Ostseegrab
muss in den Wintermonaten die Kühe seiner Eltern hüten.«
»Was?«
»Im Ernst! Seine Eltern haben hier einen riesigen Hof und Sohnemann weiß nicht, was er will! Den Hof eigentlich nicht, aber außer ein paar abgebrochenen Semestern hat er nichts auf der Vita. Dabei war er ganz gut in der Schule. Ob er will oder nicht, er wird als reicher Bauer enden.« Sophie sah sie verblüfft an. »Ich war mit Olli in einer Klasse!«, erklärte Tina.
»Wozu mach ich eigentlich einen Kitekurs und riskier meine Knochen, um ein bisschen Zugang zu der Szene zu bekommen, wenn die beste Informantin hier sitzt?«
Tina lachte. »Sagtest du nicht, dein Interesse am Kitesport hätte rein gar nichts mit den Morden zu tun?«
»Ja, das sagte ich zu Stefan!«
»Stoppen kann dich sowieso niemand und wer die Frauen umgebracht hat, weiß ich nicht. Das musst du schon selbst herausfinden.« Und pass bloß auf dich auf, dass du nicht die Nächste bist, beendete Tina gedanklich den Satz.
»Das mach ich auch.«
»Ich sollte ins Bett gehen. Die Nacht hält noch ein paar Unterbrechungen für mich bereit.«
Tina schlich in ihr Schlafzimmer. Sie kuschelte sich in ihr Bett und knipste die Nachttischlampe aus. Ben, dachte sie, was war denn noch mit Ben? Es wollte ihr nicht einfallen. Sie war zu müde und außerdem war Sophie schon ein großes Mädchen. Zumindest würde Ben sie von diesem schrecklichen Felix ablenken. Dass dieser Samstagabendguru eine ganze Nation verarschte, unglaublich! Arme Sophie! Auch wenn ihr Mann bestimmt nicht sehr glamourös war und oft schrecklich überarbeitet und mies gelaunt, wusste sie, dass sie nie einen anderen haben wollte. Dass Sophie sich ausgerechnet Ben aussuchen musste? Der Typ war doch schon immer irgendwie anders gewesen. Aber wahrscheinlich war Ben tatsächlich weniger gestört als ihr alter Klassenkamerad Olli. Plötzlich war sie wieder hellwach. Da war doch damals dieses Mädchen in ihrer Klasse. Ja, Fenja! Sie war ertrunken.
20
Montag
Tina erwachte, als Finn leise wimmerte. Sie sah auf den Wecker. Halb acht! Der Kleine hatte fast sieben Stunden durchgeschlafen. Sie blickte zur Seite. Auf Stefans Kopfkissen lag ein Zettel. Mal wieder. Sie konnte sich denken was draufstehen würde. Leise trat sie an die Wiege und nahm Finn vorsichtig auf den Arm. »Ist ja gut, mein Liebling. Pst. Sonst wecken wir die anderen auf.« Tina setzte sich wieder ins Bett und griff sich die Notiz: ›Musste früh los. Liebe dich!‹
»Armer Papa,« flüsterte sie ihrem Baby zu. »Der ist auf Verbrecherjagd.« Was war denn jetzt schon wieder so wichtig, dass es nicht mal bis nach dem Frühstück warten konnte. »Weißt du, was wir zwei jetzt machen? Wir kochen Mama einen schönen Kaffee und gehen in den Garten. Na, was hältst du davon?«
10 Minuten später waren sie auf der Terrasse und wurden von Pelle stürmisch begrüßt. Tina beruhigte den aufgeregten Hund, wickelte Finn in eine Decke und legte ihn in die Babyschale. Der Kleine schaute mit großen Augen auf einen kleinen Hampelmann, der vor ihm baumelte. Tina nippte an ihrem Milchkaffee, als von oben lautes Geschrei zu hören war. Paul! Tina schnappte Finn und stürmte nach oben. Ihr Sohn saß heulend im Bett. »Mama! Ich bin ein Wauwau!«
Sie nahm ihn in den Arm. Antonia stürzte ebenfalls ins Zimmer. »Ist was Schlimmes passiert?«
Tina atmete tief durch und legte ihrer Tochter die Hand auf den Arm. »Paul hat nur schlecht geträumt. Aber du kannst mir einen großen Gefallen tun. Pelle ist im Garten. Lauf runter und sorg dafür, dass er nicht hochkommt. Er ist furchtbar dreckig.« Antonia klatschte begeistert in die Hände und stürmte los. »Paulchen, du hast nur schlecht geträumt. Du bist noch immer mein netter kleiner Junge. Wie kommst du denn auf so einen Unsinn?«
Paul schluchzte etwas ruhiger. »Weil, ich hab Hunnefutter geetten.«
Tina grinste. Wenn er müde war, fiel er immer in diese süße Babysprache zurück. »Jetzt guck doch mal auf deine Händchen. Sind das Hundepfoten oder Pauls Hände?«
Ihr Sohn betrachtete sie ein paar Sekunden. Dann strahlte er. »Pauls!«
Antonia stürmte mit Pelle ins Zimmer. Der Hund begann freudig zu bellen. »Ich konnte ihn nicht festhalten, Mama!«
»Pst. Aus! Wir gehen jetzt alle nach unten. Und zwar möglichst leise!« Das wars dann wohl mit dem ruhigen Morgen, stellte Tina lächelnd fest. Zusammen gingen sie nach unten, um das Frühstück vorzubereiten. Tina hatte den schreienden Finn auf dem Arm und versuchte,
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