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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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kriechen konnte. Month kam angestürmt, schlug mit dem Krummschwert nach dem Gesicht des Sphinx und wich dann knapp einem wuchtigen Hieb aus, der ihn an die Wand geschmettert hätte. Sein Säbel schnitt in Safs Hals. Es kam kein Blut, als Month die Klinge herausriß, aber der Sphinx stieß einen dumpfen Schmerzensschrei aus, der die Luft erzittern ließ. Die Schildkrötenmänner schlugen sich auf die Brust, und aus dem Trommeln wurde ein unablässiges Donnern.
    »Sie werden ihn umbringen!« schrie Fredericks über den Tumult hinweg. »Wir müssen hier raus!«
    »Wir müssen Bonnie Mae finden.« Mit hämmerndem Herzen hielt Orlando nach den anderen Ausschau, aber bei dem trüben Lampenschein war das ein vergebliches Ansinnen. Die Menge an ihrem Ende des Raumes war zwar weniger dicht zusammengedrängt, aber dennoch ein undurchdringliches Gewirr brauner ägyptischer Gesichter und Leiber und heller Gewänder, eine chaotische Masse von Menschen und kleinen Göttern, die in ihrem verzweifelten Kampf, sich nicht zermalmen zu lassen, an einen sicheren Ort zu entkommen suchten, obwohl es solche Orte im Tempel kaum mehr gab.
    Orlando packte Fredericks am Arm und hatte seinen Freund gerade ein paar Schritte zur Mitte des großen Saales hingezogen, als durch das zerstörte Tor eine schwarze Wolke geflogen kam. Einen Moment lang meinte Orlando, Tefi und Mewat ließen giftigen Qualm einströmen, und er spürte, wie sein ohnehin rasendes Herz zu versagen drohte.
    Ich bin für sowas zu müde …, war das einzige, was er denken konnte.
    »Fledermäuse!« kreischten mehrere Leute, aber sie hatten nur halb recht. Die Wolke bestand aus sausenden schwarzen Schatten, aber es flogen noch andere Wesen mit – Tausende von gräßlichen bleichen Schlangen mit durchscheinenden Libellenflügeln, die wie Dampfventile zischten.
    Angst und Verzweiflung schlugen jetzt in die vollkommene Raserei um. Wilde Schreie zerrissen die Luft. Der vorher schon düstere Tempel wurde noch finsterer, denn die Wolke fliegender Bestien verdeckte das Licht der Wandfackeln. Kreischende Leute rannten überall kopflos durcheinander, wie in einem brennenden Haus gefangen; andere waren bereits von den Fledermäusen und fliegenden Schlangen angefallen worden und krümmten sich unter dem kriechenden, beißenden Getier am Boden.
    Eine Gestalt, die eine Frau sein mochte, rannte seitlich in Orlando hinein und warf ihn um, bevor sie in dem Getümmel verschwand. Als er sich erhob, erschien einer der angreifenden Soldaten vor ihm und führte mit einem Kurzschwert so prompt einen Stoß nach seinem Bauch, daß Orlando kaum noch reagieren konnte. Zurückspringen konnte er nicht in seiner Situation, und so warf er sich statt dessen nach vorn und drehte sich dabei zur Seite, so daß der Stoß nur die Haut an der Brust ritzte. Sein eigenes Schwert, das er schon so lange fest umklammert hielt, daß der Griff schweißnaß war, hatte er beinahe vergessen, doch dank seiner hart erworbenen Kämpferreflexe führte er automatisch einen Rückhandschlag in die ungeschützten Kniekehlen des Soldaten. Der Mann schrie auf und fiel nach vorn. Orlando hackte ihm mit einem beidhändigen Hieb den Kopf ab und schlug sofort mit der flachen Klinge den jähen Angriff eines geflügelten Untiers ab.
    Bevor er Fredericks entdecken konnte, traten zwei weitere Soldaten drohend aus dem Schatten. Der Anblick ihres toten Kameraden zu Orlandos Füßen provozierte sie, aber ihre Gesichter waren so fassungslos wie die der meisten anderen, und nach kurzem Zögern verschwanden sie wieder im Gewühl. Das grausige Schauspiel schien sogar Tefis und Mewats Krieger zu erschüttern.
    Als Orlando in die Menge eintauchte, sah er mehrere Leute schreiend auf dem Rücken liegen, den Kopf von geflügelten Schlangen umschnürt, die immer wieder nach ihren Gesichtern schnappten. Ein blutender Mann kroch auf ihn zu, eine Hand flehend erhoben, aber die beiden Soldaten, die eben vor ihm zurückgewichen waren, rissen den Mann an seinem zerfetzten Gewand zurück und stachen ihm in die Seiten. Bevor Orlando etwas unternehmen konnte, plumpste ihm ein rot besudelter Frauenkörper mit zertrümmertem Kopf vor die Füße, und der Schildkrötenmann, der soeben die Mutter mit seinem scheußlichen Steinhammer erschlagen hatte, drängte nunmehr ihr schreiendes Kind, einen Jungen, an die Wand und hob erneut die triefende Mordwaffe. Das ledrige Gesicht war ausdruckslos, die Augenlider halb gesenkt, als könnte der Täter kaum ein Interesse an der

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