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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ersichtliche Furcht an den tückischen Seilen und bewegten sich mit der Sicherheit von Eichhörnchen. Etliche hatten sich die an ihren Kutten hängenden Kapuzen als Staubschutz vorn über Mund und Nase gezogen, so daß nur die Augen und die Schädelplatte zu sehen waren. Ein junger Mann weiter hinten betrachtete die Neuen besonders gespannt, und einen Moment lang hatte Renie beinahe das Gefühl, ihn zu kennen, aber noch während sie ihn anschaute, schien er das Interesse zu verlieren und kraxelte auf ein höheres Regal, wo sie ihn aus den Augen verlor.
    Bruder Epistulus Tertius war hartnäckig, und nach wenigen Minuten ließen sie sich von ihm durch das Menschengewühl zu der Gruft führen, wo die antiken Korrespondenzen erforscht wurden. Sprudelnd wie ein Wasserfall teilte der Mönch ihnen Fakten über die Bibliothek mit, von denen die meisten Renie nichts sagten. Sie beobachtete lieber die diversen Bewohner des Hauses bei ihren Geschäften – die rußgeschwärzten Kohlenkastenjungen, die an ihrem freien Nachmittag herumalberten, die Mitglieder der verschiedenen Küchenzünfte, die mit den fahrenden Schleifern verhandelten, die Gaukler und Musikanten, die dem ganzen Getriebe die Atmosphäre eines Renaissancekarnevals verliehen. Erst als sich vor ihnen ein Durchgang vom Marktplatz in die Klostersäle auftat – eine breitere Lücke zwischen den endlosen Bücherregalen und dahinter ein gefliester Flur, in den Epistulus Tertius sie winkte –, wurde Renie klar, warum ihr der Abstaubemönch bekannt vorgekommen war.
    Wenn man einen Mönch sah, ging man davon aus, daß es ein Mann war, aber wenn eine Frau sich ihre schwarzen Haare abrasierte, in eine Kutte schlüpfte und sich die Kapuze vors Gesicht zog, so daß es weitgehend bedeckt war …
    »Das war er!« schrie sie auf. »O mein Gott, das war er – ich meine sie! Der Mönch oben auf dem Bücherregal – das war Quan Lis Sim!«
    Ihre Gefährten wandten sich von Bruder Epistulus Tertius ab und bestürmten sie mit aufgeregten Fragen, doch die erschreckendste stellte !Xabbu .
    »Wo ist Martine?« fragte er.
    Sie eilten sofort zum Markt zurück, aber die blinde Frau war verschwunden.

Zwei
Engel und Waisen
    »Die Grenzen, die das Leben vom Tode scheiden, sind, gelinde gesagt, schattenhaft und verschwommen. Wer will bestimmen, wo das eine aufhört und wo der andere anfängt?«
     
    Edgar Allen Poe, »Das vorzeitige Begräbnis«

Kapitel
Augen aus Stein
    NETFEED/INTERAKTIV:
    GCN, Hr. 5.5 (Eu, NAm) – »How to Kill Your Teacher« (»Wir bringen unsern Lehrer um«)
    (Bild: Looshus und Kantee hängen an einer Wand voller Rasierklingen über einem Feuerkessel)
    Off-Stimme: Looshus (Ufour Halloran) und Kantee (Brandywine Garcia) haben den Mörder Jang zerstört, aber werden jetzt von Inspektor Übelfleisch (Richard Raymond Balthazar) im Schreckenskerker gefangengehalten. Gesucht 2 Kerkerknechte, 4 Leichen. Flak an: GCN.HOW2KL.CAST
     
     
    > Detective Calliope Skouros klappte das Okular von ihrem Gesicht weg und seufzte. Das Sichtgerät drückte auf ihren Nasenrücken. Ihr Kopf fing an weh zu tun. Es war Zeit, sich noch einen Drink zu genehmigen und die Sache für diese Nacht aufzustecken, möglicherweise für immer.
    Den dritten Abend hintereinander hatte sie Stunden ihrer privaten Zeit geopfert und über das Benutzerkonto des Dezernats die ungeheuren Datenbestände des IntPolNetzes durchforstet, um irgend etwas zu finden, das sie im Fall Polly Merapanui einen Schritt weiter bracht. Sie hatte die Daten des Opfers Polly unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt analysieren lassen, die ganzen sterbenslangweiligen Bagatellen der ursprünglichen Akte ebenso wie jedes einzelne wertlose Krümelchen, das sie und Stan Chan bei ihrer Ermittlung noch hinzugefügt hatten. Sie hatte auch das Stichwort »Woolagaroo« durch den Informationsfleischwolf laufen lassen und wider alle Vernunft gehofft, das Wort möge auf einem Überweisungsauftrag stehen, als Spitzname benutzt worden sein, irgendwas, aber es hatte alles nichts gebracht.
    Calliopes Vater hatte früher öfter einen Witz erzählt, an den sie sich nur noch dunkel erinnerte. Es ging darin irgendwie um ein hemmungslos optimistisches Kind, dem jemand aus Gemeinheit einen riesigen Haufen Pferdescheiße geschenkt hatte und das dann stundenlang darin herumwühlte, weil es sich ausrechnete: »Da muß doch irgendwo ein Pony drin sein!«
    Tja, so bin ich dachte sie. Und bis jetzt sind nicht allzu viele Ponys dabei rausgekommen.
     
    Stan hatte

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