Ostfriesensünde
gelangt war, in die SOKO Maurer zu holen. Bei den Kollegen hieß er immer noch »Der Maurer«. Aber jetzt gab er einen wichtigen, vielleicht entscheidenden Hinweis.
Es war einer seiner ersten Fälle in Bremerhaven gewesen. Eine Frau, die ihm Angst machte, weil sie so intellektuell war oder zumindest tat, fühlte sich von ihrem Exfreund belästigt und bedrängt. Den Ausdruck »Stalking« benutzte man damals noch nicht, er konnte wenig damit anfangen.
Henn tat nichts wirklich Ungesetzliches. Er rief die Frau an, stand vor ihrer Tür, schrieb ihr Briefe.
Sie hatte verzweifelt weinend vor dem Beamten gesessen. »Ja, muss er mich denn erst umbringen?«, hatte sie gefragt.
Weinende Frauen waren ein Problem für ihn, er konnte damit nicht gut umgehen. Er hatte Henn aufgesucht und von Mann zu Mann zur Rede gestellt. Damals war ihm Henn schon »merkwürdig durchgeknallt, ja, fanatisch« vorgekommen. Seine Freundin sei schwanger und wolle das Kind nicht. Er konnte das offensichtlich nicht akzeptieren und wollte sie zwingen, das Kind auszutragen.
Er hatte, daran konnte sich der Kollege gut erinnern, damals gesagt: »Am besten würde man sie einsperren und erst wieder rauslassen, wenn das Kind geboren ist.«
Das Wort »einsperren« bekam in dem Zusammenhang für Rupert eine neue Bedeutung. Henn hatte sich aber im damaligen
Sinne des Gesetzbuches nie strafbar gemacht, aber Rupert hatte dem Kollegen aufmerksam zugehört und stellte dann die Frage: »Erinnerst du dich noch an den Namen der jungen Frau?«
»Ja, klar. Edda Lübben.«
Rupert verglich den Namen mit der Patientenkartei von Dr.Gaiser. Fehlanzeige. Dann, er wollte schon fast Feierabend machen, nahm er sich noch die Vermisstenliste vor. Aufgeregt rannte er zu Huberkran und Weller. Der Kollege aus Bremerhaven lief hinter ihm her.
Mit dieser Nachricht löste Rupert bei Huberkran und Weller geradezu Euphorie aus, denn Edda Lübben war auf ihrer Liste der vermissten Frauen auf Platz siebzehn. Sie war vor acht Jahren verschwunden. Niemand in ihrer Umgebung hatte das mit dem alten Streit mit Henn in Zusammenhang gebracht. Das alles war viel zu lange her. Zehn, zwölf Jahre. Henn wohnte schon seit geraumer Zeit nicht mehr in Bremerhaven, er hatte sich nach Leer verzogen.
Edda Lübben hatte die Abtreibung nicht bei Dr.Gaiser durchführen lassen, sondern in Groningen in den Niederlanden. Ihre Mutter kannte sogar die Adresse, sie hatte ihre Tochter damals begleitet, weil die Angst vor ihrem Exfreund hatte, der »herumlief wie eine abgezogene Handgranate«.
Huberkran schickte Kollegen nach Groningen, die Namen all der Patientinnen mit der Vermisstenkartei abzugleichen, aber sie waren sich sofort sicher, keine weiteren zu finden. Henn war der Schlüssel. Er wusste, was Edda Lübben getan hatte, und er hatte die Nähe zu Dr.Gaiser.
»Jetzt kochen wir ihn weich«, prophezeite Huberkran und war entschlossen, seinem Kollegen Weller zu zeigen, wie ein Profi solche Sachen regelte. Er spielte in einer ganz anderen Liga als Weller. Das würde er ihm jetzt beweisen.
Ann Kathrin tat jeder Muskel weh. Sie hatte die Nacht in der Liebesschaukel verbracht. Die Lederriemen hielten ihre Arme und Beine gespreizt. Sie schwebte über dem Bett. Die verschiedenen Peitschen hatten Spuren auf ihrer Haut hinterlassen.
Käfer hatte sie nicht vergewaltigt. Das wollte er sich vermutlich bis zuletzt aufbewahren. Wieder und wieder fotografierte er sie mit seiner Digitalkamera. Er ging um sie herum und suchte immer wieder neue Positionen. Es hörte sich für Ann Kathrin jedes Mal so an, als würde auf sie geschossen.
Dann hatte er sich auf eine spöttische Art höflich von ihr verabschiedet. Er wollte jetzt mit Ailin frühstücken gehen und eine kleine Wattwanderung machen. In der Zeit sollte sie über ihre Sünden nachdenken, und wie sie alles wiedergutmachen könnte.
Der schlimmste Schmerz quälte ihre Kiefermuskulatur. Ailin hatte ihr auf Käfers Befehl einen Knebelball aus Latex in den Mund geschoben und ihn mit einem breiten Ledergürtel hinter ihrem Kopf befestigt. Käfer besaß eine Menge von solchem Sexspielzeug und er ließ keinen Zweifel daran, alles an Ann Kathrin ausprobieren zu wollen.
Besonders empörend fand Ann Kathrin, dass Ailin ihr die meisten Schmerzen zufügte. Heiko Käfer sah eigentlich nur zu und gab Anweisungen. Wenn Ailin etwas nicht zu seiner vollen Zufriedenheit ausführte, bekam sie seinen Zorn zu spüren.
Niemand setzt ihm Grenzen, dachte Ann Kathrin grimmig,
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