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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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und streckte sich, dann setzte er sich wieder neben Renie auf den Boden, gähnte und bleckte dabei kurz seine eindrucksvollen Eckzähne. »Es geht mir ein wenig besser«, sagte er. »Es tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe.« Er warf ihr das verlegenheitsähnlichste Lächeln zu, das sie bis jetzt auf seinem Paviangesicht gesehen hatte, und sie fragte sich, was ihr Kummer ihm gezeigt hatte – was für Motive bei sich sie selbst noch nicht ganz verstand.
    »Ich hatte Angst, weil … weil ich dachte, du würdest sterben.« Jetzt war es heraus. Sie seufzte. »Aber alles ist so merkwürdig. Wieso kanntest du dich mit dem goldenen Licht aus – diesem Gatewayding? Und was macht sie hier?«
    »Emily ist kein Replikant«, sagte !Xabbu . »Ich kann dir nicht sagen, woher ich das weiß, aber ich weiß es. Nachdem ich getanzt hatte, sah ich alles anders.«
    »Willst du damit sagen, daß sie wie wir ist? Eine, die im Netzwerk gefangen ist?«
    Er schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Aber sie ist kein … wie war das Wort? Kein Konstrukt.« Er stellte sich auf die Hinterbeine. »Ich sollte wahrscheinlich alles erklären, was ich kann.« Renie mußte unwillkürlich bewundern, wie rasch er sich erholt hatte – seine Zähigkeit war wohl das Erbe von Vorfahren, die über Tausende von Generationen Tag für Tag und Stunde für Stunde ihr Leben der Wüste abgerungen hatten.
    »Sollten wir nicht erst zusehen, daß wir hier wegkommen?« fragte sie. »Kannst du dieses Ding nochmal öffnen, diese Tür? Es ist so seltsam hier. So … verkehrt.«
    »Ich weiß nicht, ob ich die Kraft oder auch nur das Geschick habe, das noch einmal zu machen«, sagte !Xabbu . »Ich will dir erzählen, was geschehen ist.«
    Renie begab sich in die bequemstmögliche Position, aber die Härte und Verwinkeltheit des Bodens oder dessen, was hier als Boden dienen mußte, war dem sehr hinderlich. Wenigstens erfroren oder verbrannten sie nicht, sagte sie sich dankbar. Bei allen sonstigen abartigen Extremen schien die neue Simwelt so wetterlos wie ein Büroraum zu sein.
    »Ich habe dir gestern abend erzählt«, begann !Xabbu , »du müßtest mit den Augen deines Herzens sehen. Und das war die Wahrheit, Renie – du bist sehr wichtig für uns alle, auch wenn dir das nicht klar ist.«
    Sie wollte ihm von ihrer eigenen Erkenntnis berichten, aber merkte, daß es nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. Auch wollte sie Antworten auf ihre unmittelbar dringendsten Fragen haben. »Sprich bitte weiter.«
    »Aber als du mich fragtest, was ich eigentlich tun wolle, erkannte ich, daß deine Sicht vollkommen richtig war. Seit ich hier in dieses Netzwerk gekommen war, hatte ich die Vision verloren, mit der mein Volk mich betraut hatte.
    Renie, meine Freundin, ich habe versucht, mit den Augen eines Stadtbewohners zu sehen. Ich habe nicht darauf geachtet, was mir von Großvater Mantis gegeben wurde, die ganze Weisheit meines Volkes, und ich habe zu sehr versucht, so zu sein wie du, wie Martine, wie der arme Herr Singh. Aber ich bin ein Kind in deiner Welt, der Welt der Apparate. Wenn ich auf die Weise zu sehen versuche, kann ich nur die Ansichten eines Kindes haben.« Er nickte und gewann sichtlich an Selbstvertrauen.
    »Ich habe dir einmal eine Geschichte erzählt über die Leute, die auf den Fersen sitzen, die Paviane – erinnerst du dich noch? Wie sie einen der Söhne des Mantis umbrachten und sich dann immer sein Auge zuwarfen, als ob es ein Ball wäre? Und ich habe dir erzählt, daß ich mir diesen Körper deshalb ausgesucht habe, weil Großvater Mantis im Traum zu mir sprach. Aber ich begriff nicht, wie sich alles zusammenfügen sollte. Ich hatte die Weisheit meines Volkes verloren. Also tanzte ich, denn das tue ich immer, wenn meine Seele hungrig ist.
    Als ich an diesem Ort war, dem Tanzplatz, ging es mir auf. Die Paviane lagen mit dem Mantis im Krieg, und sie warfen sich gegenseitig das Auge zu, als wäre es ein Kinderspielzeug, weil sie nicht verstanden, wie man mit dem Herzen schaut und sieht. Das Auge war das Auge des Mantis, vermittelt über seinen Sohn, und sie wiesen es zurück. Sie lagen mit dieser Vision im Krieg.
    Dies erfuhr ich, als ich tanzte. Ich wurde, glaube ich, deshalb mit diesem Körper bekleidet, weil ich diese Wahrheit entdecken und verstehen sollte. Der Pavian, das Wesen, das sich ständig mit seinen Nächsten um seinen Anteil streitet und rauft, sieht nicht mit dem Auge des Mantis – dem Auge des Geistes. Ich sage nicht, daß sie böse

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