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Ostseeliebe

Ostseeliebe

Titel: Ostseeliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
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rechts herum, wir treffen uns dann unten am Strand.«
    »Und ich?« traute sich Julia zu fragen.
    »Und Sie, Frolleinchen, Sie bleiben schön hier bei Denver und halten Wache.«
    »Ich?«
    »Na, Sie werden doch wissen, wie man ein Pferd festhält!?«
    Die jungen Leute, die etwas abseits standen, lachten.
    »Na, Willem, wenn nich’, dann hält Denver eben sie fest. Is’ auch egal.«
    Frau Bult hatte gesehen, wie erschrocken Julia war.
    »Laß man gut sein«, sagte sie zu Johannsen. »Ich gehe mit Julia, und du bleibst hier, Willem. Is’ eh zu viel für deine Knochen...« Und, als sie sein empörtes Gesicht sah: »Außerdem hast du die schärfsten Augen, also bleibst du hier oben und guckst, ob du die Stuten siehst. Kommen Sie, Julia.«
    Julias Augen brannten. Das ganze Dorf würde erfahren, daß sie nicht einmal ein Pferd festhalten konnte. Natürlich wußte sie, daß Pferde Halfter tragen und daß an diesen Halftern Stricke befestigt sind! Aber eine Sache war, ein gelangweiltes Leihpferd aus seiner Box im Reitstall zu holen, eine ganz andere, hier, mitten in der Nacht, allein mit einem turmhohen Wallach auf verrückte Stuten zu warten. Was, wenn sie kämen? Sie konnte doch unmöglich dieses Riesentier festhalten! Und was, wenn der Braune sich losriss und womöglich stürzte? Oder sie einfach umrannte? Sie stolperte neben Frau Bult her, das Gelächter der anderen noch in den Ohren, tolpatschiger denn je.
    Frau Bult schien mit ihren Gedanken schon weiter zu sein, viel weiter. Die jungen Leute kümmerten sie nicht. Sie erklärte Julia, wohin sie gingen und was sie zu tun hätten. Sie versuchten, den Föhrenwald nordöstlich zu umgehen, sie würden ganz still sein, damit sie verdächtige Geräusche
hören würden. Wenn sie den Hügel zur Hälfte umrundet hätten, träfen sie auf die andere Gruppe, und auf dem Rückweg durchstreiften sie dann gemeinsam den Wald - wenn sich die Pferde nicht vorher fänden.
    Sie gingen los. Schweigend. Schweigen, das kannte Julia an der Seite von Frau Bult. Sie marschierten; sie konnten kaum den Boden unter ihren Füßen erkennen. Manchmal kämpfte sich der Mond durch die vorbeieilenden Nachtwolken, dann warf Julia einen kurzen Blick auf Frau Bults Gesicht. Sie hatte recht gehabt, damals, bei ihrer Ankunft: Es war ein bäuerliches Gesicht, flach, raumgreifend, selbst jetzt im Dunkeln konnte man die Breite der Wangen erkennen... Frau Bult war schnelles Gehen gewöhnt; man hörte sie kaum atmen. Julia hingegen rang nach Luft, mit großen, weiten Bewegungen des Brustkorbs, der ihr immer ein wenig zu eng schien. Der Wind heulte auf und blies ihr ins Gesicht, sie kniff die Augen zusammen, so scharf war diese Kälte. Sie stapften weiter, am Saum des Wäldchens entlang. Keine Spur von irgendeinem Tier, geschweige denn von einem Pferd. Nach etwa zwanzig Minuten hörten sie Stimmen, von halblinks, mehrere muntere Stimmen.
    Und dann sah sie etwas, was wie betrunkene Glühwürmchen wirkte: Laternen. Sie trafen auf die jungen Leute, die den Hain auf der anderen, der Seeseite umrundet hatten. Nein, keine Spur von den Stuten. Sie berieten sich kurz, dann drehten sie um, achselzuckend. Und wieder ging es bergauf, und Julia spürte ihre Beine nur an den Knien, die schmerzten, da wo der harsche Stoff der Jeans sich naß spannte. Drillichgeruch, klamm. Ihre Hände waren kalte Krallen. Sie strich sich Haarsträhnen nach hinten, es tropfte in den Kragen, Frau Bult schwieg beharrlich. Plötzlich blieb sie stehen, hielt inne, lauschte. Julia wollte schon fragen, was los sei, dann hörte sie es selbst. Ein weit entferntes Brummeln und Scharren und dann - Himmel! - ein Stöhnen,
wie ein Mensch, der schwer verletzt und zu schwach ist, um Hilfe zu rufen.
    »Los, kommen Sie!« Frau Bult verschwand seitwärts im Dunkeln.
    Julia wollte noch rufen: Aber da ist doch der Wald!, dann wurde ihr klar, wie idiotisch das war, natürlich war da der Wald, sie liefen ja die ganze Zeit an seinem Saum entlang, und aus dem Wald, von dort drinnen, drang offenbar gerade so etwas wie ein Hilferuf zu ihnen, ein Stöhnen jedenfalls. Sie beeilte sich, hinter Marianne Bult herzukommen.
    »Los, da vorne, da muß es sein!«
    Die Waldfinsternis verschluckte gierig das Licht ihrer Taschenlampen. Baumwurzeln stakten aus dem Boden, Äste lagen quer.
    Julia kürzte eine Biegung ab, um dichter aufzuschließen, und wäre fast hängengeblieben in einem Beerenstrauch. Er zerfetzte ihr den linken Ärmel der Jacke. Auch egal! Zornig riß sich Julia

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