Ostfriesengrab
ostfriesische Polizei, wobei der Reporter mehrfach beim Wort
ostfriesisch
die Augenbrauen so hoch zog, als sei ja wohl jedem klar, dass da nur Schwachköpfe arbeiten könnten.
Der Journalist, dem Rupert die Pest an den Hals wünschte, bewies mit Fotos und kurzen, knappen Sätzen, dass die Mordserie keinesfalls im April in Lütetsburg begonnen hatte, sondern bereits vor zwölf Jahren in den USA . Dort waren sieben Frauen von einem »Landschaftsmörder«, auch Grand-Canyon-Killer genannt, in die Landschaft hineinmodelliert worden. Auf einem Foto sah Rupert zunächst überhaupt keine Leiche, erst als mit einem roten Punkt angedeutet wurde, wo sie sich zwischen all den Steinen befand, erkannte er die angemalte Frau. Sie war in die Landschaft drapiert worden, als wäre ihr Körper aus Granit gemeißelt. Von den USA sei der Täter nach England gezogen, und jetzt würde er in Ostfriesland seine Arbeit fortsetzen.
Wenn das alles stimmt, dachte Rupert, warum wissen wir dann nichts davon? Und wieso zieht niemand unsere amerikanischen Kollegen zu Rate? Muss unsere SOKO jetzt einfach mehr Fernsehen gucken?
Seine Wut aufs Fernsehen und die TV -Macher wuchs ins Unermessliche, und das tat seinem Darm gar nicht gut. Schon fand Rupert sich auf der Kloschüssel wieder, den Kopf in die Handflächen gestützt, die Ellbogen auf den Knien.
Warum, fragte er sich, haben wir diesen Gunnar Peschke so schnell aus den Augen verloren und konzentrieren uns ganz auf Meuling? War das Respekt vor den Medienmachern? Oder hatte Ann Kathrin sich in diesen Peschke verguckt?
Rupert nahm seinen Laptop mit ins Bett und googelte ein bisschen herum. Ermittlungsarbeit durch allgemein zugängliche Quellen.
Tatsächlich hatte Herr Peschke eine Weile in den USA verbracht.
Rupert reckte sich im Bett und atmete tief durch. Ich krieg dich, dachte er. Ich krieg dich.
Er würde ihn stellvertretend für all die T V-Leute, die ihn bisher genervt hatten, an die Wand nageln.
Rupert stellte sich seine Rückkehr in die Polizeiinspektion geradezu als Triumphzug vor. Er würde ihnen den Mörder auf einem silbernen Tablett präsentieren. Keine verdeckte Ermittlung, keine zähe Zeugenbefragung. Nein. Einfach nur Internetrecherche und klare Kombinationsgabe.
Ich krieg dich, Peschke. Ich krieg dich.
Weller hatte gerade mit seinem Ersatzhandy eine SMS an Ann Kathrin geschickt.
Ich habe schweineteures Rinderfilet für uns gekauft. Heute Abend verwöhne ich dich.
Sie mochte seinen Sprachwitz, antwortete aber zunächst nicht. Dann setzte er noch einmal nach:
Wir können uns einen gemütlichen Abend machen. Es läuft King Kong im Fernsehen.
Der Film ist mir zu affig.
antwortete Ann Kathrin. Weller schmunzelte.
Abel stellte ein Telefongespräch zu Weller mit der Bemerkung durch, es sei »irgend so ein Spinner« am Apparat, der seine geheimen Informationen sonst keinem aus dem Polizeiapparat anvertrauen wollte. Der Mann wollte Weller sprechen oder Hauptkommissarin Klaasen, die er penetrant Klaussen nannte.
Aber schon in den ersten Sekunden des Gesprächs wusste
Weller, dass dies ein entscheidender Treffer war. Es war etwas in der Stimme des Mannes, das keinen Zweifel zuließ. Er redete nicht umständlich herum, wie es die Verrückten taten, die sich nur wichtig machen wollten. Er hatte eine ganz klare Frage und ein nachvollziehbares Interesse. Er wollte Geld.
»Stimmt es, dass zehntausend Euro auf die Ergreifung des Täters ausgesetzt sind?«
»Ergreifen werden
wir
ihn. Eine Belohnung ist für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung führen«, stellte Weller klar und spürte, dass sich die Härchen auf seinem Unterarm aufrichteten. Das ist heiß, dachte er. Ganz heiß.
»Ich weiß, wo Meuling sich aufhält.«
»So? Woher wissen Sie das denn? Darf ich mir Ihren Namen und Ihre Adresse notieren? Anonymen Hinweisen gehen wir nicht gerne nach.«
»Ich bin Privatdetektiv.«
Ach je, dachte Weller. Da hab ich mich geirrt. Also doch ein Spinner …
»Dieter Meuling schuldet einigen Leuten noch eine Stange Geld. Mein Klient hat ihm vor gut zwölf Monaten eine größere Summe Bargeld übergeben.«
Weller hakte nach: »Schwarzgeld?«
»Nein, Scheine aus dem Monopolyspiel! Natürlich muss mein Klient geschützt bleiben. Ich habe die Aufgabe, das Geld zurückzuholen. Ich habe den Aufenthaltsort von Herrn Meuling ermittelt plus einige seiner diversen Geldkonten.«
Weller schluckte. »Ich höre.«
Er schnitt ab jetzt das gesamte Gespräch mit. Er hätte sein
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