Osterfeuer (German Edition)

Kanne Tee vorzubereiten,
als es klopfte und die beiden Kommissare kamen, um sich zu verabschieden.
    »So, Frau Kampmann, wir sind erst
mal so weit fertig«, sagte der große, kräftige, der sich als Angermüller vorgestellt
hatte, in seinem gemütlichen Fränkisch, das in Trudes Ohren immer so klang, als
wolle ein Arzt einen verängstigten Patienten beruhigen, und das so gar nicht zu
dem passte, was sie sich unter einem gerissenen Superhirn bei der Kripo vorstellte.
    »Wir haben uns in der Warstedter
Polizeistation vorläufig eingerichtet und werden bestimmt noch mal hier vorbeikommen
müssen. Wie Sie uns erreichen können, habe ich Ihnen ja gesagt.«
    »Im Moment wüsste ich nicht, wie
ich Ihnen weiterhelfen könnte …«
    »Das weiß man nie, Frau Kampmann!«,
lächelte Angermüller und sagte plötzlich ganz ernst:
    »Sehen Sie, da fällt mir ein, eine
Frage können Sie mir doch noch beantworten …«
    Gespannt sah Trude ihn an.
    »Und das wäre?«
    »Ich will ja nicht neugierig erscheinen,
aber was ist das Geheimnisvolles, das da auf dem Herd steht und so interessant duftet?«
    Als Jansen diese Frage hörte, verdrehte
er die Augen. Dass der Kollege Angermüller bei diesem Fall mit einer leibhaftigen
Kochbuchautorin zu tun hatte, die ihm offensichtlich auch noch sehr sympathisch
war, würde ihm noch den letzten Nerv rauben, nicht zu reden über den Imageverlust.
Kommissar Kochlöffel! Doch die Frau fühlte sich natürlich geschmeichelt und gab
bereitwillig Auskunft und Jansen wünschte sich, die Aussagen von Zeugen wären auch
immer so gut recherchiert wie ihre Hintergrundinformationen über die Holsteiner
Aalsuppe.
    »Da ich für ein Kochbuch über die
ländliche Küche in Holstein recherchiere, koche ich natürlich auch meistens ziemlich
norddeutsch im Moment! Grundlage dieser Suppe, die mal Holsteiner mal Hamburger
Aalsuppe und ohne den Fisch Specksuppe heißt, ist immer eine Brühe aus Schinkenknochen
und gepökeltem Schweinefleisch. In Mary Hahns Illustriertem Kochbuch von 1912 allerdings
wird Rindsknochen und Fleisch verwendet, das halte ich für nicht authentisch. Natürlich
gibt es unzählige regionale Varianten. Mein Rezept stammt hier aus der Gegend. Ich
verwende großzügig Suppenkraut und mindestens fünf Sorten Saisongemüse wie z.B.
Wurzeln, Sellerie, Erbsen, Spargel, Blumenkohl, dazu noch eingeweichte weiße Bohnen.
Außerdem gehören auch Backpflaumen und Schwemmklöße hinein und zum Würzen Essig,
Zucker, Salz, Pfeffer, Bohnenkraut und frische Petersilie. Und die, die mögen, bekommen
noch separat gekochten Aal dazu. Angerichtet wird das Ganze dann auf Salzkartoffeln.«
    »Vielen Dank für diese ausführliche
Erklärung, Frau Kampmann! Hört sich ein bißl ungewohnt an die Kombination – aber
ich würd’s glatt probieren!«
    »Es dauert aber noch etwas, bis
die Suppe fertig ist …«, sagte Trude bedauernd.
    »So hab ich das nicht gemeint Frau
Kampmann, nur theoretisch natürlich! Komm Jansen, wir wollen der Dame nicht länger
die Zeit stehlen.«

5
     
    Dieser Ostersonntag in Warstedt glich keinem Ostersonntag zuvor. Die
sonst immer gleichen Kaffeetafeln, deren gesitteter Ödnis die Männer spätestens
nach dem zweiten Tortenstück zu entkommen suchten und die für die sich langweilenden
Kinder stets die Gefahr bargen, mit den Erwachsenen Ärger zu bekommen, wenn sie
auf der Suche nach Unterhaltung über die Stränge schlugen, hatten endlich einmal
ein fesselndes Thema: Die Tote auf dem Mühlenhof. Und dazu gab es noch leibhaftige
Polizisten, die an manchen Türen klingelten und um Auskunft baten, wie lange man
das Kampmannsche Fest besucht und wann man es verlassen hatte und ob man sonstige
sachdienliche Hinweise zur Aufklärung des Verbrechens geben könne.
    Da die Polizei sich bisher nicht
einmal zur Todesursache geäußert hatte und das wenige, was man wusste, eh nur auf
Hörensagen fußte, überboten sich alle, von der Oma bis zum Enkel, wohlig schaudernd
in den wildesten Spekulationen. Jeder ein Profi durch die Schulung zahlreicher Fernsehkrimis,
wucherten in Wohnzimmern und auf Terrassen die abgründigsten Fantasien und Verdächtigungen.
In unserem kleinen Gemeinwesen ein brutaler Mord! Und der Mörder ist mitten unter
uns! Manche Frau schwor, in der Dunkelheit nicht mehr allein mit dem Hund Gassi
zu gehen und die Männer nahmen sich vor, die Sicherungsvorkehrungen an Haus und
Hof zu überprüfen.
     
    »Hilfe, ich brauch Sauerstoff! Hier ist’s schrecklich stickig!«,