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Ostseefluch

Titel: Ostseefluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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eine Geschichte, dass man ein Buch darüber schreiben kann?«, hakte Manfred Rist nach.
    Klaasen lachte höhnisch auf. »Wissen Sie das noch nicht? Der Fluch von Mordkuhlen. Auf unserem Haus soll doch angeblich ein Fluch liegen.«
    »Die Polizei kommt nachher noch mal vorbei.« Rudolf Ingwers stellte das Telefon zurück in die Ladestation. Seine Frau sah ihn mit großen Augen an und zuckte demonstrativ mit den Schultern. Die Geste machte ihn schier wahnsinnig. Diese vorgegebene oder tatsächliche Gleichgültigkeit! »Sie wollen bestimmt wissen, was du an dem Tag gemacht hast, als Milena ... als es passiert ist. Erinnerst du dich inzwischen wieder daran?«
    »Erinnerung war nie das Problem.«
    »Aber du warst nicht zu Hause.«
    »Rudolf, lass das meine Sorge sein! Kümmer du dich darum, dass die Leute sich daran erinnern, wo du an dem Tag warst. Ich hab im Betrieb angerufen. Frau Kuhnert zum Beispiel sagt, du bist an dem Tag nur kurz da gewesen, um was mit einem deiner Gärtner zu besprechen, und dann sofort weitergefahren.«
    »Wie kommst du dazu, mir hinterherzuspionieren, Judith?«
    »Es kam zufällig zur Sprache. Ich wollte mit Frau Kuhnert schon mal über den Blumenschmuck für die Beerdigung sprechen. Weiße Lilien ...« Sie verzog das Gesicht. »Wenigstens das.«
    Rudolf legte ihr die Hand auf die Schulter, doch Judith zuckte zurück. Er würde nicht umhinkommen, der Polizei zu sagen, wo er wirklich gewesen war. Auf Fehmarn kannte man ihn zu gut. Es war bei aller Vorsicht nicht auszuschließen, dass sich jemand daran erinnerte, sein Auto auf der Insel gesehen zu haben. Ob die Polizei das diskret behandeln konnte? Würde Maren für ihn aussagen? Wahrscheinlich schon, sogar bestimmt mit einiger Genugtuung. Er durfte keinesfalls eine Konfrontation mit Judith riskieren. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Der Schein musste gewahrt bleiben. Jetzt, da Milena tot war, war es gut möglich, dass sie völlig abdrehte. Vielleicht bestand ja die Chance durchzuhalten, bis sie so verrückt war, dass er sie entmündigen lassen konnte.
    Patrick Grieger musterte die seltsame Versammlung, die sich an der Tür vor ihm aufgebaut hatte. Drei Personen, ein hochgewachsener Mann, schätzungsweise Mitte fünfzig, stand in der Mitte, flankiert von zwei Frauen. Der Mann hatte ein langes, blasses Gesicht. Wallende Gewänder betonten seine knochigen Arme und Beine. Die Frau rechts von ihm war jünger, kaute Kaugummi und trug Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Die ältere Frau auf seiner linken Seite war mit einer Bluse und einem hellblauen Hosenanzug eher formell gekleidet. Zwischen den Ponyfransen ihrer Pottschnitt-Frisur sah er Schweißtropfen glitzern.
    Im Geiste ging Patrick die verschiedenen Möglichkeiten durch: die Zeugen Jehovas, das Denkmalpflegeamt, das Jugendamt, die Steuerfahndung, das Jüngste Gericht ...
    Der Mann streckte ihm eine knochige Hand entgegen. »Ich bin Aleister.«
    »Aha.« Patrick hatte sie reflexartig ergriffen und zuckte nun zurück, als er die feuchte Kälte spürte, die von der Haut des Mannes ausging. »Und was wollen Sie hier?«
    »Wem gehört dieses Haus?«
    »Wer will das wissen?«
    »Wir haben nichts Böses im Sinn, mein Lieber. Wir wollen Ihnen helfen«, mischte sich die ältere der beiden Frauen ein und schenkte ihm ein mütterliches Lächeln.
    »Warten Sie hier!« Patrick schlug die Tür zu und rief nach Irma. Sie war schließlich die Mieterin dieses Hauses. Sollte sie sich mit den Spinnern herumschlagen. Patrick war sich inzwischen sicher, es nicht mit den Vertretern irgendeiner offiziellen Organisation zu tun zu haben. Aleister und die »Schwestern Schrecklich«, titulierte er sie im Geiste. »Irma, komm runter! Hier ist jemand an der Tür für dich.« Es dauerte eine Weile, bis er Irmas Schritte im Obergeschoss hörte.
    »Ich hoffe, es ist wichtig, Patrick.«
    »Sehr«, sagte er.
    »Schon wieder die Polizei?« Auf dem Weg die Treppe hinunter kam sie an dem schmalen Fenster mit den Buntglasscheiben vorbei, das sich neben der Haustür befand. Sie quiekte überrascht auf, als sich ein Schatten hinter dem Glas abzeichnete. Eine große, dünne Gestalt hatte die Hände an die Scheibe gelegt und starrte zu ihnen herein.
    Der Gang war schmal und dunkel, und wenn man die zwölf Meter im Zeitlupentempo zurücklegte, schien er unendlich lang zu sein. Die raue Decke und die mit Graffiti beschmierten Seitenwände rochen leicht faulig und mineralisch wie sonst alte Gemäuer in südlicheren Gefilden.
    Als Pia aus der

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