Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
ein asiatisches Mädchen, das ungefähr dreizehn sein mochte. Sie war deutlich in eine Simulation eingespeist: Ihre Hände fuchtelten hin und her, als wollte sie einen wütenden Hund von ihrer Kehle fernhalten.
    »Sind sie online?« fragte Calliope. »Im Netz oder so?«
    »Lieber Gott, nein!« Die Direktorin lachte nervös. »Nein, alles hier ist hausintern. Man kann diesen jungen Leuten keinen freien Zugang zur Außenwelt geben. In ihrem eigenen Interesse, versteht sich. Es gibt zu viele gefährliche Einflüsse, zu viele Dinge, die selbst gesunde Erwachsene nur schwer verdauen.«
    Calliope nickte. »Vielleicht sollten wir uns jetzt die Dateien anschauen.«
    Die dunkelhäutige Frau, die sie bei ihrer Rückkehr in den Verwaltungskomplex empfing, sah beinahe jung genug aus, um zu den Insassen der Klinik zu gehören, aber Doktor Hazen stellte sie als ihre Assistentin vor. Die junge Frau, die sich anscheinend als Kontrast zum forschen Auftreten ihrer Vorgesetzten einen nervösen, ausweichenden Blick angewöhnt hatte, murmelte der Direktorin etwas zu, das Calliope nicht verstand.
    »Tja, wenn es das ist, Ernestine, dann ist es das.« Doktor Hazen geleitete die Besucher in ihr Büro. »Wie es scheint, haben wir nicht viel.«
    Eine kurze Überprüfung am Wandbildschirm bestätigte diese Aussage. Über Polly Merapanui gab es eine normale Akte, in der die Einzelheiten ihres Aufenthalts aufgeführt waren – Medikamente und Dosierungen, ärztliche Kommentare, ein paar Bemerkungen darüber, wie sie in der Gruppentherapie interagiert oder wie sie sich bei diversen Arbeiten angestellt hatte. Es gab sogar ein paar Notizen über die »schwierige« Beziehung zu ihrer Mutter. Den letzten Aufzeichnungen war zu entnehmen, daß sie in ein Rehazentrum in Sydney entlassen worden war.
    Bei Johnny Wulgaru alias Johnny Dark alias John Dread stand nur das Einlieferungsdatum und das Datum, an dem er in eine normale Jugendstrafanstalt rücküberwiesen worden war.
    »Was ist das?« fragte Calliope überrascht. »Wo ist der Rest?«
    »Mehr gibt es nicht«, antwortete die Frau Direktor hoheitsvoll. »Ich kann keine Informationen für dich herbeizaubern, Detective Skouros. Anscheinend ist er nach sechs Monaten wegen guter Führung entlassen worden.« Sie betrachtete aus den Augenwinkeln, wie Stan Chan die Unterlagen vor und hinter Wulgaru durchrollte. »Bitte«, sagte sie plötzlich zu ihm. »Wir haben euch gegeben, was ihr wolltet, haben voll kooperiert – diese anderen Informationen haben mit euerm Fall nichts zu tun. Sie sind privat.«
    Stan nickte, aber trat nicht von der Station zurück.
    »Es fällt mir schwer zu glauben, daß jemand, dessen Strafregister so lang ist wie dein Bein, hier reinschneit und nach einem halben Jahr wieder rausschneit, ohne zu der geringsten Bemerkung Anlaß zu geben.« Calliope holte tief Luft – sie hatte nichts davon, wenn sie sich diese Frau zum Gegner machte. »Du verstehst sicher, daß uns das zunächst mal erstaunt.«
    Die Frau Doktor zuckte mit den Achseln. »Wie gesagt, ich kann keine Informationen für euch herbeizaubern.«
    »Gibt es dann vielleicht jemanden, der sich an ihn erinnern könnte? Einen der Ärzte – meinetwegen auch einen der Wächter?«
    Die Direktorin schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Als diese Klinik vor fünf Jahren verkauft wurde, gab es einen kompletten Personalwechsel. Um die Wahrheit zu sagen, Detective, ist es hier früher zu gewissen Unregelmäßigkeiten gekommen, und daher hielten es die neuen Besitzer für das beste, mit einer tabula rasa zu beginnen. In einer Privatklinik kann man das machen – keine Gewerkschaften.« Es war nicht so recht auszumachen, ob sie das guthieß oder nicht, aber Calliope tippte auf das erste.
    Ernestine beugte sich vor und flüsterte ihrer Chefin etwas ins Ohr.
    »Nicht möglich!« sagte Doktor Hazen. Ihre Assistentin nickte. »Ernestine teilt mir gerade mit, daß es doch noch eine Aushilfskraft von damals gibt – Sandifer, einer der Gärtner.« Ihr Gesicht wirkte ein wenig steinern. »Anscheinend habe ich ihn eingestellt, ohne mir darüber im klaren zu sein, daß er schon vorher hier tätig war.«
    »Dann reden wir doch mal mit ihm«, meinte Calliope.
    »Ernestine wird ihn holen. Detective Chan, ich habe dich schon einmal darum gebeten – würdest du bitte die Akten dieser Patienten in Ruhe lassen?«
     
    Calliope hatte einen bärtigen alten Grantier mit Schlapphut erwartet, aber Sandifer stellte sich als ein kräftiger, ziemlich gut

Weitere Kostenlose Bücher