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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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perplex, als der Eisbär draußen auf der Prince Albert Road vor der Tür auf die Knie fiel und weinte.

 
Kapitel
     
Der unsichtbare Fluß
     
    NETFEED/KUNST:
    Explosive Hommage
    (Bild: Trümmer der First Philadelphia Bank)
    Off-Stimme: Der Guerillakünstler, der nur unter dem Namen »Bigger X« bekannt ist, hat die Verantwortung für die Paketbombe übernommen, durch die vorigen Monat in einer Filiale der First Philadelphia Bank drei Personen getötet und sechsundzwanzig weitere verletzt wurden.
    (Bild: Archivmaterial — kaputtes Schauhausfenster, geblümte Leichensäcke)
    Der umstrittene Bigger X, der anfangs spezielle Hüllen für Tote kreierte, die er aus dem Leichenschauhaus gestohlen hatte, und dann mit der Ankündigung, Lebensmittel in Supermärkten zu vergiften, Panik bei Verbrauchern in Florida und Toronto auslöste, beansprucht damit die Täterschaft für drei verschiedene Attentate. In der aufgezeichneten Erklärung, die er an »artOWNartWONartNOW« schickte, gibt er an, sein Werk sei eine Hommage an solche Pioniere von Performances mit ahnungslosen Teilnehmern wie Manky Negesco und TT Jensen …
     
     
    > »Code Delphi. Hier anfangen.
    Hier spricht Martine Desroubins. Ich führe jetzt mein Journal fort. Seit meinem letzten Diktat vor zwei Tagen ist viel geschehen.
    Das erste und vielleicht wichtigste Ereignis ist, daß wir in eine neue Simulation übergesetzt sind. Bevor ich sie beschreibe, möchte ich erst erzählen, wie wir die alte verließen.
    Das zweite Ereignis ist, daß ich mehr über dieses virtuelle Universum herausgefunden habe, und jede neue Information kann von entscheidender Bedeutung sein.
    Ich habe jetzt ein Stadium erreicht, wo ich die Daten unserer äußeren Umgebung genausogut ›lesen‹ kann, wie ich die Zeichen im normalen Netz entziffere, so daß ich mich hier fast so problemlos bewegen kann wie meine Gefährten, die sehen können – ja, in mancher Hinsicht scheinen meine Fähigkeiten weit über ihre hinauszuwachsen. Ich habe es mir daher zur Aufgabe gemacht, die Mechanismen hinter diesen Welten zu ergründen oder es jedenfalls zu versuchen. Wie schon gesagt, was unsere Überlebensaussichten oder gar Erfolgschancen anbelangt, bin ich nicht optimistisch, aber mit wachsenden Kenntnissen werden unsere geringen Chancen wenigstens ein klein bißchen größer.
    Es gibt soviel zu erzählen! Ich wünschte, ich hätte früher die Zeit gefunden, einige dieser Worte in die lauschende Dunkelheit zu flüstern.
    In der vorigen Simulation machte sich unsere Schar – jetzt nur noch Quan Li, T4b, Sweet William, Florimel und ich – am Morgen auf den Weg, um Orlando und Fredericks wiederzufinden. Ein schnellerer Aufbruch hätte uns zweifellos besser gepaßt, aber es war schon fast Abend gewesen, als der Fluß sie davongeschwemmt hatte, und nur Narren würden im Dunkeln durch unbekanntes Gelände ziehen – zumal wenn in diesem Gelände die Spinnen so groß sind wie Jahrmarktkarussells.
    Die Männer – ich werde sie der Einfachheit halber einmal so nennen – wollten wieder ein Floß bauen wie das, mit dem unsere beiden Gefährten abgetrieben waren, aber Florimel sprach sich entschieden dagegen aus, weil sie meinte, auch durch ein schnelles Fortkommen auf dem Fluß könnten wir gar nicht soviel Zeit gewinnen, wie wir mit dem Bau des Floßes vorher schon verloren hätten. Sie ist es deutlich gewöhnt, Dinge in die Hand zu nehmen – in mancher Beziehung ist sie wie Renie, aber ohne die Offenheit, die Bereitschaft, Fehler zuzugeben. Ich spüre, daß sie sich ständig über uns andere ärgert, als wäre sie gezwungen, zusammen mit einem schlechteren Partner gegen einen starken Kontrahenten zu spielen. Aber sie ist klug, das läßt sich nicht leugnen. Sie meinte, wir sollten am Ufer entlangmarschieren, so weit es gehe. Falls Fredericks und Orlando aus eigener Kraft dem Fluß entronnen oder in ruhiges Gewässer gespült worden seien, würden wir auf die Weise nicht an ihnen vorbeirauschen, ohne anhalten zu können.
    Quan Li stimmte Florimel zu, und auf die Gefahr hin, unsere Gruppe nach Geschlechtsanschein zu polarisieren, gab ich mit meiner Stimme für diesen Plan den Ausschlag. Wir brachen auf, als die Morgensonne gerade über die Wipfel am anderen Ufer lugte. Ich sah sie natürlich nicht, aber ich nahm sehr viel mehr von ihr wahr als nur die Wärme auf meinem Gesicht – selbst in einer simulierten Welt gehen von der Sonne viele Wirkungen aus.
    Der erste Teil der Reise verlief ereignislos bis auf

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