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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Mücken. Sie kreiste über ihrem Bauch und ließ sich knapp neben dem Nabel nieder. Ann Kathrin hob und senkte den Bauch, sie schüttelte sich, aber das störte die Mücke nicht. Ann Kathrin spürte, wie der Rüssel langsam in ihre Haut stach und die Mücke Blut saugte.
     
    Dieser Morgen war ungewöhnlich windstill und warm. Aus Süddeutschland wurden Temperaturen von 36 Grad gemeldet. Die Nordsee lag still da wie ein See. Das Wasser war spiegelglatt, die Möwen waren still und rotteten sich fast verängstigt zu kleinen Gruppen am Rand der Dünen zusammen.
    Er ging am Strand zurück. Er wollte zu Käfers Haus. Er trug das Gewehr in drei Teile zerlegt in seinem Rucksack. Es kam ihm vor, als hätte er mit dem Schuss auf Käfer die Welt angehalten. Selbst Ebbe und Flut stoppten. Er liebte dieses Allmachtsgefühl.
    Er hatte das thailändische Sexspielzeug von Käfer gleich mit erledigt. Er musste lächeln bei dem Gedanken, welch publizistische Aufmerksamkeit diese wundervolle kleine Insel bald bekommen würde. Zwei Menschen im Watt erschossen. Ein angesehener Rechtsanwalt und seine thailändische Frau. Die überforderte ostfriesische Kripo aus Aurich würde eine Weile brauchen, bis sie hier anrücken konnte. Würden die Kollegen auf die Fähre warten oder mit dem Hubschrauber kommen? Gab es jetzt überhaupt noch Fährverkehr? Hatten sie Schnellboote? Irgendwann würden sie Käfer identifizieren und in seinem Haus nach dem Rechten sehen. Bis dahin musste er alles erledigt haben.
    Er hatte mindestens zwei Stunden. Noch waren Käfer und seine Frau nur von ein paar Möwen entdeckt worden, die sich neugierig näherten.
    Er erreichte jetzt die ersten Strandkörbe.
    Petra Muus lutschte ihr Himbeereis, streckte die Füße in den warmen Sand und sagte zu ihrer Freundin Katja Kaczmarek: »Mein Gott, kann die Welt schön sein.«
    »Warum sind wir früher bloß in die Karibik gefahren? Wenn du mich fragst, ist dies der schönste Ort der Welt. Und so gleichmäßig braun bin ich sonst nie geworden«, stimmte Katja zu.
    Doch was die Touristinnen wundervoll fanden, sah er ganz
anders. Für ihn knallte die krebserregende Sonne erbarmungslos vom Himmel und die Touristen lagen in ihren Strandkörben wie die Opfer eines Giftgasangriffs.
    Er schlenderte mit seinem Rucksack an ihnen vorbei. Sollten sie ihn ruhig sehen. Er war ein Tourist unter vielen und er verhielt sich genauso. Er würde nicht mit der nächsten Fähre von der Insel fliehen, sondern seine Waffen in den Dünen vergraben und vierzehn Tage Urlaub machen, wie alle anderen auch. Danach, wenn sich die Aufregung gelegt hatte, wollte er zurückfahren und endlich das beginnen, was man einen geruhsamen Lebensabend nennt. Die Sünden der Vergangenheit würden ihn nicht mehr einholen. Er hoffte, dann alle Spuren zwischen sich und der Vergangenheit gelöscht zu haben.
    Er kaufte sich ein Eis am Stiel, den Ostfriesischen Kurier, eine Bildzeitung und das Ostfriesland-Magazin. Er klemmte sich die Druckerzeugnisse unter den Arm, bezahlte, aber in der Tür drehte er noch einmal um und kaufte, wie es sich für richtige Touristen gehörte, zwei Postkarten von der Insel. Dann sagte er zu sich selbst: »So, Ann Kathrin. Ich komme. Jetzt wird abgerechnet.«
     
    Diese frischen Matjesbrötchen mussten irgendeinen Stoff in sich haben, der süchtig machte. Wenn Weller nicht ein-, zweimal die Woche ein solches Matjesbrötchen essen konnte, bekam er Ausfallerscheinungen. Je größer der Druck auf ihn wurde, umso dringender brauchte er einen Matjes, mit frisch geschnittenen Zwiebeln, in einem weichen Brötchen. Er biss so gierig hinein, dass er sich fast dafür schämte.
    Irgendwann werden sie entdecken, welchen Suchtstoff sie den Matjes beimischen und dann wird es bestimmt verboten, dachte Weller. Aber solange Matjesbrötchen noch legal waren, würde er zugreifen.
    Mit drei Bissen hatte er das Brötchen verschlungen, ging
noch einmal zurück, kaufte sich ein zweites und als Reserve ein Krabbenbrötchen dazu. Jetzt fühlte er sich stark genug, um sich Henn noch einmal vorzunehmen. Huberkran war mit seinen Verhörmethoden grauenhaft gescheitert. Henn hatte einfach auf Durchzug geschaltet und gar nichts mehr gesagt.
    Weller sollte jetzt den guten Bullen spielen, in der Hoffnung, ihn so zum Reden zu bringen. Weller würde ihm etwas zu essen anbieten, einen besseren Kaffee, vielleicht würde er auch sein Krabbenbrötchen opfern. Er hatte sogar schon Täter mit einem Stückchen Schokolade zum Reden

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