Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
ihnen. Mach sie fertig!«, flüsterte sie.
»Worauf du dich verlassen kannst.«
Rupert legte sich Käse und Wurst auf seine Brötchenhälfte, faltete sie dann zusammen und verschlang sie mit zwei Bissen. Er fühlte sich gut. Heldenhaft. Als sei die Wunde an seinem Hals ein Vorgeschmack darauf, wie er in der Pädophilenszene aufräumen würde. Gnadenlos.
Rupert wollte die Kosten fürs Zimmer übernehmen, aber sie bestand auf Halbe-Halbe.
Beim Abschied vor der Tür umarmte sie ihn flüchtig und sagte: »Das war gut, stimmt’s?«
»Oh ja. Das war sehr gut.«
»Wir werden es wiederholen?« So, wie sie ihn anlächelte, schien sie ganz sicher zu sein, dass er begeistert zustimmen würde. Doch in ihren Augen erkannte er die Unsicherheit.
»Aber sicher«, sagte er. »Mit größtem Vergnügen.«
Keiner von beiden schien ein großes Interesse zu haben, sich festzulegen, wie und wann.
Rupert tippte auf seinen Verband: »Das hast du gut gemacht.«
Sie lächelte: »Ja, deine Frau wird nichts merken.«
»Warst du mal Krankenschwester?«
»Nein. Ich habe Kinder. Da lernt man so etwas.«
Sie ging zu ihrem Auto. Rupert konnte nicht anders, er sah ihr nach und – auf ihren Hintern. Er hatte jetzt schon Lust, sie wieder anzurufen.
Auf der Liste der Verdächtigen stand ein Mann ganz oben: Alexander David Ollenhauer. Pensionierter Chirurg und Großwildjäger. Dreimal verurteilt wegen illegaler Einfuhr geschützter Tiere, bekannt als Tierpräparator, der sogar Vorträge über seine Kunst hielt. Er wohnte in einer Villa in Wilhelmshaven.
Ann Kathrin Klaasen fuhr mit Weller hin. Ubbo Heide hatte mehrfach darauf gedrängt, die Befragung und Überprüfung der Person durch die Kollegen in Wilhelmshaven erledigen zu lassen, aber Ann Kathrin wollte sich selbst ein Bild machen.
Mit bärbeißigem Kopfschütteln hatte der Chef zugestimmt, obwohl er es für reine Zeitverschwendung hielt.
»Du musst lernen, Sachen zu delegieren«, hatte Ubbo sie ermahnt, obwohl er wusste, dass es sinnlos war, sie von etwas abzuhalten, das sie sich in den Kopf gesetzt hatte.
Ann Kathrin lenkte den Dienstwagen. Mit dem Auto stimmte etwas nicht. Es war ganz neu und ihnen gerade erst zugeteilt worden. Der Motor surrte aber nicht leise, sondern hörte sich an wie eine getunte Harley.
Weller telefonierte mit Frau Professor Dr. Hildegard, während Ann Kathrin überprüfte, ob sie etwas falsch machte. Zweimal nahm sie den Gang raus und legte ihn erneut ein.
»Ich versteh nichts, wenn die Scheißkarre so laut ist!«, schimpfte Weller.
Ann Kathrin streichelte das Armaturenbrett und flüsterte: »Das meint er nicht so. Er ist einfach nur ein bisschen nervös. Ich würde ihm das nicht übelnehmen. Komm, beruhig dich und bring uns brav nach Wilhelmshaven. Wir haben einen wichtigen Auftrag und …«
Hoffentlich hört Frau Professor Hildegard nicht, wie Ann mit dem Auto redet, dachte Weller. Dann ließ das Ruckeln nach, und der Wagen fuhr wieder ganz normal.
»Können Sie mich verstehen, Frau Professor?«
»Ja, natürlich. Haben Sie noch Fragen zu meinem Bericht?«
»Ja.« Es fiel Weller nicht leicht, es auszusprechen. »Hat er ihr irgendetwas in die Vagina eingebaut, um Geschlechtsverkehr mit ihr zu haben?«
Aus Wellers Sicht war es völlig unpassend, doch Frau Professor Dr. Hildegard lachte laut auf.
»Ach, Sie meinen die Cosel-Sache. Nein, so ist es in diesem Fall ganz sicher nicht. Vielleicht hat das Ganze eine sexuelle Komponente, aber die dürfen Sie sich nicht so simpel vorstellen … Außerdem können Sie sicher sein, wenn ich so eine Ersatzvagina gefunden hätte oder irgendein anderes Objekt, wäre dies in meinem Bericht erwähnt worden.«
»Ja, entschuldigen Sie bitte, aber die Diskussion kam auf und da wollte ich einfach …«
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Nein, herzlichen Dank.«
Ann Kathrin legte eine Hand auf Wellers Arm. Sie spürte, wie unwohl er sich fühlte.
»Mir ist der Schweiß ausgebrochen, als ich sie das gefragt habe. Herrgott, wie viele Jahre bin ich schon in der Mordkommission, aber solche Sachen gehen mir nicht leicht über die Lippen.«
»Das zeigt nur, dass du noch nicht abgestumpft bist«, sagte Ann Kathrin. »Wie gut.«
Ollenhauers Haus war umgeben, ja geschützt von mächtigen Kastanienbäumen. Das hier musste mal ein prächtiges Anwesen gewesen sein, hatte aber seine besten Zeiten hinter sich und wirkte auf den ersten Blick ein bisschen heruntergekommen. Erst wenn man genauer hinsah,
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