorensohn unser erster Ansatzpunkt ist, das willst du mir sagen,
ja?«
»Ich tu nur was für deine Bildung,
Kollege!«, flachste Angermüller.
»Danke, tut aber nich nötig. Und
der Kubaner ist dann das nächste Phänomen, dem wir uns widmen, Companero!«
»Wenn du das so siehst, lieber Claus
– Vamos, auf geht’s!«
Die tief am Himmel stehende Sonne ließ die Lübecker Bucht wie eine
Silberfolie glitzern. Zwischen dem frischen Grün der Wiesen auf den gegenüberliegenden
Hügeln drehten sich gemächlich zwei Windkrafträder in der Abendbrise. Eine ganze
Armada von hopsenden Motorbooten und majestätisch dahingleitenden Segelyachten bewegte
sich auf die Einfahrt des Warstedter Hafens zu, nach einem unvergleichlich schönen
Tag auf See auf dem Weg nach Hause.
»Ja, bitte?«, schnarrte eine unfreundliche
Männerstimme aus der Gegensprechanlage.
»Guten Abend! Wir sind von der Kriminalpolizei
und hätten gern mit Ben Osterholz gesprochen.«
Statt einer Antwort ertönte der
Summer und die Gartenpforte sprang auf, als Jansen dagegen drückte.
»Nicht schlecht, Herr Specht!«
Jansen schaute sich bewundernd um.
Sie schritten über einen gepflasterten Weg auf ein sehr geräumiges, im Bungalowstil
der Sechziger Jahre gebautes Haus zu, das sich am Ende des sanft abfallenden Geländes
an den Hang duckte. In den sich anschließenden zwei Garagen standen zwei Autos,
ein drittes auf der Einfahrt davor. Für Angermüller, der sich mit Automarken nicht
gut auskannte, sahen sie ziemlich exklusiv und teuer aus. Die Ausmaße des Gartens
waren mehr als weitläufig. Der gepflegte Rasen wurde hie und da von kleinen Blumenrabatten
und niedrigen Büschen unterbrochen und ging links vom Haus in ein Pappelwäldchen
über.
»Bissle groß alles hier, findest
du nicht Claus?«
Angermüller mochte nichts, was ihm
nach Prahlerei, nach Großmannssucht roch. Andererseits spürte er seine Verunsicherung
angesichts solcher Insignien der Macht des Geldes und das ärgerte ihn dann umso
mehr.
Bevor Jansen antworten konnte, öffnete
sich die gläserne Haustür und ein schlanker, großer Mann in einer ausgewaschenen
Jeans und einem weißen Hemd stand vor ihnen, an den
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