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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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auch ihm die Musik vom Otto-Groote-Ensemble gefiel. Aber er war Ann Kathrin dann ganz dankbar, dass sie in den Vorraum gegangen war, um mit Peter Grendel zu sprechen. Er hatte schon viele irrsinnige Gespräche belauscht. Er kannte das aufschneiderische Geblubbere von fiebernden Drogendealern und das selbstherrliche Geschwätz von Möchtegern-Gangsterbossen, aber diese Ann Kathrin Klaasen war eine ganz eigene Nummer. Ein bisschen irre und auf jeden Fall zu allem entschlossen.
    Sie schien sich zu verzetteln. Sie war nicht nur hinter ihm her, sondern auch noch hinter einem Serienkiller, dem sogenannten Maurer. Vielleicht eröffnete das ganz neue Perspektiven für ihn.
    Nein, er würde sie nicht mit seinem Präzisionsgewehr umbringen. Es gab viel bessere Möglichkeiten.
    Er stellte sich vor, wie das wohl aussehen würde, wenn sie sich einmauern ließ. Wer würde davon in Kenntnis gesetzt werden? Ihre Dienststelle sicherlich nicht, zumindest nicht offiziell.
Vielleicht reichte es ja aus, einen kleinen Unfall für diesen Peter Grendel zu organisieren. Er musste ihn eigentlich nur weglocken vom Ort des Geschehens und dann das kleine Luftrohr verkleben … So könnte Ann Kathrin Klaasen zum Opfer ihrer eigenen Besessenheit werden. Niemals würde das jemand mit ihm in Verbindung bringen.
    Er begann, die Sache zu genießen wie einen gut zubereiteten Cocktail.
    Vielleicht wäre es sogar möglich, ihr kurz vor ihrem Tod die ganze Wahrheit zu erzählen. Das, was sie so sehr umtrieb, sollte sie doch ruhig erfahren. Die ganze Wahrheit über ihren Vater und warum er sterben musste.
    Zunächst war sie ihm nur lästig gewesen, wie ein Insekt, dessen Stich nicht tödlich ist, sondern schon nach wenigen Stunden vergessen. Aber das Herumsummen mit Flügeln, die Lärm machten wie kleine Hubschrauberblätter, raubte ihm Nacht für Nacht den Schlaf. Ja, so war Ann Kathrin Klaasen für ihn, ein lästiges Insekt, das seine Ruhe störte.
    Doch jetzt begann sie, ihn zu amüsieren. In ihrer Hartnäckigkeit hatte sie durchaus etwas, das ihm Respekt abnötigte. Sie zu erledigen, das wäre sozusagen der Schlusspunkt seiner Arbeit. Der krönende Abschluss. Dann würde er sich zur Ruhe setzen. Endgültig. Es reichte.
    Er hatte sein Vermögen gemacht, mehr als er ausgeben konnte. Er kannte eine Menge Polizeibeamte, gute Kripoleute, solche, die längst innerlich ausgebrannt waren. Einige, die sich ernsthaft für die Guten hielten, und einige, die längst wussten, dass die Trennungslinie zwischen Gut und Böse einem Märchen entsprang, das man Kindern erzählte. Aber keiner von ihnen wäre auf so eine Idee gekommen: sich einmauern zu lassen. Selbst vom Ehrgeiz zerfressene Kollegen, die alles dransetzten, jeden Fall mit einer Verurteilung enden zu lassen. Niemand würde so weit gehen wie Ann Kathrin Klaasen. Das hatte sie wohl mit ihrem
Vater gemeinsam. Sie waren beide Pitbullterrier. Einmal in eine Sache verbissen, ließen sie nicht mehr los. Ums Verrecken nicht.
    Er grinste. Nun wirst du auch sterben, weil du nicht loslassen kannst. Auch das hast du mit deinem Vater gemeinsam, Ann Kathrin.
    Du hättest ein schönes, beschauliches Leben führen können, in deiner ruhigen Polizeiinspektion Aurich. Ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft. Aber nein, du musst ja für Ärger sorgen. Irgendeiner dubiosen Wahrheit hinterherlaufen, um dich selbst zu erhöhen, das ist es doch, warum ihr die »Gangster« jagt. Damit ihr euch selbst als Gute fühlen könnt. Du, dein Vater und seinesgleichen.
    Weller konnte nicht anders. Er wusste nicht, ob er Huberkran oder Ubbo Heide über Ann Kathrins Vorhaben informieren musste, aber einer von beiden sollte es wissen.
    Weller wählte Huberkran. Er fuhr zum Hotel Regina Maris, wo Huberkran gerade sein üppiges Frühstück beendete und nicht widerstehen konnte, sich noch heimlich ein Lachsbrötchen als Wegzehrung einzupacken.
    Huberkran war einerseits schockiert, als er hörte, was Ann Kathrin Klaasen plante, andererseits begriff er augenblicklich, dass sie mit ihren unorthodoxen Methoden neue Impulse in die Arbeit bringen wollte. Es faszinierte ihn, aber er hielt es auch gleichzeitig für Kinderkram, und sie hatten keine Zeit, sich mit so etwas aufzuhalten. Er wollte ihren Sachverstand und ihre fachliche Kompetenz, aber er wollte es auf eine andere Art. Irgendwie seriöser. Wenn sie schon solche Dinge machte, dann hoffte er, erst im Nachhinein eingeweiht zu werden.
    »Das ist doch sinnlos, Frank. So kommen wir nicht

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