Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ostseeliebe

Ostseeliebe

Titel: Ostseeliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
Vom Netzwerk:
einzig Auffallende an ihr -, eine entscheidende Rolle. Sie rettete Julia vor maskierten Männern mit Krummsäbeln, die sie irgendwohin entführen wollten. Aber die Wüste, in der sie sich befanden, zerlief plötzlich zu einer zähen Masse, und da war dann diese Susanne. Und noch im Traum regte sich Julia auf und fragte:
    »Was treibst du eigentlich hier? Wer hat dich in meinen Traum gebeten?«
    Aber seltsamerweise endete dieser Traum nicht dadurch, daß Julia ihn durchschaut hatte, im Gegenteil: Susanne-im-Traum setzte eine strenge Miene auf und sagte, daß alles so kommen müsse, wie es eben vorgesehen sei, und daß man sich seine Helden nicht aussuchen könne, nur seine Hühner, nur seine Hühner. Julia fand das sogar im Traum absurd und beschloß, auf der Stelle aufzuwachen. Sie bemühte sich, die Augen zu öffnen, zumal Susanne jetzt auch noch anfing zu schreien und zu rufen …
    »Julia!!!«
    Das war nicht Susanne. Sie begriff: Das war auch kein Traum mehr.

    »Julia!!!«
    Beim dritten Mal war sie aus dem Bett. Blickte aus dem Fenster und sah im Regen Frau Bult stehen, die ungeduldig von einem Bein aufs andere trat. Sie trug Gummistiefel und einen dicken roten Anorak, der im Schein der Laterne vor Nässe glänzte. Julia sah auf die Uhr. Halb zwei! Sie riß die Tür auf. Sofort fegte der Regen in das kleine Gartenhaus.
    »Los, machen Sie schnell!« sagte Frau Bult mit einer ungewohnten Schärfe in der Stimme. »Johannsens Stuten sind durchgegangen. Los, los!«
    Julia fingerte hastig nach Socken, nach einer Hose, nach der Wetterjacke, die sich noch klamm anfühlte vom Nachmittagsspaziergang. Egal! Die schweren Boots übergestreift, Julia wunderte sich selbst darüber, wie schnell sie fertig war - die »Landkluft«, wie Jeanette das nannte, war ihr schon zur Gewohnheit geworden. Und eine Mütze! Und raus! Der Wind warf sie fast um.
    »Möglich, daß wir morgen einen Sturm kriegen«, sagte Frau Bult und drückte Julia eine schwere Taschenlampe in die Hand. Einen Sturm kriegen?!? Dann war dieses Unwetter also noch keiner? Julia beschloß, nicht weiter darüber nachzudenken, sie war ohnehin damit beschäftigt, hinter Frau Bult herzustapfen, die, nachdem sie das Gartentor geöffnet hatte, den Höhenweg einschlug.
    »Johannsen hat seine Weiden unmittelbar am Wald,« erklärte sie. »Kann sein, daß die Stuten da rein sind. Das wäre gar nicht gut! Er hat heute die Stuten von den Fohlen getrennt. Die Fohlen mußten rein, zum Impfen, und er hat sie über Nacht im Stall behalten wollen. Die Stuten sind das Wetter gewöhnt, aber sie haben ihre Kleinen vermißt, und ein paar sind offenbar völlig durchgedreht, als der Wind zunahm. Sie sind einfach durch den Zaun durch.«

    Oben am Höhenweg erkannte man nun den Schein mehrerer Taschenlampen, Wortfetzen wurden vom Wind herübergeweht. Julia begann zu schwitzen, der Weg war glitschig, und Frau Bult legte ein enormes Tempo vor. Plötzlich hörte sie leises Wiehern.
    »Da sind doch Pferde!«
    »Ein Wallach. Johannsen hat seinen Wallach mitgebracht, als Lockvogel sozusagen. Vielleicht kommen die Stuten dann wieder, wer weiß.«
    Frau Bult kannte sich also aus mit Pferden, obwohl sie nie davon gesprochen hatte.
    »Hallo, Jan, hallo, Renate!«
    Sie waren oben angekommen. Julia schaute auf. Sie hatte beim Anstieg nur auf ihre Beine geachtet, auf Knie, die sich abwechselnd hoben und senkten, auf den Boden, der sich unter ihr zu winden schien, so glitschig war er. Jetzt sah sie in die angespannten Gesichter einiger Dorfbewohner. Das war Johannsen? Sie erkannte den freundlichen Mann vom Bootsanleger wieder, der ihr Hilfe angeboten hatte. Jetzt sah er viel schmaler aus, die Haare klebten naß an seinem Kopf. Er schaute sich unruhig um, eine Zigarette hing schlaff und kalt aus seinem Mundwinkel. An einem Strick führte er ein gewaltiges Pferd, einen Braunen, mit Hufen groß wie Eimer und einem seltsam dünnen, kläglich herabhängenden Schweif. Aber den Kopf trug der Braune hocherhoben, wie ein Mensch, der weiß, was er zu tun hat.
    »Na, hast du Denver wieder rausgeholt, Willem?« Frau Bults Stimme klang gutmütig, während sie dem Pferd den Hals tätschelte. Es senkte den Kopf und schaute Frau Bult an. In die Menschengruppe kam so etwas wie Ruhe. Johannsen teilte die Leute ein.
    »Ihr da, ihr geht links herum, um den Buckel, und ihr da«, er wies auf ein paar junge Leute mit Laternen, »ihr schlagt euch direkt in den Wald. Und du«, er wandte sich an Frau
Bult, »du kommst mit mir

Weitere Kostenlose Bücher