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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Nacken und bellte eine weitere Hymne zum Preis seiner eigenen Göttlichkeit.
    Orlando ließ den Kopf in die Hände sinken. »O Gott. Jetzt sind wir angeschmiert.«
    »Ich hab dir ja gesagt, wir sollten ihn töten.« Fredericks blickte Orlando genauer an und sah seine Verzweiflung. »He, so schlimm ist es auch wieder nicht.« Er tätschelte seinem Freund die Schulter. »Wir bauen uns einfach ein neues Boot. Es gibt hier Palmen und solche Sachen.«
    »Und womit willst du sie fällen? Und wie zurechthacken?« Orlando schüttelte Fredericks’ begütigende Hand ab. »Er hat mein Schwert mitgenommen, schon vergessen?«
    »Oh.« Fredericks fiel erst einmal nichts mehr ein. Die Sonne hob jetzt von den östlichen Bergen ab, der Sand begann rot zu brennen. »Was meinst du, wie weit müssen wir gehen, bis wir zum nächsten … zum nächsten Durchgang kommen, oder wie die Dinger heißen?«
    »Durch tausend Meilen Wüste«, sagte Orlando bitter. Das war, da war er sich sicher, keine große Übertreibung. Der schockierte Ausdruck auf dem Gesicht seines Freundes verbesserte seine Stimmung nicht im geringsten.

 
Kapitel
     
In Erwartung der Traumzeit
     
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    »Datenterroristen« übermitteln Manifest
    (Bild: drei menschliche Gestalten, die auf einem Haufen Spielzeug sitzen)
    Off-Stimme: Gestern um zwölf Uhr mittags MGZ wurde in die meisten kommerziellen Netzkanäle ein kurzes und bizarres Manifest eingespeist. Es stammt von einer Gruppen die sich Dada Retrieval Kollektiv nennt.
    (Bild: ein Trio mit animierten Kikerina-Kirschkern-Masken)
    DRK 1: »Die Seescheide ist ein Meerestier, das anfangs ein rudimentäres Gehirn besitzt. Fertig entwickelt hört es auf, sich herumzubewegen, heftet sich an einen Felsen und macht dort nichts anderes, als Meerwasser zu filtrieren. Da es sein Gehirn nicht mehr braucht, wird es mitverdaut.«
    DRK 2: »Wir haben den SeeScheidenStoßtrupp gebildet, um diese Tatsache bekanntzumachen und zu feiern. Wir werden überall, wo wir nur können, die Zerstörung der Telekommunikation betreiben.«
    DRK 3: »Ungeduppt. S3 gibt’s wirklich. Wir werden das Netz kaputt machen. Eines Tages werdet ihr uns dafür dankbar sein.«
     
     
    > Stan Chan steckte seinen Kopf um die Trennwand. »Hab was für dich. Eine Dame von der UNSW mit dem märchenhaften Namen Victoria Jigalong. Sie soll erste Sahne sein, einsame Spitze. Ich hab dir den Namen und die Nummer rübergetan.«
    »Und warum hampelst du hier noch rum wie ein kleiner Springteufel?«
    »Weil ich den leuchtenden Blick der Dankbarkeit auf deinem richtigen, lebendigen Gesicht sehen wollte. Ich geh was essen – kommst du mit?«
    »Nein, danke, ich eß heute Luft zu Mittag. Eine Frau muß auf ihre Linie achten, weißt du.«
    »Und du nennst mich altmodisch.« Weg war er; sie hörte ihn auf dem Weg zur Tür mit ein paar Kollegen herumalbern.
    Calliope Skouros rief Stans Mitteilung auf und lehnte sich zum Lesen zurück. Sie fragte sich, ob es vertretbar sei, die Disziplin ein wenig zu lockern und einen Griff in die Kekspackung in der untersten Schublade zu tun. Diät leben hieß schließlich nicht, daß man darbte. Andererseits hatte sie wenig Spielraum, ihrer Genußsucht zu frönen, wenn sie ihre ohnehin schon breitschultrige und breithüftige Figur in einer ihr annehmbar erscheinenden Form halten wollte.
    Sie zog ein mürrisches Gesicht und ließ die Kekse, wo sie waren. Das ganze Theater bloß, um dem »öffentlichen Bild der Polizistin« zu genügen, nicht wahr? Aber das »öffentliche Bild des Polizisten« störte es offenbar gar nicht, wenn ein Mann einen Bierbauch und einen dicken Hintern hatte. Wenn man jedoch eine Frau war, die sich nach der Beförderung streckte und obendrein noch schwul war …
    Chans eiliges Dossier über Jigalong klang in der Tat, als wäre sie eine gute Quelle. Sie besaß den Doktor in Australischer Volkskunde und in Ethnologie und hatte in so vielen Ausschüssen gesessen, daß Calliope schon bei dem Gedanken das Grauen packte. Sie hatte sich außerdem für eine ganze Reihe frauenspezifischer Anliegen engagiert, und das schien ihr ein gutes Omen zu sein.
    Bei der University of New South Wales bekam sie schließlich, nachdem sie x-mal weiterverbunden worden war, den Assistenten des Fachbereichs Ethnologie an die Strippe. Nachdem er offline gegangen war, dauerte es einen Moment, dann veränderte sich plötzlich das Bild.
    Calliopes erster Eindruck von Professor Jigalong war, daß sie sehr, sehr dunkel, nahezu

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