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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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und so.« Frau Prill winkte ab. »Das war nichts. Nur kommerziell. Aber der da, der kann wirklich fotografieren. Finden Sie nicht? – Meine Tochter ist zu einem Fotoshooting gefahren. Deswegen hat sie Jonas erzählt, sie sei bei mir. Jemand hat sie für ein paar Tage engagiert.«
    Weller war wie elektrisiert. Die Sache war heiß. Verdammt heiß.
    »Wer? Haben Sie einen Namen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nein. So geht das nicht. Meine Tochter war bei einer Agentur. Von da aus bekam sie die Aufträge.«
    »Wie heißt die Agentur?«
    Frau Prill zuckte mit den Schultern. »Ich habe mich um die Geschäfte meiner Tochter nicht wirklich gekümmert. Ich habe mir nur manchmal ihre Bilder angesehen. Na ja, und einige für sie aufbewahrt, wie Sie sehen.«
    Weller drehte die Fotos um. Hinten drauf stand der Name Peter Kron mit einem Copyright-Stempel. Darunter auf jedem Bild:
Nur zur privaten Verwendung.
    »Ich glaube, die Agentur war in Bremen«, orakelte Frau Prill. »Sie musste aber nie da hinfahren. Das ging alles telefonisch oder per Internet. Na ja, wie so was halt heutzutage läuft.«
    Weller tippte auf den Namen. »Dieser Mann hier wird uns weiterhelfen können. Er hat Ihre Tochter doch garantiert über die Agentur gebucht.«
    Ellen Prill nickte. Sie brachte Weller ein weiteres Glas Wasser. Er kam sich merkwürdig ausgetrocknet vor, als würden seine inneren Organe das Wasser wie ein Schwamm aufsaugen.
    »Darf ich Sie etwas Persönliches fragen, Frau Prill?«
    »Selbstverständlich, Herr Kommissar. Etwas viel Persönlicheres als den Tod der Tochter gibt es gar nicht.«
    »Ihr Schwiegersohn ist völlig fertig. Aber Sie wirken … lange nicht so erschüttert, wenn ich mir das erlauben darf.«
    Sie setzte sich in einen wuchtigen Clubsessel aus braunem Leder, in dem die zierliche Person noch kleiner wirkte als sie war. »Der Tod«, sagte sie ruhig«, ist für mich nicht das Ende, Herr Kommissar, sondern der Anfang.«
    Weller legte seinen Kopf schräg und sah sie an, als ob er ihrem Geisteszustand nicht mehr trauen würde. Sie nahm das durchaus wahr und lächelte milde. »Nein, Herr Weller, ich nehme schon lange keine Drogen mehr. Mein Gehirn funktioniert sehr gut. Ich bin über viele Irrwege zum Buddhismus gekommen. Ich glaube, dass wir uns alle in einem ewigen Rad von Tod und Wiedergeburt befinden. Nichts geht verloren.«
    Weller war durchaus beeindruckt, aber er hatte jetzt keine Lust, sich eine Predigt anzuhören. Er versuchte sofort, wieder auf den Fall zurückzukommen. »Sagt Ihnen der Name Dieter Meuling etwas? Wurde Ihre Tochter bedroht? Hat sie in letzter Zeit irgendetwas von einem Autounfall erwähnt?«
    »Nein. Darüber weiß ich nichts.«
    Dann nahm Ellen Prill die Fotos in die Hand und ging zu Dingen über, die für sie viel wichtiger waren: »Wird mein Schwiegersohn davon erfahren? Ist das nötig? Er ist ein Spießer, wissen Sie. Ich konnte mir nie erklären, wie meine Tochter ausgerechnet auf ihn … Ach, lassen wir das. In punkto Männer hatte sie kein glückliches Händchen. Ich werde mich mit ihm einigen müssen, was aus Kim wird und … Na ja, es gibt viel zu regeln. Er ist mir eigentlich gleichgültig, aber die Kleine … Sie ist immerhin mein
Enkelkind. Jonas ist nicht ihr leiblicher Vater. Aber er hat sich gut um sie gekümmert, das muss man ihm lassen.«
    »Meinetwegen muss er nichts von diesen Bildern erfahren«, sagte Weller. »Aber das liegt nicht in meiner Macht. Die ganze Sache wird eine Menge Wirbel verursachen und für viel Aufsehen sorgen. Es kursieren jetzt bereits Fotos von Ihrer toten Tochter im Internet. Ich würde Ihnen nicht raten, das anzuklicken.«
    Sie senkte den Blick auf ihre Knie. »Ich gehe nicht ins Internet, Herr Kommissar. Das ist nicht meine Welt. Ich habe den Weg nach innen gewählt, nicht den nach außen.«
     
    Es lief nicht alles nach Plan, aber die Ereignisse entwickelten sich besser, als er erwartet hatte. Es war ihm gelungen, die Regierungskrise in den USA schon mit seinem ersten Foto von den Titelseiten zu verdrängen. Der Selbstmordanschlag im Irak mit 81 Toten war verglichen mit seiner Mordserie zur Marginalie geworden. Er kaufte die Zeitungen an vier verschiedenen Stellen. FAZ , WELT und die TAZ bei Tabak Gerdes in der Osterstraße in Norden, die Ostfriesischen Nachrichten und die NWZ in der Buchhandlung Hasbargen. Nebenan im Café ten Cate die BILD -Zeitung und den Ostfriesischen Kurier. Dazu nahm er noch ein Stück Bienenstich und eine Schlemmerschnitte

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