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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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einen kleinen Trupp Bauarbeiterfiguren auf seinem Schreibtisch, billige Automaten, die er bei einem Straßenverkäufer mitgenommen hatte und die aus jedem beliebigen Material, das man ihnen gab, Sand oder Würfelzucker oder (in diesem Fall) Zahnstocher, skurrile kleine Gebilde herstellten. Seine Bauarbeiter waren gerade an einem heiklen Punkt: Er sagte nicht einmal hallo, als Calliope ins Zimmer gestürmt kam.
    Der Luftzug von der hinter ihr zuschlagenden Tür warf das winzige Bauwerk über den Haufen. Er blickte mißmutig auf, während die stumpfsinnigen Gearteile ihr Werk wieder von vorne begannen. »Schreck laß nach, Skouros, was ist denn in dich gefahren? Du siehst fröhlich aus – das kann nichts Gutes bedeuten.«
    »Wir haben’s!« Sie ließ sich auf den Bürostuhl fallen und rollte hinter den Schreibtisch wie ein landendes Transportflugzeug. »Komm und schau’s dir an!«
    Ihr Kollege schnitt eine Grimasse, aber schlurfte zu ihr hinüber und stellte sich hinter ihre Schulter. »Wollen wir vielleicht erklären, was wir haben, oder warten wir einfach, bis Symptome auftreten?«
    »Sei so gut und versuch mal zehn Sekunden lang, kein Arschloch zu sein, Stan. Schau her. Ich bemühe mich seit Tagen ohne Erfolg, irgendwas Brauchbares mit ›Woolagaroo‹ zu kriegen. Aber es ist das verdammte Polizeisuchdings, das mich hängen läßt!« Sie strich mit der Hand über den Bildschirm, und ein Buchstabenschwall ergoß sich darüber, als folgte er ihren Fingern.
    »Polizeisuchdings?«
    »Das Gear, Stan, das Gear! Es macht keine automatischen phonetischen Abgleichungen – dieses Zeug ist echt aus der Steinzeit. Ich hab ›Woolagaroo‹ gesucht, und gekriegt hab ich bloß Hunderte von Nachnamen und Ortsnamen mit gleicher Schreibweise, von denen keiner richtig war und keiner was mit unserm Fall zu tun hatte, soweit ich erkennen konnte. Irgendwann hab ich mich dann gefragt, ob der Sucher, den wir benutzen müssen, vielleicht genauso alt und unbrauchbar ist wie alles andere hier, und ich hab ein paar gleichlautende Varianten eingegeben, weil ich dachte, vielleicht ist der Name drin, aber anders geschrieben, könnte sein, daß der zuständige Kollege ihn nur vom Hörensagen kannte oder sich verschrieben hat. Mensch, bevor ich die Artikel von Professor Jigalong hatte, wußte ich auch nicht, wie man ihn richtig schreibt.«
    »Du brauchst noch länger als sonst, um zur Sache zu kommen, Skouros.« Aber sie hatte ihn am Haken, das wußte sie: Stan gab sich alle Mühe, unbeteiligt zu klingen.
    »Also hab ich alle möglichen Varianten durchprobiert – ›Woolagaru‹, ›Wullagaroo‹, klar? Und jetzt sieh mal, was rausgekommen ist.«
    »Wulgaru, John – auch genannt ›Johnny‹, ›Johnny Dark‹, ›John Dread‹«, las er ab. »Okay, du hast also einen Typ mit einem langen Jugendstrafenregister gefunden. Ziemlich üble Kanaille, wie’s aussieht. Aber er ist seit Jahren nicht mehr eingebuchtet worden – und bei seinem frühzeitigen Karrierestart heißt das, daß er wahrscheinlich tot ist. Zudem ist die letzte bekannte Adresse so alt, daß sie schon die Motten hat.«
    »Ja! Und zwar ist er im selben Jahr von der Bildfläche verschwunden, in dem Polly Merapanui getötet wurde. Weniger als ein Jahr vorher!« Sie konnte es nicht fassen, daß er es nicht sehen wollte. Ein leiser Zweifel beschlich Calliope – hatte sie sich vor lauter Übereifer verrannt? Aber in ihrem Herzen wußte sie, daß dem nicht so war.
    »Du hast also eine Ähnlichkeit zwischen dem Namen von diesem Kerl und ’ner Bemerkung, die die Frau von Pfarrer Buftimufti über ein uraustralisches Märchen gemacht hat, und außerdem ist er ein paar Monate vor unserm Mord verschwunden oder wenigstens seither nicht mehr unter dem Namen verhaftet worden.« Er schob seine Brille die Nase hinauf – wie so vieles an ihm war sein Aussehen betont altmodisch. »Dünn, Skouros. Sehr dünn.«
    »Und, du großer Zweifler, wie dünn ist das?« Sie bewegte die Finger, und ein anderes Fenster voller Text erschien wie ein Teppich, der an die Oberfläche eines Teiches steigt. »Unser junger Freund Wulgaru saß mit siebzehn eine Zeitlang in der Jugendanstalt Feverbrook Hospital, auf der Station für die Gewalttäter – ›Bedrohung für sich selbst und für andere‹ lautet die offizielle Formel.«
    »Na und?«
    »Hast du eigentlich jemals unsere Falldatei gelesen? Polly Merapanui war zur selben Zeit dort, ein kurzer Aufenthalt nach einem halbherzigen Selbstmordversuch.«
    Stan blieb

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