Ostfriesensünde
immer Sie vorhaben«, flüsterte Britta Kröger, »bitte tun Sie es mir an, aber nicht meinem Kind.«
Er lachte erstaunt. »Oh, eine Mutter, die sich aufopfert? Ist es nicht leichter, das Kind zu opfern? Ich meine, wenn Sie es später vermissen, können Sie sich doch ein neues machen.«
»Was reden Sie denn da für ein krankes Zeug? Ein Kind ist doch kein Kuchen, den man schnell neu backt … «
»Oh, die meisten denken so. Ist da ein Fenster im Bad? Er wird doch nicht abhauen?«
Er schlug ihr hart ins Gesicht. Es war wie eine Explosion in ihrer Nase. Tränen schossen ihr aus den Augen. Der Schmerz schien für einen Moment unerträglich. Ein Sturzbach Blut ergoss sich aus beiden Nasenlöchern über ihre Lippen. Er hatte ihr das Nasenbein gebrochen. Aber schlimmer als der Schmerz war es für sie zu sehen, wie er in Richtung Badezimmer stürzte.
Ansgars Super-Soaker-Flash-Flood-Wasserpistole hatte eine Nachfüllkappe. Er musste den Tankdeckel nicht erst umständlich abschrauben, sondern es reichte, das Ende des Wasserhahns leicht dagegen zu drücken. Der Super Soaker fasste vier Liter. Mit der Präzisionsdüse konnte er einen feinen, harten Strahl zehn Meter weit schießen. Er hatte es mit Papi im Garten geübt. Sie hatten auf Plastikenten und Piratenschiffe geschossen und dabei die Rosen gegossen.
Mama war dagegen. Sie fand, dass Papa immer nur Mist mit ihm machte. Mama mochte keine Waffen. – Jetzt würde er sie damit retten.
Er betätigte den Auslöser der Flash-Flood-Funktion. Damit veränderte sich die Düse. Der feine Strahl verwandelte sich in eine Wasserflut, die mit einem Mal ausgespuckt wurde.
Ansgar konnte die Super Soaker kaum halten, so schwer war sie geworden, als der Eindringling die Tür aufriss. Er zeigte auf Ansgar: »Was soll das? Lass das!«
Ansgar drückte ab. Die Flash-Flood-Funktion war voll intakt, obwohl die Super Soaker gestern zweimal hingefallen war. Die Ladung traf die Brust des bösen Mannes. Der ließ sich davon aber nicht bremsen, sondern wurde nur noch wütender. Er packte den strampelnden Ansgar, warf die Super Soaker auf den Boden und trat zweimal darauf. Dann wollte er mit Ansgar zurück in die Essküche zur Mutter. Die hatte sich schon bis zum Telefon vorgearbeitet und drückte 11 .
Ansgar schrie, so laut er konnte. Der Mann rutschte auf den nassen Fliesen im Badezimmer aus. Er fiel mit Ansgar hin. Sein Körper krachte auf den von Ansgar.
Ansgar brüllte, weil sein rechter Arm brach.
Seine Mutter ließ das Telefon fallen und stürmte ins Badezimmer zu ihrem Sohn.
Henn trank lauwarmes Wasser aus einem Plastikbecher und sagte nichts. Er starrte ins Leere. Obwohl Weller sich vor ihm positionierte und ihm direkt in die Augen sah, hatte Weller nicht das Gefühl, Henn würde ihn zur Kenntnis nehmen. Dieser Mann war innerlich ganz woanders. Er sah durch Weller hindurch.
Rupert lief gestikulierend durch den Raum. Er hatte so viel Espresso getrunken, um seinen Kreislauf bei dem verrückten Wetter stabil zu halten. Er wollte diesen Fall lösen und dann endlich nach Hause und schlafen, schlafen, schlafen, um danach dann die Lorbeeren zu kassieren. Das hier war ihre große Chance, einmal etwas ohne Ann Kathrin Klaasen über die Bühne zu kriegen. Er stand unter enormem Erfolgsdruck. Er hatte Angst, allein ihr Auftauchen würde ausreichen, um ihn aus dem Fall wieder herauszukatapultieren. Jetzt, da sie so kurz davor waren, wollte er den Erfolg gerne an seinen Hut heften oder wenigstens mit im Team gewesen sein. Auf keinen Fall durfte das alles hier zur Ann-Kathrin-Klaasen-Nummer verkommen.
»Wenn er uns sowieso nichts zu sagen hat, können wir ihn ja auch wieder aufknüpfen«, schlug Rupert vor. Er glaubte, dies sei eine gute Taktik, um Henn durch einen Schock zum Sprechen zu bringen.
»Hier wird keiner aufgehängt«, stellte Weller klar und blickte zu Huberkran, den Ruperts Sätze kaltließen. Er stufte so etwas als taktisches Manöver ein, nicht ganz legal, aber sie waren hier zu dritt und Henn war allein.
Weller redete auf Henn ein: »Wir haben Ihnen gerade das Leben gerettet. Jetzt könnten Sie auch ein bisschen nett zu uns sein, finden Sie nicht?«
Für den Bruchteil einer Sekunde war es Weller, als ob Henn ihn fokussieren würde, aber dann ging sein Blick wieder in die Weite. Weller versuchte noch einmal, ihn zu erreichen. Er stellte sich vor, wie Ann Kathrin es gemacht hätte. Sie hatte ein unglaubliches
Geschick, die Menschen zum Reden zu bringen, und wenn sie
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