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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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geschehen war.
    Rupert forderte mehr Polizeikräfte an, um die Leute abzudrängen. Einer Gymnasiastin aus Wien riss er die Spiegelreflexkamera aus der Hand. »Sind Sie wahnsinnig? Sie können doch hier keine Fotos machen!«
    Aber dann sah Weller all die Handys, mit denen nicht telefoniert wurde. Die ersten Schnappschüsse wurden bereits per M M S verschickt: Mein schönstes Urlaubsfoto aus Norderney …
    Wutentbrannt rief Weller noch einmal bei Ubbo Heide an. »Das ist unverantwortlich! Wir haben hier nicht genug Personal, um die Leiche zu schützen oder Spuren zu sichern, aber Ann Kathrin muss zu Hause sitzen und Däumchen drehen!«
     
    Erst nach dem vierten Klingeln meldete sich Cora Johannsen in der Langen Straße in Oldenburg über die Gegensprechanlage.
    »Ja?«
    »Frau Johannsen? Kriminalpolizei Aurich, Fachkommissariat Eins. Frank Weller mein Name. Bitte öffnen Sie. Ich muss mit Ihnen sprechen.«
    »Ich kann jetzt nicht.«
    »Öffnen Sie bitte. Ersparen Sie sich und mir Ärger. Ihr Klient hat wieder zugeschlagen.«
    »Er hat was?« Sie drückte den Türöffner.
    Als Weller im dritten Stock ankam, stand ein Häufchen Elend vor ihm. Sie hatte ein blaues Auge und eine geschwollene Oberlippe. Vorn am Haaransatz konnte Weller deutlich sehen, dass ihr jemand ein Büschel Haare ausgerissen hatte.
    Die Wohnung sah aus wie von einem Innenarchitekten eingerichtet. Weller fand sie viel zu kühl. Viel Metall und Chrom. Sitzmöbel, die schon unbequem aussahen. Eine Wand aus rauem Stein, zerschossen wie Häuserfassaden in Kriegsgebieten.
    Wenn Leute zu viel Geld haben, dachte Weller, versuchen sie wahrscheinlich, ihre innere Leere mit solchem Mist zu füllen. Aber er verkniff sich jeden Kommentar
    Johannsen rauchte und klopfte unablässig die Asche von ihrer Zigarette.
    »War er das?«, fragte Weller und zeigte auf ihr Gesicht.
    Sie nickte. »Er kann so jähzornig werden. Ich meine, man muss das verstehen. Er stand ja auch unter schrecklichem Druck. Er … «
    »Wo ist er?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich doch nicht.«
    »Sie hatten die Verantwortung für ihn übernommen. Sie haben ihn vor uns versteckt. Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
    »Vor zwei – nein, vor drei Tagen. Seitdem bin ich nicht mehr vor die Tür gegangen.«
    »Haben Sie sich nicht rausgetraut? Soll ich eine Kripobeamtin rufen? Eigentlich dürfte ich hier gar nicht alleine mit Ihnen reden, aber unsere Personalsituation ist im Moment … «
    Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken, was Ann Kathrin jetzt aus dieser Frau herausholen könnte, und er wog ab, ob er sie nicht einfach auf eigene Faust wieder in die Ermittlungen einschalten sollte.
    »Hat er Sie vergewaltigt?«, fragte Weller.
    Sie nickte, dann schüttelte sie den Kopf und sog zweimal hektisch an ihrer Zigarette.
    »Wie soll ich das verstehen? Ja? Nein? Ein bisschen?«
    »Ich komme mir so dämlich vor. Ich bin Anwältin. Ich … «
    »Seien Sie froh, dass Sie noch leben.« Weller zeigte auf ihren Haaransatz. »Mit den Haaren Ihrer Kollegin hat er was anderes gemacht.«
    »Kollegin?«
    Weller schluckte. »Das war nun wirklich der falsche Ausdruck. Ich meine, mit seinem neuen Opfer. – Wo kann ich ihn jetzt suchen?«
    »Er kann überall sein. Er hat meinen Wagenschlüssel, die fünfzigtausend Euro von Kommissarin Klaasen und dann noch … « Sie schämte sich und drehte den Kopf weg, während sie es aussprach: » … und dann nochmal Zweiundvierzigtausend von mir. Praktisch alles, was ich auf meinem Tagesgeldkonto hatte.«
    »Hat er Sie gezwungen? Erpresst?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Darf ich Ihnen eine sehr persönliche Frage stellen, Frau Johannsen?«
    Sie antwortete nicht. Sie sah Weller nur an. »Warum haben Sie das getan? Hat er Sie irgendwie in der Hand?«
    Sie rührte mit der Zigarette im Aschenbecher herum und sah sich dabei zu, als würde sie einen Zaubertrank zubereiten. »Ich habe ihn geliebt.«
    Plötzlich sprang sie auf und fuhr Weller an: »Glauben Sie, dass nur die Discomäuschen ohne Hauptschulabschluss auf solche Scheißkerle hereinfallen? Der konnte so charmant sein und so zärtlich!«
    Weller nickte resigniert. »Ja. Das kann ich mir denken. Haben Sie ihm vielleicht auch Ihr Handy gegeben?«
    »Warum?«
    »Weil wir ihn dann orten könnten.«
    »Nein.«
    »Haben Sie seine Handynummer?«
    »Ja. Natürlich. Ich habe ihm ein Handy gekauft, damit wir ständig Kontakt halten können.«
    »Prima«, freute sich Weller, »das ist doch mal was. Wie ist die

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