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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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dieser alten Norder Kneipe.
    Er wollte Ann Kathrin dahin ausführen. Sie konnten auch gut einen über den Durst trinken, von dort war es nicht weit bis ins Körnerviertel, in dem Ann Kathrin im Distelkamp 13 wohnte.
    Inzwischen war er praktisch bei ihr eingezogen. Seine Wohnung in Aurich behielt er nur noch pro forma. Im Grunde ärgerte er sich jeden Monat darüber, wenn er die Miete dafür zahlen musste. Die 350  Euro hätten sie an anderer Stelle brauchen können, fand Weller. Aber Ann Kathrin wollte die Bindung noch nicht so offiziell machen. Vielleicht, befürchtete Weller, hoffte sie insgeheim immer noch, dass ihr Ehemann Hero zu ihr zurückkam.
    Weller hielt Hero Klaasen für einen ziemlichen Idioten. Man musste schon ganz schön verrückt sein, um so eine Frau zu verlassen, dachte er.
     
    Ann Kathrin fand es unangemessen, im Büro mit Markus Sassen zu reden oder gar im Verhörraum, aber es gab oben in der Polizeiinspektion ein extra Zimmer für die sensible Befragung von Kindern. Der Raum sah aus wie ein Wohnzimmer mit Spielecke. Hier erzählten nicht nur Kinder von ihren Missbrauchserfahrungen, hier fanden auch vergewaltigte Frauen einen
geschützten Raum, um reden zu können. Es war sicherlich der beste Ort in der Polizeiinspektion, um mit betroffenen Angehörigen zu sprechen. Trotzdem spürte Ann Kathrin all die traurigen Schicksale, die an den Tapeten zu kleben schienen, all die Tränen verprügelter Ehefrauen, das fast erstickte Schluchzen der misshandelten Kinder – all das hing hier im Raum wie Spinnweben oder wie Nebelschwaden. Immer wenn sie hier hereinkam, öffnete sie unwillkürlich die Fenster.
    Die Puppe dort auf dem roten Spielteppich mit den Verkehrszeichen erinnerte Ann Kathrin an ein kleines Mädchen, das ihr, indem sie die Puppe würgte, zeigte, wie sie den Mord an ihrer Mutter miterlebt hatte.
    Komischerweise hatte Ann Kathrin hier oben in diesem Zimmer keinen Heuschnupfen mehr. Was immer die Allergie ausgelöst hatte – hier war es nicht vorhanden, dachte sie und folgerte daraus, dass sie jedenfalls nicht gegen Hausstaub allergisch war, denn die Teppiche hier konnten mal wieder einen Staubsauger vertragen.
    Markus Sassen hatte kurz geschnittene Haare und kluge Augen. Seinen Mund fand Ann Kathrin etwas zu groß, fast mädchenhaft. Sein Adamsapfel hüpfte die ganze Zeit nervös rauf und runter. Er trug Jeans, ein Baumwollhemd und eine braune Lederjacke.
    Er sei gerade aus Duisburg zurückgekommen. Er habe sich das Schwein vorknöpfen wollen. Seine Stimme überschlug sich fast. Es platzte alles geradezu aus ihm heraus. Ann Kathrin hatte sich noch nicht mal vorgestellt.
    Weller legte das neue digitale Diktiergerät auf den Tisch und schaltete es ein. Das rote Lämpchen leuchtete. Alles, was in diesem Raum gesprochen wurde, nahm dieses hoch empfindliche Ding auf. Es war nicht mehr nötig, direkt in ein Mikrophon zu sprechen.
    Eigentlich hätte Weller Markus Sassen vorher fragen müssen,
aber so manche sinnvolle Regel oder Vorschrift zeigte sich in der Situation als völlig untauglich.
    Markus Sassen hatte gerade erst vom Tod seiner Freundin erfahren und war sofort nach Aurich gekommen. Er nannte Peter Henning seinen Schwiegervater und betonte, dass er seinen Kummer nicht wie dieser im Schnaps ersäufen werde.
    »Haben Sie ihn schon verhaftet?«, fragte er.
    Ann Kathrin stellte die Gegenfrage: »Wen?« Aber sie ahnte natürlich die Antwort.
    »Na, den Meuling, dieses Schwein! Wen denn sonst? Ich war gerade da. Ich wollte ihn zur Rede stellen, aber in seiner Villa habe ich ihn nicht angetroffen.«
    Markus Sassen sprach das Wort
Villa
so verächtlich und spöttisch aus, dass vor Wellers Auge ein zu protzig geratener Luxusbau entstand, mit dem jemand seinen Reichtum zur Schau stellte. Außerdem hörte Weller Neid heraus. Sassen gönnte dem Typen das Geld nicht und wünschte sich selbst so sehr, einmal reich zu sein, war aber meilenweit davon entfernt.
    Ann Kathrin deutete den Spott in Sassens Worten ganz anders. Wahrscheinlich wohnte Dieter Meuling im Gegenteil von einer Villa. Sie stellte sich einen heruntergekommenen Sozialbau vor, in einer Straße, in der ein schwarzer Porsche völlig deplatziert wirkte.
    »Aber glauben Sie mir«, drohte Markus Sassen, »ich werde ihn kriegen. Und dann nagle ich ihn an die Wand! Das hätte ich schon vor Wochen tun sollen, ich Idiot, ich … «
    Er stand mit dem Rücken an die Wand gelehnt und schlug mit seinem Hinterkopf jetzt mehrfach gegen die Wand. Es

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