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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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konnte, aber Rupert war sich völlig sicher, dass seine Nachricht alles andere toppen würde.
    »Ich habe da einen Verdacht, dem wir unbedingt nachgehen sollten«, sagte Rupert.
    Zornig unterbrach Huberkran sein Telefongespräch und sah Rupert an: »Ja, bitte, was für einen Verdacht?«
    »Dreimal dürfen Sie raten.«
    »Bitte, ich habe jetzt keine Zeit für so etwas. Es ist Lennart Gaiser. Wir bereiten jetzt seine Verhaftung vor.«
    Aus Rupert schien alle Energie zu weichen. Er sackte zusammen und musste sich stützen, sonst wäre er umgefallen. Seine Mundwinkel zeigten nach unten, die Lippen waren schmal. Es war, als würden alle Niederlagen seines Lebens gleichzeitig zu ihm zurückkehren.
    »Was ist? Ist Ihnen nicht gut?«
    »Ich … ich wollte das gerade sagen … also, dass wir uns Lennart Gaiser vorknöpfen müssen. Er war Mitglied bei den »Gotteskindern«. Sie haben ihn aber rausgeschmissen, weil … «
    »Ja, danke für die Information, Rupert«, sagte Huberkran betont jovial und klatschte ihm auf die Schultern. »Vor ein paar Tagen wäre ich echt dankbar dafür gewesen.«
    Rupert lief zur Toilette und übergab sich.
     
    Ubbo Heide hatte eigentlich Höhenangst, und Hubschrauberflüge waren überhaupt nichts für ihn. Der Lärm machte ihn kirre und hinderte ihn daran, einen einzigen klugen Gedanken zu Ende zu denken. Ihm wurde schwindlig und er bekam Beklemmungen. Um sich auf etwas Schönes, Anderes konzentrieren zu können, hatte er sich einen Marzipan-Seehund mitgenommen. Er genierte sich aber, ihn offen zu essen. Immer wieder ließ er seine Hand in die Tasche gleiten, brach ein Stückchen davon ab und schob es sich in den Mund. Er drückte die Marzipanmasse mit der Zunge gegen seinen Gaumen und ließ sie langsam zergehen. Er hatte das Gefühl, Medizin zu essen, etwas, das ihn daran erinnerte, dass es nicht nur Schlimmes im Leben gab, sondern auch Schönes, Süßes.
    Weller sah aus dem Hubschrauber und musste sich eingestehen, dass die Schönheit dieser Landschaft ihn immer wieder bewegte. Die Vibrationen des Hubschraubers brachten seine inneren Organe in Bewegung und seine Verdauung in Gang.
    Sie flogen bei Ebbe übers Watt und das Naturwunder bekam für Weller wieder etwas Greifbares. Die Seehundpopulation hatte in diesem Jahr gewaltig zugenommen. Weller sah eine Herde von vierzig, fünfzig Tieren. Ein vollgelaufener Priel schlängelte sich wie ein Fluss im Watt an der Insel vorbei. Der Sandstrand umgrenzte die grüne Insel wie ein leuchtender Heiligenschein, als habe Gott sich einen Rückzugsort geschaffen vor dem Grauen dieser Welt. Ein göttliches Feriendomizil.
    Abel machte aus dem Hubschrauber mit einem Weitwinkelobjektiv Fotos.
    Ubbo Heide knurrte: »Denk dran, du bist nicht als Landschaftsfotograf hier, sondern zur Spurensicherung.«
    »Mensch, könnt ihr denn an gar nichts anderes denken?«, wehrte Abel sich und wechselte das Objektiv, um ein paar Seehunde draufzubekommen.
    »Nein«, sagte Ubbo Heide, »können wir nicht.«
     
    Lennart Gaiser hatte Britta Kröger an den Heizkörper im Wohnzimmer gefesselt und ihren Mund mit Pflaster aus dem Erste-Hilfe-Koffer zugeklebt. Ihr Atem rasselte. Sie bekam nur schwer durch die Nase Luft. Mit dem zugeklebten Mund machte der Heuschnupfen ihr natürlich besonders zu schaffen.
    Den Kleinen hatte er ebenfalls gefesselt und geknebelt. Er lag in der Badewanne. Die Badezimmertür hatte Lennart abgeschlossen.
    Bis hierhin hatte alles ganz gut geklappt. Aber jetzt war er unschlüssig. Er musste den Jungen und die Frau beseitigen, um sich selbst nicht zu gefährden. Aber er hatte noch nie einen Menschen direkt umgebracht. Eigentlich hasste er Gewalt. Er hatte sie immer nur eingemauert und dann waren sie gewissermaßen von allein gestorben. Das hier jetzt erforderte rohe Gewalt. Es sei denn, er würde eine dritte Wand einziehen … sozusagen einen Triple-Burger bauen statt eines Doppel-Whoppers.
    Aber das Ganze war nicht wirklich sauber. Er musste diese Frau nicht dazu bringen, über ihre Sünden nachzudenken, und den kleinen Jungen schon gar nicht. Sie waren einfach nur lästige Zeugen.
    Bevor ihr Mann nach Hause kam, musste das hier erledigt sein.
    Er ging runter und sah sich den Keller an. Es gab dort einen wunderschönen, kleinen Raum, wie geschaffen für seine Zwecke. Hinter der Ölheizung standen die Tanks, die schon lange
nicht mehr gebraucht wurden, weil das Haus vor fünf Jahren an die Fernwärme angeschlossen worden war. Das hier war keine

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