Osterfeuer (German Edition)
versuchte Angermüller den
Unwillen des Jungen zu überwinden.
»Es ist für uns aber so wichtig,
dass wir es gern noch einmal genauer hören würden. Also, das Band läuft.«
»O Mann!«
»Komm, erzähl’s uns noch mal!«
»Wenn’s sein muss.«
Ben zuckte nachlässig mit den Schultern.
»Wir sind raus aus dem Zelt. Ich
habe mich verabschiedet und bin dann ins Laguna. Aus. Ende. Das war’s.«
»Jetzt geht’s erst los, mein Junge!
Könntest du etwas genauer erzählen?«
Jansen platzte angesichts dieser
demonstrativen Teilnahmslosigkeit der Kragen.
»Wann hast du dich verabschiedet
und wie? Wie bist du in den Laguna Beach Club gekommen und wann warst du da? Das
sind nur einige der Fragen, die uns interessieren … und bei allem, was du sagst,
vergiss nicht, hier geht’s um Mord und vom letzten Zeugen kannst du ganz leicht
zum Hauptverdächtigen werden, wenn du weiter so blockst, kapiert?«
Ben schüttelte seinen Kopf und es
sollte halb empört, halb belustigt klingen, als er nur sagte:
»Ich glaub, ich spinne.«
Doch es war ihm anzumerken, dass
Jansens Ausbruch ihn deutlich irritiert hatte und Angermüller sagte freundlich:
»Wir können dich auch mitnehmen,
wenn es dir lieber ist. In der Dienststelle sind wir ganz ungestört und du kannst
in aller Ruhe erzählen.«
Doch diese Vorstellung schien Ben
Osterholz überhaupt nicht zu behagen. Angermüller gab ihm eine neue Chance:
»Schau her, Ben! Du brauchst uns
nur noch einmal zu erzählen, was genau abgelaufen ist. Das dürfte für dich doch
kein Problem sein, da du ja nichts zu verbergen hast, wie ich annehme.«
Man konnte förmlich sehen, wie der
junge Mann das Für und Wider abwog und er schien zu begreifen, dass er ernsthafte
Schwierigkeiten kriegen könnte, wenn er sich nicht kooperationswillig zeigte. Langsam
wirkte er nicht mehr ganz so unbeteiligt und versuchte sogar ein unsicheres Lächeln.
»Stimmt eigentlich. Also: Es war
irgendwann nach drei, da habe ich mich von Frau Sandner verabschiedet. Dann bin
ich zum Laguna, zu Fuß und ich glaube, es muss etwa vier Uhr gewesen sein, als ich
dort ankam.«
Endlich zeigte Ben seinen Willen
zur Mitarbeit und war sichtlich bemüht, die Sympathie seiner Gesprächspartner zu
gewinnen. Ein hübscher Junge dachte Angermüller bei sich, das ebenmäßige Gesicht,
die großen braunen Augen mit den langen Wimpern, das lange, blonde Haar und charmant
ist er auch, wenn er will. Bestimmt wird die Damenwelt auf den abfahren.
»Siehst du, da gibt es unser erstes
Problem …«, mischte sich Jansen wieder ein.
»Wir haben gehört, dass du an der
Disco erst kurz nach fünf angekommen bist. Was hast du in den zwei Stunden gemacht?
Könntest du jetzt so freundlich sein, endlich die ganze Geschichte zum Besten zugeben
oder willst du doch lieber mit auf’s Revier kommen …«
»Na Kollege, so schnell schießen
die Preußen net! Denk einfach noch mal kurz nach Ben und dann erzählst noch mal
von vorn …«, forderte Angermüller den Jungen auf. Ohne, dass sie dies absprechen
mussten, spielten er und Jansen bei Vernehmungen häufig zwei völlig entgegengesetzte
Rollen, was schlicht und einfach ihrem unterschiedlichen Naturell entsprach. Während
Jansen ungeduldig, barsch und drohend sein konnte, war Angermüller sein gutmütiger,
verständnisvoller Widerpart, der das Vertrauen der Befragten zu gewinnen suchte
und schon oft hatte sich diese Konstellation als ausgesprochen hilfreich erwiesen.
»Scheiße!«
Wie ein verzweifelter Seufzer brach
es aus Ben heraus. Den Kriminalbeamten entging scheinbar keine Einzelheit.
»Ich hab versprochen, nichts zu
erzählen …«
»Wem hast du das versprochen?«
»Na ja, Olli.«
»Wer ist Olli?«
»Ein Schulfreund – Oliver Kampmann.«
»Der Junge vom Mühlenhof?«
Ben antwortete mit einem Nicken.
Endlich war die zähe Befragung an einem Wendepunkt angelangt. Er redete jetzt einigermaßen
flüssig und schien geradezu erleichtert, nicht mehr den eiskalten Burschen mimen
zu müssen.
Margot Sandner und er hatten mehrmals
zusammen getanzt und sich unterhalten. Ben war augenblicklich von ihr fasziniert,
ihr Aussehen, ihr weltläufiges Auftreten, die vielen interessanten Leute, mit denen
sie in Berlin zu tun hatte. Sie war so ganz anders als die meisten Menschen in diesem
Alter, die er sonst kannte, so locker und unkonventionell und sie nahm ihn trotz
seiner Jugend ernst, interessierte sich wirklich für ihn als Person.
»Irgendwann fragte sie mich, ob
ich was zu rauchen hätte
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