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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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die Backstube betraten, war nur noch ein kleiner Tisch am Ofen frei. Es roch nach Pizza, Bier und scharfen Schnäpsen.
    Ann Kathrin aß nur eine halbe Pizza Thunfisch. Weller eine Quattro Stagione mit extra viel Zwiebeln obendrauf. Er schwitzte und trank schon das dritte Altbier, während sie noch an ihrem ersten nippte. Ihre Pizzahälfte lachte ihn an. Ann Kathrin schob sie ihm rüber. »Bitte. Ich kann wirklich nicht mehr.«
    Er sah ein paar Mal auf die Uhr. Er erwartete jemanden. Es kam Ann Kathrin schon komisch vor.
    »Normalerweise ist er um diese Zeit immer hier«, sagte Weller. »Er isst auch gerne Pizza und kann mühelos zwei große verdrücken.«
    »Wer denn?«
    »Ein alter Klassenkamerad von mir. Er ist Maler.«
    »Hat der silbergraue, schulterlange Haare«, fragte Ann Kathrin, »und einen Vollbart?«
    Weller nickte. »Ja. Genau.«
    Ann Kathrin lächelte. »Sieht er aus, als hätte er gerade erst einen Hungerstreik überlebt, und hat er so ganz lange, dünne Finger?«
    »Ja«, sagte Weller. »Woher kennst du ihn?
    Es gefiel Ann Kathrin, ihn noch ein bisschen auf die Folter zu spannen. »Raucht er selbstgedrehte Zigaretten? Irgend so ein parfümierter schwarzer Tabak. Riecht ein bisschen wie verbrannte Autoreifen … «
    »Ja, Ann. Aber … «
    Sie wunderte sich, dass Weller nicht selbst drauf kam. Aber er hatte, als er die Backstube betrat, den Kommissar scheinbar an der Garderobe abgegeben und jede Lust verloren, zu kombinieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen.
    »Er sitzt draußen«, sagte Ann Kathrin, »im Biergarten. Und malt einen dicken, pausbackigen Herrn, der vor Lebenslust nur so strotzt.«
    Sofort stand Weller auf und ging nach draußen. Die beiden begrüßten sich fröhlich, aber Zimmermann malte weiter, während er mit Weller redete. Sein Kohlestift sauste übers Papier. Einen Moment sah Weller fasziniert zu, wie aus schnellen Strichen ein Gesicht entstand. Es sah dem Porträtierten erstaunlich ähnlich. Gleichzeitig war es sehr schmeichelhaft.
    »Ich bin gleich so weit«, lachte Zimmermann. Dabei wippte
die selbst gedrehte Zigarette mit dem jointartigen Format zwischen seinen Lippen. Er signierte das Blatt und zeigte es seinem Kunden. Der war hocherfreut und nicht nur bereit, die verabredeten dreißig Euro zu zahlen, sondern natürlich auch noch den Rotwein von Zimmermann und das Mineralwasser zu übernehmen.
    »Hast du es?«, fragte Weller.
    »Natürlich«, versprach Zimmermann und deutete mit den Augen an, wie gut es geworden sei.
    »Komm, du kannst es ihr gleich zeigen«, sagte Weller, doch Zimmermann zögerte.
    »Wenn sie hier ist, vielleicht sollte ich sie dann lieber live malen.«
    »Aber ich hab dir doch das Foto gegeben.«
    Zimmermann stand auf und zog Weller in Richtung Toilette. Er drückte ihn dort in eine Ecke und flüsterte: »Ich dachte, du wolltest ein ganz spezielles Bild. Du hast doch gesagt, es soll etwas Besonderes werden.«
    »Ja. Ihr Charakter soll zum Ausdruck kommen und ihr … « Zimmermann öffnete seine Mappe, und Weller erschrak. Der Maler hatte nicht nur Ann Kathrins Kopf porträtiert, sondern sie ganz gemalt. Allerdings nackt.
    Es war wundervoll und sehr schmeichelhaft. Aber Weller war sich sofort sicher, dass Ann Kathrin empört reagieren würde. Sein Herz begann zu rasen. Er kämpfte um die passenden Worte.
    Zimmermann sah, dass Weller zu einer protestierenden Geste ausholte, und versuchte, ihm zuvorzukommen.
    »Die Vorhöfe ihrer Brustwarzen sind zu groß, stimmt’s?«
    »N … nein«, stammelte Weller, doch Zimmermann blieb dabei. »Ich dachte mir das gleich. Du hast gesagt, sie sind dreimal so groß wie die von Renate. Das kam mir gleich ein bisschen heftig vor. Und deine Ex hab ich immerhin ein paar Mal gemalt.
Im Gegensatz zu deiner Neuen stand sie mir auch Modell. Sie konnte gar nicht genug davon kriegen … «
    »Es sind nicht die Brustwarzen«, sagte Weller. »Wir können ihr das Bild so nicht zeigen. Das habe ich auch so nicht bestellt!«
    Sofort hob Zimmermann abwehrend die Hände. »Kein Problem, kein Problem. Du musst es nicht bezahlen. War nur ein Missverständnis. Was meinst du, wie viele Männer Zeichnungen ihrer Angebeteten bei mir bestellen? Und längst nicht alle wollen Aktfotos.«
    »Das Bild ist ja toll, aber … «
    »Sag bloß, du willst, dass ich sie anziehe?«
    »Ja«, sagte Weller, »das wäre mir lieber.«
    »Kein Problem«, grinste Zimmermann, nahm seinen Stift und schraffierte Ann Kathrins Körper. Schon hatte sie eine schwarze

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