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Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Titel: Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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wie es aussah, hat das tatsächlich niemand gewusst. Ich habe es mehrmals während meiner Berufstätigkeit erlebt: Es gibt junge Mädchen, die es schaffen, eine Schwangerschaft monatelang zu verheimlichen. Oft wollen sie es selbst nicht wahrhaben und ignorieren es einfach. Ein Mädchen, das ich kannte, hat es bis zur Geburt geschafft und ihr Kind allein in einer Badewanne zur Welt gebracht … Tamara war erst im fünften Monat, als sie gestorben ist.«
    Pia rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her. Im fünften Monat sah man manchmal noch nicht viel. »Was hat die Polizei herausgefunden? Wie ist die Tat abgelaufen? Als Tamara bei ihrem Versuch, das Kind abzutreiben, gescheitert ist, hat sie sich ertränkt? Aber das alles war doch Ende der Achtzigerjahre …«, stellte Pia fast anklagend fest.
    »Niemand hat es verstanden. Was meinen Sie, wie es mir danach ging? Ich habe mir lange Zeit Vorwürfe gemacht. Warum hat sie sich umgebracht? Der Abtreibungsversuch muss wahnsinnig schmerzhaft gewesen sein. Hat sie den Schmerz nicht mehr ausgehalten?«
    »Aber sie hätte doch Hilfe holen können?«
    »Vielleicht war sie dazu nach dem Blutverlust schon zu schwach? Ich musste mich fragen, warum sie sich mir nicht anvertraut hatte. Es hätte sich eine Lösung gefunden, sie hätte sich mir anvertrauen können!«
    »Wussten ihre Freundinnen etwas darüber?«
    »Nein, ich glaube nicht. Sie waren genauso fassungslos wie ich. Die Polizei hat sie alle befragt. Es war eine schlimme Zeit. Letzten Endes hat es die drei verbliebenen Mädchen – Katja, Solveigh und Janet – für kurze Zeit noch enger zusammengeschweißt. Aber die Leichtigkeit, die dummen Streiche und das Gelächter, das war vorbei.«
    »Für kurze Zeit?«, fragte Pia.
    »Sie waren ja alle schon sechzehn oder siebzehn Jahre alt, als es passiert ist. Janet ist kurz darauf volljährig geworden und aus dem Heim entlassen worden. Katja und Solveigh blieben übrig.«
    »Wo zum Teufel kommst du jetzt erst her, Solveigh?«
    Rainers Stimme schallte ihr aus seinem Arbeitszimmer entgegen, noch bevor sie das bärtige und wahrscheinlich griesgrämig verzogene Gesicht ihres Mannes überhaupt zu Gesicht bekommen hatte. Solveigh zog die Wohnungstür hinter sich zu, überlegte, welche Antwort die richtige wäre – sprich eine, die nicht sofort eine Katastrophe heraufbeschwor.
    »Ich musste noch ein paar Besorgungen machen. Tut mir leid, dass es so spät geworden ist, Rainer.«
    Die Tür zu seinem Arbeitszimmer stand offen. Er drehte sich auf dem Bürostuhl herum und sah seine im Flur stehende Frau herausfordernd an. »Kann mir nicht vorstellen, dass es dir leidtut. Macht dir ja wohl Spaß, mein Geld zum Fenster rauszuwerfen. Aber wenn ich spät abends hungrig von der Arbeit nach Hause komme, habe ich wohl mehr verdient als einen leeren Kühlschrank, oder?«
    »Ich hatte dir doch eine Portion frisch gekochtes Hühnerfrikassee hingestellt, das du dir nur in die Mikro schieben musstest. Hast du es nicht gefunden?«
    »Ich habe nicht danach gesucht! Ich will nicht suchen. Meine Frau soll zu Hause sein und mir mein Essen machen. Das ist nicht zu viel verlangt, oder?«
    Solveigh war sich unsicher. Immer, wenn sie Zeit mit Katja verbracht hatte, neigte sie dazu, gewisse Grundwerte ihres Lebens infrage zu stellen. Hatte sie zu Hause zu sein, wenn er von der Arbeit kam? Wäre das nicht nur recht und billig, wenn er so lange arbeitete? Die beschwichtigenden Worte sprudelten aus ihr heraus, während sie gleichzeitig ahnte, dass sie so etwas nicht mehr sehr oft zu ihm sagen würde: »Ich mach dir dein Essen schnell warm. Möchtest du schon mal ein Bier, Rainer?«
    Er murmelte etwas Unverständliches, das wie ein Fluchen klang, und Solveigh schloss schnell die Küchentür hinter sich. Vorerst war die Katastrophe abgewendet. Solange er an seiner Fossilien-Sammlung saß, war er zu beschäftigt, um groß Notiz von ihr zu nehmen. Sein Hunger war erst mal das Wichtigste: Hunger machte schlechte Laune, und die konnte sie so gar nicht gebrauchen.
    Eigentlich hatte sie gehofft, Rainer wäre unterwegs und sie könnte sich heute Abend in Ruhe ihrem derzeitigen Lieblingsschmöker zuwenden. Stattdessen … er mochte es nicht, wenn sie las. Ein Hohn eigentlich – sie war Bibliothekarin! Sie füllte Reis und Frikassee in einen tiefen Teller, deckte ihn mit einer Plastikhaube ab und schob ihn in die Mikrowelle. Schon beim Einstellen der Wattzahl hatte sie ein schlechtes Gefühl. Kein geeignetes Essen für

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