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Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Titel: Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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die Trauer überwiegt.«
    »Was wissen Sie über Solveigh Pahl?«
    »Ich erinnere mich wieder: Solveigh war ein rundliches, stilles Mädchen mit dunkelblondem Haar. Sie hatte eine tragische Vorgeschichte. Die war selbst für das Heim ungewöhnlich: Solveigh Pahl sollte angeblich versucht haben, ihren Lehrer zu vergiften.«
    »Das ist sie«, bestätigte Pia.
    »Die Gruppe mit Katja Simon und Solveigh Pahl war nicht einfach. Es hatte sich eine Clique herausgebildet, und die anderen blieben außen vor, egal, was ich tat. Zu der Clique gehörten Katja Simon, ein Mädchen namens Tamara, eine Janet und merkwürdigerweise auch Solveigh Pahl. Die vier waren so eng miteinander befreundet, dass sich die anderen ausgeschlossen fühlten. Ich hielt viele Gruppensitzungen deswegen ab, aber letzten Endes hätte wohl nur eine räumliche Trennung der Mädchen die Freundschaft beeinträchtigen können.«
    »Was war so schlimm daran? Die Mädchen mussten ohne familiäre Bindung auskommen. So hatten sie wenigstens Freundinnen.«
    »Natürlich, natürlich. Aber es war zweischneidig, wissen Sie. Ich erinnere mich auch an Heimlichtuerei, Geheimnisse, Lästereien. Die vier heckten allerlei Blödsinn aus, was von einigen vom Heimpersonal nicht gut aufgenommen wurde. Es gab viele Beschwerden über die vier Mädchen, aber ich habe versucht, sie so weit wie möglich zu unterstützen. Doch wegen der engen Freundschaft, die zwischen ihnen bestand, hat sie der Tod von Tamara Kalinoff damals umso schwerer getroffen …«
    »Ein Todesfall im Heim?«
    »Oh, es gab nicht nur einen! Aber die anderen waren Krankheitsfälle. In einem Winter starben gleich zwei Mädchen an Lungenentzündung. Das war schlimm. Es war allerdings weit vor der Zeit, nach der Sie gerade fragen.«
    »Was ist mit dem Mädchen aus Katjas Gruppe passiert?«
    »Ein Suizid. Ich habe heute noch manchmal Albträume deswegen.«
    »Was ist geschehen?«
    »Tamara Kalinoff war ein liebes, stilles Mädchen. Ihr fehlte der Wille, sich durchzubeißen, wie man ihn bei Katja oder auch Janet beobachten konnte. Sogar Solveigh hatte mehr von dem, was ich Überlebensinstinkt nennen würde. Und Tamara war sehr hübsch. Das ist etwas, was jungen Mädchen das Erwachsenwerden nicht unbedingt erleichtert, finde ich. Tamara nutzte die Zeiten ihres Ausgangs, um jemanden zu treffen. Wir wussten, dass sich einige der Mädchen mit Jungen aus dem Ort in der Remise auf dem Gelände trafen. Zur Uhlenburg gehörte ein riesiges Areal mit unzähligen Nebengebäuden und einem richtigen Wald drumherum. Das Heim war quasi eine Welt für sich. Wenn die Mädchen Ausgang hatten, konnten wir sie unmöglich kontrollieren. Es ging das Gerücht um, dass Tamara mit einem jungen Mann aus dem Ort befreundet wäre, aber die Mädchen haben mir immer wieder versichert, dass das alles vollkommen harmlos sei. Tamara Kalinoff war damals siebzehn Jahre alt und machte eine hauswirtschaftliche Lehre im Heim. Wir hatten eine Heimschule und die Möglichkeit, auch Ausbildungsplätze für unsere Mädchen zur Verfügung zu stellen.«
    »Was geschah mit Tamara Kalinoff?«, fragte Pia noch einmal.
    »Man hat sie eines Morgens tot im Schwimmbad gefunden. Die Schwimmhalle lag ein Stück vom Hauptgebäude des Heims entfernt, unterhalb des Möwenturmhauses, wo meine Gruppe untergebracht war. Das Hallenbad war für die Heimkinder erbaut worden, aber auch die Kinder aus dem Ort hatten dort Schwimmunterricht. Am frühen Morgen entdeckte eine Gruppe von Mädchen, die zum Frühschwimmen gekommen waren, Tamaras Leiche. Sie lag am Grund des Beckens, mit einem Seil, das sie sich um Hals und Körper gewickelt und mit einem Metallkorb beschwert hatte. Sie hatte sich ertränkt.«
    »Eine seltsame Methode, sich umzubringen«, sagte Pia.
    »Na ja. Wenn man schwimmen kann, wie soll man es anfangen? Aber das war noch nicht alles: In einer der Umkleidekabinen fand man Blutspuren, eher eine Blutlache. Tamaras Unterwäsche und … einen Kleiderbügel.«
    »Was war passiert?«
    »Sie hatte einen Drahtbügel mitgebracht, wie man ihn in der Reinigung bekommt. Er war verbogen, und es war Blut daran. Die Polizei hat den Fall gründlich untersucht, die Schwimmhalle war tagelang abgesperrt. Sie haben schließlich herausgefunden, dass Tamara versucht hatte … sie hat versucht, mit einem verbogenen Drahtbügel eine Abtreibung bei sich vorzunehmen. Sie war in der siebzehnten Woche.«
    »Hat niemand gewusst, dass sie schwanger war?«
    »Es mag Ihnen komisch vorkommen, aber

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