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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Göschl unterhielt, versank Ann Kathrin in tiefe Abgründe. Sie versuchte, sich den Täter vorzustellen, der seine Opfer einmauerte. Sie sah keine klaren Bilder, sie spürte nur dieses Grauen und diesen Hass.
    Warum tat dieser Mann das? Warum mauerte er Frauen ein und ließ sie jämmerlich sterben?
    Sie sah Peter Grendel an, und in ihr reifte ein Plan, der so schrecklich war, dass sie sich noch nicht traute, ihn auszusprechen.
    »Also, meine Tochter Milena steht ja total auf Bettina Göschls Piratenlieder. Seitdem sie die im KiKa gesehen hat, hört sie ›Piraten-Jenny und Käptn Rotbart‹ rauf und runter.«
    Ich werde ihn fragen, dachte Ann Kathrin. Mit ihm traue ich mich das. Ich werde ihn fragen, und wenn er nein sagt, werde ich ihm auf keinen Fall böse sein.
    So, wie sie Peter Grendel einschätzte, konnte er ein Geheimnis für sich behalten. Dies würde ein Geheimnis werden. Eins zwischen ihnen beiden.
    Die vier hatten reservierte Plätze vorn, recht nah an der Bühne. Auf dem Tisch stand schon eine Flasche trockener Rotwein und ein Mineralwasser, aber Peter Grendel entschied sich lieber für ein Bier. Weller hatte darauf bestanden, dass sie sich den
Fahrdienst teilten. Peter hatte sie hingefahren, und er würde alle zurück nach Hause bringen.
    Ann Kathrin wollte eine Runde Noorder bestellen. »Der schmeckt wie der alte Doornkaat, den es früher gab, nur besser«, pries Ann Kathrin ihre Idee an.
    Aber alle drei lehnten ab. Rita mochte keine klaren Schnäpse, Peter blieb lieber beim Bier, und für Weller als Fahrer kam es sowieso nicht in Frage.
    Otto Groote stellte sein Ensemble vor: »Links neben mir, das ist Ralf Strotmann, rechts neben mir, das ist … «
    Weller flüsterte Rita zu, Matthias Malcher sei einer der besten Banjospieler Deutschlands. Minuten später war klar, dass Weller nicht übertrieben hatte.
    Im Grunde mochte Rita Grendel keine Banjomusik. Sie war ihr oft zu metallen und zu schrepsig. Aber dies hier war anders. In den Händen von Matthias Malcher verwandelte sich das Banjo in eine Zauberharfe, deren Töne die Zuhörer in eine andere Welt mitnahmen. Irische und schottische Anklänge waren da, wie die Wurzeln ostfriesischer Folkmusik.
    Peters Knie wippten mit, und Weller fühlte sich sogar vom ostfriesischen Mineralwasser angeheitert. Ann Kathrin nippte an ihrem Rotwein, blieb aber in düstere Gedanken versunken. Sie kämpfte mit sich, Peter Grendel hier und jetzt zu fragen. Sie hatte Angst, den anderen den schönen Abend zu verderben. Das alles gehörte irgendwie nicht hierhin. Aber gab es für das, was sie vorhatte, überhaupt den richtigen Zeitpunkt?
    Als das Otto-Groote-Ensemble »De Tied steiht still« spielte, wusste sie, dass sie es nicht länger aushalten konnte. Sie wollte Peter fragen, ob sie mal mit ihm reden könne. Aber als sie dann sah, wie er im Takt der Musik mitwippte, entschloss sie sich, ihn doch nicht herauszureißen. Sie wartete bis zur Pause.
    Aber auch in der Pause war es nicht leicht. Peter Grendel
und Weller stritten sich darum, wer die nächste Getränkerunde bezahlen durfte.
    Rita holte eine Freundin an den Tisch. »Mensch, das ist ja ein Ding, ihr seid auch hier!« Sie wollte Ann Kathrin vorstellen, begriff aber sofort, dass Ann Kathrin zu sehr in sich war und jetzt gar keine neuen Leute kennenlernen wollte.
    Nach der Pause, in der Ann Kathrin geradezu autistisch am Tisch gesessen hatte, kündigte Otto Groote ein Lied an, das »unser Kollege Jan Cornelius für uns geschrieben hat«.
    Weller wollte Ann Kathrins Hand nehmen, doch die stupste Peter Grendel an und sagte freiheraus, was ihr im Kopf herumging. Der wird das gewöhnt sein, dachte sie. Der ist mit Rita verheiratet, und die sagt, was sie denkt.
    »Würdest du mich«, fragte sie, »einmauern?«
    Peter Grendel wusste sofort, dass sie es ernst meinte und dass endlich heraus war, was sie quälte. Trotzdem fragte er sich für einen kurzen Moment, ob die Zeit reif wäre, einen Nervenarzt zu rufen. Das zeigte er ihr nicht, sondern tat so, als hätte sie ihn gerade gebeten, um ihren Garten eine kleine Mauer zu ziehen.
    Dafür wurde Weller umso heftiger: »Das ist doch jetzt nicht dein Ernst, Ann Kathrin!«
    Rita legte eine Hand sanft auf Ann Kathrins Rücken. Die Wärme tat ihr gut.
    Aus Respekt vor Otto Grootes Musik stand Weller auf. Er wollte das nicht jetzt hier am Tisch besprechen. Aber es duldete auch keinen Aufschub.
    Sie gingen zu viert durch die Reihen in den kleinen Vorraum, wo die Plakate hingen. Weller

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