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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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als wolltest du in das reichste Wohnviertel der Welt gehen und sagen: ›Hier in der Gegend läuft eine Kakerlake frei herum. Hättet ihr was dagegen, wenn wir alle eure Häuser abbrennen, um sie zu vertreiben?‹ Das kommt schlicht und einfach nicht in Frage, Daniel.«
    Der General klopfte abermals auf seine Jackentasche und zog dann ein mürrisches Gesicht. »Aber du hast eine Lösung, was?«
    »Ich denke. Wir haben einen Agenten gebaut.« Er machte eine Geste, und die Bildwände füllten sich mit Text.
    »Einen Agenten? Ich dachte, es wären längst Agenten mit der Sache beschäftigt. Tutanchamon oder Gott der Allmächtige, oder wie er sich im Moment gerade nennt, meinte, er hätte die neuesten und besten Modelle darauf angesetzt.«
    »Tja, und genau da liegt der Hund begraben. Sicher, auch darüber wissen wir nicht viel – seine Leute haben diesen Teil des Projekts weitgehend unter Kontrolle, und bis jetzt bin ich ihnen nicht in die Quere gekommen. Aber es ist anzunehmen, daß alle seine Agenten da drin, menschliche wie künstliche, in ihrer Suche nach der altmodischen Art verfahren.«
    »Die da wäre?«
    »Nach Ähnlichkeiten suchen. Meine Leute haben herausgefunden, was sie konnten – es ist schwer, in einem gemeinsamen wissenschaftlichen Environment etwas völlig geheimzuhalten –, und soweit wir sehen können, hat das Team des alten Mannes alle Bewegungen von X verfolgt, seit er in das Netzwerk eingegeben wurde. Das bedeutet, daß sie so etwas wie ein Verhaltensprofil entwickelt haben, eine Art Psychogramm darüber, wie X sich in mehreren verschiedenen Simulationen verhalten hat. Somit werden alle Agenten und Suchprogramme, die sie derzeit im Einsatz haben, wahrscheinlich dieses Psychogramm mit den Verhaltensprofilen sämtlicher Einheiten im Netzwerk vergleichen.«
    »Na und? Hört sich an wie die richtige Art, die Sache anzupacken.« Zum drittenmal klopfte Yacoubian auf seine Jackentasche.
    »In einem weniger komplexen System, ja. Aber wie ich dir schon seit langem zu erklären versuche, funktioniert unser Simulationsnetzwerk nicht wie die andern. Zum einen gibt es keine Ablaufverfolgung individueller Einheiten, und deshalb müssen Profilvergleiche einzeln von Fall zu Fall vorgenommen werden.« Wells runzelte die Stirn. »Wirklich, Daniel, du solltest dich über das alles auf dem laufenden halten – es ist für dich genauso wichtig wie für uns andere.«
    »Ach ja? Und wie gut weißt du auf meinem Gebiet Bescheid, du Schlaukopf? Wie gut bist du über die globale Sicherheitssituation informiert? Über unsern Gebrauch der militärischen Infrastruktur?«
    »Touché.« Wells setzte sich schließlich. »Na schön, ich fahre fort. Was es so schwierig macht, auf diese altmodische Weise einen Verhaltensvergleich durchzuführen, ist auch nicht bloß die Komplexität des Netzwerks. Wichtiger noch ist, daß die Verhaltenssignatur jedes freien Akteurs sich von einer Simulation zur nächsten verändert – vielleicht nicht viel, aber immerhin. Schau, fast alle diese Simulationen sind auf unmittelbare Funktionalität für den Benutzer abgestellt. Das heißt, wenn du dir vor dem Eintritt nicht selbst bestimmte Eigenschaften aussuchst, wird dir die Simulation nach ihrer eigenen Logik welche zuweisen. Daher wird X beim Übergang von einer Simulation zur andern wahrscheinlich jedesmal von den Simulationen selbst zumindest ein klein wenig verändert. In diesem Fall arbeitet die Gehirnwäsche, wie du es so roh, aber nicht unzutreffend nanntest, gegen uns. Wenn er keine Erinnerung hat, wird aller Wahrscheinlichkeit nach eher sein Sim von den Simulationen gestaltet als umgekehrt. Und darin liegt ein letztes Problem. Altmodische Agenten, die sich frei im Netzwerk bewegen können, besitzen mit einiger Sicherheit ein gewisses Maß an Geschlossenheit – das heißt, sie verändern sich nicht sehr. Sie sind nach einer Weile relativ leicht auszumachen, und da sie eine gewisse Zeit und Nähe zu der verdächtigen Einheit benötigen, bevor sie einen Vergleich und eventuell eine Festnahme durchführen können, kann es sein, daß X auf nahezu unbegrenzte Zeit einen Vorsprung vor ihnen behält.«
    »Scheiße. Und was du hast, ist besser?«
    »Wir glauben, daß wir das aller neueste und aller beste Modell haben.« Wells verzog die Lippen. »Bekomme ich wieder zu hören, daß ich allzu dramatisch tue? Nein? Na gut.« Er schnalzte mit den Fingern, und aus der Lehne jedes Stuhles kam ein Kabel. »Steck ein.«
    Der General zog das Kabel

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