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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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oft getan hatte, wenn sie einen ängstlichen Stephen beruhigen wollte.
    Die Stimmen hatten gerade zwanzig bis dreißig Meter weiter angehalten, als !Xabbu so plötzlich neben ihr aus dem Maisdickicht geschlüpft kam, daß sie beinahe vor Schreck aufgeschrien hätte.
    »Es sind ungefähr ein Dutzend Frauen, die den Zaun reparieren«, sagte er leise. »Und ein merkwürdiges Ding, ein mechanischer Mann, sagt ihnen, was sie machen sollen. Ich denke, sie werden dort eine ganze Weile zu tun haben – der Zaunabschnitt, den sie aufstellen müssen, ist sehr groß.«
    Renie hatte Verständnisschwierigkeiten. »Ein mechanischer Mann? Ein Roboter, meinst du wohl.«
    !Xabbu zuckte mit den Achseln. »Wenn Roboter die Dinger sind, die ich im Netz gesehen habe, wie unser Freund T4b, dann nein. Es ist schwer zu erklären.«
    Renie gab auf. »Vermutlich ist es egal. Meinst du, wir sollten …«
    !Xabbus kleine Hand schnellte hoch und berührte leicht ihre Lippen. Im Mondschein sah sie wenig mehr als seine Silhouette, aber er war in einer Haltung gespannten Lauschens erstarrt. Einen Augenblick später hörte sie es: Etwas bewegte sich auf sie zu und streifte dabei durch die niedergetrampelten Halme, ohne sich um Heimlichkeit zu bemühen.
    Obwohl sie noch keine Ursache hatten, den Bewohnern dieser Simulation Feindseligkeit zu unterstellen, fühlte Renie doch ihr Herz schneller schlagen. Eine dünne Gestalt trat auf eine kleine freie Fläche, von der sie nur durch eine einzelne Reihe abgeknickter Stengel getrennt waren. Das Mondlicht beschien eine sehr junge europide Frau mit großen dunklen Augen und einem struppigen Kurzhaarschnitt, bekleidet mit einem groben Kittel.
    Vor Renies und !Xabbus Augen ging sie in die Hocke, hob den Saum ihres Kittels hoch und fing an, Wasser zu lassen. Dabei sang sie stimmlos vor sich hin. Als das Mädchen sicher war, daß die sich bildende Pfütze von ihren Füßen wegfloß statt auf sie zu, faßte sie, weiter summend und murmelnd, in ihre Brusttasche und holte einen kaum traubengroßen Gegenstand hervor. Sie hielt ihn über ihr emporgewandtes Gesicht, bis das Mondlicht darauf fiel, und begutachtete ihn mit dem beinahe rituellen Gehabe von einer, die etwas Wichtiges zum hundertsten oder vielleicht gar zum tausendsten Mal tut.
    Das milde Licht des Mondes funkelte einen Moment lang auf den Facetten. Verblüfft schnappte Renie leise und unterdrückt nach Luft, aber laut genug, um die junge Frau auffahren zu lassen. Sie steckte hastig das kleine goldene Juwel zurück in die Tasche und blickte sich verstört um. »Wer ist da?« Sie stand auf, aber lief nicht sofort weg. »Wer ist da? Emily?«
    Renie hielt den Atem an und versuchte, nicht noch mehr Verdacht zu erregen, aber die Neugier der jungen Frau war größer als ihre Angst, und sie ließ ihren Blick über den Maisbruch schweifen. Etwas erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie trat mit der Vorsicht einer Katze darauf zu, die sich an ein neues Haushaltsgerät anschleicht, dann beugte sie sich abrupt vor, riß den Mais zur Seite, und Renie und die anderen kamen zum Vorschein. Das Mädchen stieß ein überraschtes Quieken aus und sprang zurück.
    »Schrei nicht!« sagte Renie hastig. Sie kniete sich auf und hielt begütigend die Hände hoch. »Wir tun dir nichts. Wir sind hier fremd, aber wir wollen dir nichts tun.«
    Das Mädchen zögerte, und obwohl sie sich zur Flucht gewandt hatte, gewann die Neugier wieder die Oberhand. »Warum … warum habt ihr das da bei euch?« fragte sie und deutete mit dem Kinn auf !Xabbu . »Ist es aus dem Wald?«
    Renie wußte nicht, was sie am klügsten zur Antwort geben sollte. »Er ist… mit mir unterwegs. Er ist freundlich.« Sie entschloß sich, ein Risiko einzugehen, da das Mädchen es anscheinend zunächst einmal nicht böse mit ihnen meinte. »Ich weiß nicht, von welchem Wald du redest. Wir sind hier fremd – wir alle.« Sie deutete auf Cullen, der immer noch am Boden lag und von dem Geschehen kaum etwas mitzubekommen schien. »Unser Freund ist verletzt. Kannst du uns helfen? Wir möchten dir keine Unannehmlichkeiten bereiten.«
    Das Mädchen starrte Cullen an und warf dann einen besorgten Blick auf !Xabbu , bevor sie sich wieder Renie zuwandte. »Ihr seid nicht von hier? Und ihr seid nicht aus dem Wald? Auch nicht aus dem Werk?« Sie schüttelte vor Verwunderung den Kopf. »Noch mehr Fremde – und schon das zweite Mal allein jetzt im Dunkelkalt!«
    Renie breitete die Hände aus. »Ich verstehe das alles nicht. Wir sind von

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