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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Nachfrage war groß. Wir haben fünfzig-, sechzigtausend jeden Monat gemacht, Ihr Vater und ich. So sind wir immer höher aufgestiegen in der Organisation, bis hin zu Stenger und seinem Bruder. Wir haben mit ihnen Partys gefeiert und … «
    »Und dann haben Sie ihn hochgehen lassen?«
    »Nein, nicht wirklich. Ihr Vater wurde vorher erschossen.«
    »Und Sie? Was haben Sie gemacht?«, empörte Ann Kathrin sich.
    Er machte eine beschwichtigende Geste. »Ich habe alle Akten dem Staatsanwalt übergeben. Aber das war eine sehr dünne Beweislage. Ehevermittlung ist bei uns nicht verboten. Strafbar machten Stenger und seine Jungs sich nur, wenn die Frauen auch nach drei Monaten noch keinen Ehemann gefunden hatten. Dann tauchten viele ins Rotlichtmilieu ab, um ihre Fahrtkosten abzuarbeiten und die anderen Kosten, die der Organisation angeblich inzwischen durch sie entstanden waren. Man hat einigen Frauen Rechnungen von zwanzig-, dreißigtausend präsentiert. Im Rotlichtmilieu wurden sie sofort illegal. Aber diesen Job hat Stenger natürlich nicht mehr erledigt. Für die Drecksarbeit waren dann andere zuständig. Und wenn die Frauen mal bei einer
Razzia hoppgenommen wurden, mein Gott ja, was passiert dann schon? Sie wurden halt abgeschoben in ihre Heimat, und die anderen waren verheiratet.«
    Er räusperte sich. »Ich denke, ich habe Ihnen gesagt, was ich weiß, Frau Klaasen. Sie verstehen sicherlich, warum meine Adresse anonymisiert ist und ich kein großes Interesse daran habe, in der Öffentlichkeit mein Gesicht hinzuhalten. Wir haben es mit Leuten zu tun, für die ein Menschenleben nicht sehr viel wert ist. Natürlich würde Stenger mir nichts persönlich tun. Aber er hat Geld. Sehr viel Geld. Und Auftragskiller sind in diesen Krisenzeiten nicht sehr teuer.«
    »Soll das heißen, er ist immer noch in Deutschland und geht seinen Geschäften nach?«
    »Ja glauben Sie, dass er inzwischen umgeschult hat und als Erzieher im Kindergarten arbeitet?«
    Ann Kathrin spürte, dass Beukelzoon gehen wollte. Sie hatte viel zu verdauen. Aber sie glaubte ihm alles. Warum hätte er sie anlügen sollen?
    Sie versuchte, ihn mit Fragen länger dazubehalten. »Wie hieß die Firma, Herr Beukelzoon, die Sie mit meinem Vater betrieben haben? Hatte sie überhaupt einen Namen? Und wo war ihr Standort?«
    »Wir haben unsere Firma »Hot Pants« genannt und zunächst im Westerwald gegründet, in der Nähe von Altenkirchen. Wir haben vom Finanzamt eine Steuernummer erhalten und alles lief prächtig. Doch als sich unsere Firma besser entwickelte als die unserer Kollegen, hat Stenger uns auch ein anderes Gebiet übertragen. Wir haben dann eine Filiale in Gelsenkirchen aufgemacht, auf der Ückendorfer Straße. Da hat vorher eine totale Pfeife gesessen. Der Typ hat es selbst in den Hoch-Zeiten nur auf einen oder zwei Kunden pro Monat gebracht. Er wohnte noch in seinem Kinderzimmer bei seiner Mutti.«
    Beukelzoon machte mit der Hand eine Bewegung vor seinem
Gesicht als müsse er eine Glasscheibe sauberputzen. »Manche dieser großen Gangster sind auch einfach nur lächerliche Figuren.«
    »Und nachdem Sie dem Staatsanwalt die Akten übergeben haben, ist gar nichts passiert? Wir haben die Akten gesucht. Sie sind verschwunden.«
    »Nichts passiert kann man nicht sagen. Stenger hat schon Ärger bekommen. Allerdings haben sie es mit ihm gemacht wie mit Al Capone.«
    »Mit Al Capone?«
    »Ja. Kennen Sie die Geschichte nicht? Ein Heer von Fahndern war hinter Al Capone her und hat ihn auf Schritt und Tritt begleitet und alles mitgeschrieben, und am Ende konnten sie ihm nicht mehr nachweisen, als dass er für seine Geschäfte keine Steuern bezahlt hat. Die Steuerfahndung hat Al Capone hoppgenommen und sein Imperium zu Fall gebracht. Das haben wir mit Stenger auch versucht. Schließlich stellte sich heraus, dass er gegen seine eigene Regel Nummer drei verstoßen hatte: Zahle immer pünktlich deine Steuern. Pünktlich hat er sie wohl gezahlt, aber nicht im vollen Umfang. Viele Geschäfte sind natürlich in bar gelaufen und nicht durch die Bücher. Wir konnten anhand unserer Recherchen dafür sorgen, dass der Staat für jeden Deal seinen Anteil bekam.«
    Ann Kathrin hatte Mühe, tief durchzuatmen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich, aber sie bekam nicht wirklich Luft.
    »Alles, was der Staat wollte, war seinen Anteil?«, fragt sie atemlos.
    Ihre unglaubliche Empörung amüsierte Beukelzoon. Er zupfte die Manschetten seiner Ärmel zurecht und fuhr mit den Fingern der

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