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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Team von Spur zwei, das seinen Angriff von der Rückseite des Komplexes gegen die Wachdienstzentrale führte, würde noch ein wenig brauchen, bis es sich durchgekämpft hatte, aber Dread war ganz zufrieden. Von zwei Angriffstrupps mit je fünfzehn Mann hatte es, soweit er wußte, nur drei Einsatzkräfte erwischt und davon nur eine tödlich, und dabei war die Aktion zu fünfundsiebzig Prozent abgeschlossen. Gegen ein Sicherheitsaufgebot, wie es sich ein reicher Stinker wie Atasco leisten konnte, war das mehr als akzeptabel. Während seine beiden Sprengmeister Halbkugeln aus Anvax-Hammergel an der wuchtigen Vordertür verkabelten, hörte er noch einmal kurz bei seinem ahnungslosen Opfer hinein.
    »… Gralsbruderschaft hat das stärkste und beste Simulationsnetzwerk gebaut, das man sich vorstellen kann.« Es war wieder die ruhige, hohe Stimme, die von jemand neben Atasco kam. »Gleichzeitig hat sie Tausende von Kindern manipuliert und gesundheitlich geschädigt. Ich habe immer noch keine Ahnung, warum. Im Grunde habe ich euch alle hergeholt, weil ich die Hoffnung hatte, daß wir gemeinsam auf Antworten kommen könnten.«
    Dread fand das Ganze immer spannender. Wenn Atasco diese kleine Verschwörung nicht anführte, wer dann? Ob der Alte Mann wußte, daß sie schon so weit fortgeschritten war?
    Das Sprenggel wurde gezündet. Eine Stichflamme beleuchtete kurz die in der Vorhalle verstreuten Leichen, als die Haupttür nachgab und nach innen fiel. Dread stellte das Fenster ab, das ihm die Eigenperspektive des Objekts lieferte; auf dem Tonkanal meldete Spur zwei kurz die erfolgreiche Einnahme der Wachdienstzentrale.
    »Das wär’s, meine Herren«, sagte er vergnügt. »Wir haben unsere Einladungen vergessen, deshalb müssen wir uns selber reinlassen.«
    Als er durch den verschmorten Türrahmen trat, blieb er einen Moment stehen, um die in Schutt gelegte Sammlung von Steinmetzarbeiten der Mayas zu inspizieren, die leider zu nahe am Eingang gestanden hatte. Er wies den größten Teil seines Trupps an, nach verbliebenen Wachmännern zu suchen und das Hauspersonal zusammenzutreiben, dann nahm er sich einen Sprengmeister und zwei Kampfsoldaten und begab sich zum Labor im Keller.
    Während der Sprengstoffspezialist sich kniend vor der Labortür zu schaffen machte, hörte Dread wieder in die Besprechung hinein, aus der mittlerweile ein chaotisches Stimmengewirr geworden war.
    »Spur drei«, sagte er, »in etwa einer Minute wird die Leitung des Objekts frei werden. Ich will, daß sie unbedingt offen bleibt und daß die übrigen Gäste, wenn irgend möglich, so lange in der Simulation gehalten werden, bis wir festgestellt haben, wer sie sind. Ist das klar?«
    »Jawohl, verstehe.« Celestino klang angespannt und aufgeregt, was Dread einen Moment lang beklommen machte, aber bis jetzt war an dem Kolumbianer nichts auszusetzen. Nur ein Ausnahmemensch bekam nicht wenigstens ein bißchen Herzflattern, wenn er an einem kriminellen bewaffneten Überfall großen Stils teilnahm.
    Dread und die anderen verzogen sich nach hinten in den Flur, dann drückte der Sprengmeister auf seinen Sender. Die Wände bebten nur ein klein wenig, als das Hammergel die schwere Sicherheitstür verbog, so daß sie wie eine vertrocknete Scheibe Brot aussah. Sie stießen sie mit dem Fuß beiseite und traten ein. Der weißhaarige Mann, der still in einem Polstersessel gelegen hatte, hatte offenbar die Vibration der kontrollierten Explosion gefühlt und war dabei, sich aufzurappeln. Seine Frau, die auf der anderen Seite des Labors in ihrem Sessel lag, war immer noch in die VR eingetaucht, kenntlich an ihren sanften Zuckungen.
    Bolívar Atasco, der sich noch nicht völlig aus der Simulation mit ihrer Lähmung der äußeren physischen Reaktionen gelöst hatte, stolperte ein wenig. Er blieb stehen, taumelte und starrte Dread an, als meinte er, ihn erkennen zu müssen.
    Du bist soeben dem Todesengel begegnet, und er ist ein Fremder. Er ist immer ein Fremder. Dieser Spruch aus irgendeinem obskuren Interaktivdrama kam Dread plötzlich in den Sinn, und er mußte grinsen. Als Atasco den Mund aufmachte, um etwas zu sagen, winkte Dread mit dem Finger, und der Soldat neben ihm schoß dem Ethnologen zwischen die Augen. Dread trat vor, zog die Buchse aus Atascos Neurokanüle und deutete dann auf die Frau. Der andere Soldat trat gar nicht erst näher heran, sondern stellte seine Trohner auf Automatik und mähte sie nieder, daß das Kabel aus ihrem Hals flog und sie wie ein

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