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Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Titel: Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Strandkörben, stiegen bunte Drachen auf, und der Norddeicher Shantychor, dem Rupert so gern angehört hätte, sang. »Einmal noch nach Bombay oder nach Shanghai, einmal noch nach Rio oder nach Hawaii …«
    Gundula Müller stand hinter der Tür und beobachtete die Straße. Sie fühlte sich hundsmiserabel. Im letzten Moment hatte, wie so oft im Leben, der Mut sie verlassen. Sie war nicht in der Lage gewesen, die Sache mit Wolfgang zu klären. Sie hatte sich nicht einmal bis in den Fischerweg gewagt, sondern war am Deich auf und ab gelaufen. Stattdessen überließ sie jetzt alles Thomas. Sie ahnte, dass das nicht gut ausgehen konnte. Es lief auf ein Duell der Männer hinaus. Sie öffnete Weller, bevor er den Klingelknopf berührt hatte. Sie versteckte sich so hinter der Tür, dass Weller nicht wusste, ob ein Mann oder eine Frau ihn hereinließ. Erst nachdem die beiden allein in der Wohnung waren, bewegte sie sich ein bisschen freier.
    Ihr Gesicht war aufgedunsen. Es musste in sehr kurzer Zeit geschehen sein. Weller hatte die Frau ganz anders in Erinnerung.
    Ihre Schultern hingen herab, und sie bewegte sich durch die Wohnung, als müsse sie unter Androhung einer großen Strafe jedes Geräusch vermeiden.
    Die ganze Frau war verändert. Sie kam ihm kleiner vor, als sei sie geschrumpft. Am liebsten hätte er in der Wohnung die Fenster geöffnet. Jetzt haderte er mit sich. Sollte er sie darauf hinweisen, dass er verkabelt war, oder verstieß er damit gleich gegen eine Dienstanweisung und brachte Schwindelhausen gegen sich auf und blamierte Ubbo Heide?
    Gundula Müller trug keinen BH, sondern nur ein weißes T-Shirt, das allerdings falsch herum. Weller konnte die Naht sehen. Darüber eine verwurschtelte Weste, eine schwarze, glänzende Capri-Leggins, und sie lief auf dicken, gestrickten Wollsocken herum, die aussahen wie die Socken, die auf dem Weihnachtsmarkt der AWO in Norden verkauft wurden.
    Weller erwischte sich bei dem Gedanken, dass diese Frau sich wirklich viel Mühe gab, einen leidenden Eindruck zu hinterlassen. Gleichzeitig fand er seine Gedanken unfair und völlig fehl am Platze. Er mochte es sich lieber erst gar nicht vorstellen, wie er wohl aussehen würde, wenn jemand seine beiden Töchter entführt hätte.
    »Ist Herr Schacht bei Ihnen?«, fragte Weller.
    Sie schüttelte die strähnigen Haare. »Nein. Er sucht seine Kinder.«
    Sie bot Weller einen Platz an und ein Glas Wasser.
    Weller setzte sich nicht in den Ohrensessel, das kam ihm unangemessen bequem vor. Er nahm auf einem Stuhl am Küchentisch Platz, die Wirbelsäule gerade, die Brust vorgewölbt, beide Füße nebeneinander fest auf dem Boden.
    Er räusperte sich und sprach lauter und deutlicher als sonst. Er war sich bewusst, dass seine Kollegen jedes Wort mithörten und die BKAler um Schwindelhausen nur darauf warteten, ihm einen Fehler nachzuweisen.
    »Ich glaube, ich habe mich noch gar nicht wirklich vorgestellt. Mein Name ist Frank Weller, ich bin Kommissar bei der Kripo in Aurich. Sie haben gesagt, dass Sie mich sprechen wollen und sonst niemanden. Vielleicht überlegen Sie sich das noch einmal. Wir haben hochqualifizierte Spezialisten für Entführungsfälle. Ich bin kein Fachmann für Entführungen. Ich bin beim Fachkommissariat Eins, der Mordkommission … Und um Mord geht es ja hier nicht, sondern …«
    Gundula Müller setzte sich Weller gegenüber an die andere Seite des Tisches und faltete ihre Hände wie zum Gebet. Dann legte sie sie auf der Tischplatte ab. Sie schob den Kopf weit vor und zog den Stuhl mit den Füßen näher heran.
    »Ich brauche auch irgendeinen, der zu mir hält!«
    Sie wickelte ihre Füße merkwürdig um die Stuhlbeine, als hätte sie Angst, die Beine könnten sich sonst unter ihrem Hintern einfach selbstständig machen und weglaufen.
    Für diese Frau gab es keine Selbstverständlichkeiten mehr, folgerte Weller daraus. Sie war vollkommen unsicher. Alles konnte passieren. Sie traute nicht mal mehr dem Stuhl, auf dem sie saß, so sehr war ihr Vertrauen in die Welt erschüttert worden.
    Sie räusperte sich und wirkte auf ihn, als wolle sie losbrüllen. Aber dann sprach sie doch leise, mit heiserer, fast erstickter Stimme: »Ihre Kollegen können mir gestohlen bleiben. Diese ganze blasierte, arrogante Truppe kann meinetwegen Massenselbstmord begehen, das würde wenigstens die Steuerzahler entlasten.«
    Weller kratzte sich über der Verkabelung. »Ich kann Ihren Zorn verstehen, Frau Müller. Aber ich muss meine Kollegen

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