Ostseegrab
Sekunden später kam Gerdt Hartwig mit Hanjo in die Gaststube. Schölzel nickte ihm zu. »Sie sind der Besitzer?«
»Ja, Hanjo Peters. Worum gehts?«
»Keine Sorge, es wird nicht lange dauern. Setzen Sie sich bitte zu Ihren Gästen. Dann erklär ich die Situation«, bemerkte Schölzel eine Spur freundlicher.
Hanjo, Ben und Olli quetschten sich mit auf die Bank.
»Es tut uns sehr leid, Sie belästigen zu müssen, aber wie Sie sicher alle mitbekommen haben, sind hier zwei junge Frauen ertrunken«, begann Schölzel. Er sah sich die Gäste des Bistros der Reihe nach an. Komm auf den Punkt, dachte Sophie. »Wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen. Wir sind auf der Suche nach Zeugen. Vielleicht hat hier jemand etwas mitbekommen, das uns weiterhelfen könnte.«
Nach der ersten Schrecksekunde murmelte alles verwirrt durcheinander. Der Kripobeamte räusperte sich laut. »Ich werde Sie nacheinander in die Küche bitten. Es ist nur eine Routinebefragung.«
»Brauchen wir einen Anwalt?«, kicherte einer der Berliner.
Schölzel sah ihn genervt an. »Deine Drogengeschichten interessieren uns im Moment nicht. Wer macht den Anfang?«
» Ich!« Sophie sprang auf. »Ich muss nämlich dringend meinen Hund füttern!« In Wahrheit war sie so neugierig, dass sie es auf ihrem Stuhl nicht länger ausgehalten hätte. Sophie folgte dem Beamten und nahm auf einem Hocker Platz. Pelle leckte ein heruntergefallenes Ei von den Bodenfliesen.
»Ich bin Oberkommissar Ingo Schölzel«, ließ der Kripobeamte sie mit ernstem Gesichtsausdruck wissen. »Wer sind Sie bitte?«
»Sophie Sturm. Ich habe die Leiche gestern gefunden.«
»Ach, Sie sind das.« Sophie gefiel der spöttische Gesichtsausdruck nicht.
»Ich bin am Freitag erst angereist. Ich kannte hier niemanden, außer meiner Freundin Tina Sperber natürlich.«
»Dann können Sie mir nichts zu Sarah Müller sagen?«
Sophie schüttelte den Kopf. »Auch nicht zu der ersten Verunglückten. Aber wenn mir die Frage erlaubt ist, wegen eines Unfalls würde man doch nicht so einen Aufwand betreiben, oder? Ich meine die Zeugenbefragung.«
Der Beamte nickte. »Zumindest in einem der Fälle müssen wir wohl von einem Verbrechen ausgehen.«
Stefan saß mit einer kleinen Plastikschaufel in der Hand am Strand und baute mit seinen Kindern eine gigantische Sandburg. Der ganze Stress und die schrecklichen Bilder in seinem Kopf lösten sich langsam. Paul klopfte mit seinen Händchen den Sand fest und Antonia verzierte alles mit kleinen Steinen, die sie vorher liebevoll zusammengesammelt hatte. Die Sonne brannte ihm auf den Rücken und außer dem Geplapper seiner Kinder und dem seichten Plätschern der Wellen war nichts zu hören. Stefan schloss die Augen und versuchte, den Moment festzuhalten. Seine Familie war wirklich seine Zuflucht. Er hatte mehr, als er sich je erträumt hatte. Drei gesunde Kinder, eine wunderbare Frau und ein traumhaftes Haus. So war sein Leben perfekt. Das Schreien seiner Tochter brachte ihn zurück in die Wirklichkeit.
»Nein! Paul!« Antonia sah ihn entsetzt an. »Guck mal Papa, jetzt hat er mit seinem Fuß den Turm der Prinzessin kaputt gemacht.«
Paul sah sich schuldbewusst den Schaden an und war kurz davor in Tränen auszubrechen. Stefan stupste ihn sanft und lächelte. »Sie schimpft schon wie Mama, was? Wir Männer sollten besser zusammenhalten und den Turm schnell wieder aufbauen.«
Paul nickte zustimmend und machte sich sofort ans Werk.
»Wieso hältst du zu ihm?« Seine Tochter sah ihn misstrauisch an.
Stefan bemühte sich, ernst zu bleiben. Er vergewisserte sich, dass sein Sohn beschäftigt war, und beugte sich zu ihr. »Süße, er ist doch noch klein«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Wir Großen wissen doch, dass er ab und zu noch etwas ungeschickt ist, oder? Hey! Sei nicht so hart zu ihm. Du warst doch auch mal klein.«
Antonia hatte ihm aufmerksam zugehört. Sie seufzte und nickte dann. »Aber ich war nie so ungeschickt! Oder?«
Zum Glück erwartete sie von ihm keine Antwort. Sie war schon wieder dabei, das Sandbauwerk mit Steinchen zu dekorieren. Schmunzelnd sah er zu. Antonia war eine kleine Schönheit. Sie hatte zum Glück die Gene ihrer Mutter. Sein Sohn war ein gesunder kleiner Frechdachs, der zwischendurch versuchte, seiner schlauen großen Schwester eins auszuwischen. Aber so oft die beiden sich auch zankten, genauso heftig hielten sie zusammen. Dann bildeten sie eine harte Front, die Eiscreme oder Haustiere forderte. Das mit den Haustieren hatten
Weitere Kostenlose Bücher