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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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von der Wand ab, um etwas auf Distanz zu Renies nervendem Exfreund zu gehen, aber nach zwei Schritten stand er im Nieselregen und zog sich rasch wieder unter das kahle Betonvordach zurück. Sie tranken ihren Kaffee in Einwegbechern auf der Straße. Selbst in diesem heruntergekommenen Teil von Durban hatte der Inhaber des Cafes nur einen Blick auf Del Rays fleckigen, zerknitterten Anzug und Josephs leicht torkelnden Gang werfen müssen, um sie mit ihrem Kaffee und ihren Problemen vor die Tür zu schicken. Joseph hätte ihn gern als Rassisten beschimpft, aber leider war der Mann ein Schwarzer. »Dich getroffen? Spinnste? Du bist mit ’ner Knarre auf mich los, Freundchen, war’s nich so?«
    »Und habe dir damit wahrscheinlich das Leben gerettet, auch wenn du den Teufel tust, es mir zu danken.« Del Ray fluchte, als ihm heißer Kaffee aus dem Styroporbecher ans Kinn spritzte. »Wieso ich mich habe überreden lassen, nochmal mit dir in das Krankenhaus da zu gehen, ist …«
    »Ich mußte meinen Jungen sehen.« So bedrückend die Erfahrung gewesen war, Joseph bereute nichts. Dafür war er schließlich aus diesem Gebirgsloch abgehauen. Was war so verwunderlich daran, daß er nicht wußte, wie er wieder zurückfand – hätte er sich vielleicht eine Landkarte malen sollen oder was?
    »Na schön, wir werden es irgendwie rauskriegen müssen. Es ist irgendwo in den Drakensbergen – wir können nicht einfach da oben rumlaufen und hoffen, daß wir über eine geheime Militärbasis stolpern.« Er runzelte die Stirn. »Ich wünschte, mein Bruder würde sich ein bißchen beeilen.«
    Joseph sah zu dem schwarzen Van hinüber, der am hinteren Ende der Straße parkte; ein Schwall Regenwasser von einem der Dächer trommelte auf den silbernen Antennenstreifen über der Windschutzscheibe. Es war eines von den breiten Dingern, die die Leute in Pinetown »Pig« nannten, und wirkte etwas zu edel für das Viertel. Er überlegte, ob er Del Ray darauf aufmerksam machen sollte, aber er hatte keine Lust, sich die nächste lange Rede darüber anzuhören, daß es der reine Schwachsinn gewesen war, sich in das Krankenhaus einzuschleichen, und daß sie wahrscheinlich von Burenkillern verfolgt wurden …
    Seine Gedanken wurden von einer alten Limousine zerstreut, die neben ihnen anhielt. Im ersten Augenblick erschrak Joseph, als er das Auto erkannte, in dem er vorher entführt worden war, doch dann sah er ein, daß es natürlich dasselbe Auto sein mußte und derselbe Bruder hinterm Steuer. Del Ray stieg vorne ein, und so machte Long Joseph die Hintertür auf, wo allerdings bereits drei kleine Kinder saßen und lautstark »Ich hau dich, du haust mich« spielten. »Was soll’n der Quatsch?« grummelte er.
    »Du hast die Kinder mitgebracht?« Del Ray bekam vor Ärger eine ganz quiekende Stimme. »Hast du sie noch alle, Gilbert?«
    »Hör zu, Mann, ihre Mama ist grade nicht da.« Der Bruder, den Joseph jetzt zum erstenmal richtig sah, hatte den mürben Blick eines Mannes, der den ganzen Vormittag über Babysitter gespielt hatte. »Was soll ich denn machen?«
    »Ich setz mich nich da hinten zu so ’ner Kinderhorde«, verkündete Joseph. Murrend stieg Del Ray aus und quetschte sich zu seiner Nichte und seinen Neffen auf den Rücksitz. Als Joseph endlich seine langen Beine vorne verstaut hatte – Del Rays Bruder war klein und hatte die Sitzbank dicht ans Steuer gerückt –, waren sie schon an der Stelle vorbei, wo der schwarze Van stand, so daß Joseph ihn sich nicht genauer ansehen konnte.
    »Hör zu, ich kann dich und diesen alten Mann nicht den ganzen Tag in der Gegend rumkutschieren«, sagte Gilbert. »Ich hab schon genug Zeit damit verplempert, vor diesem Krankenhaus rumzuwarten. Wo wollt ihr hin?«
    »Danke, ich freu mich auch, deine Bekanntschaft zu machen«, fauchte Joseph. »Als wir das letztemal Zeit zusammen verplempert haben, hast du’n Verbrechen an mir begangen. Kannste von Glück sagen, daß ich dir nich die Bullen auf den Hals hetz. Alter Mann, pff.«
    »Oh, bitte sei still«, stöhnte Del Ray.
    »Das war nicht meine Idee«, sagte sein Bruder leise. »Ich hab Arbeit.«
    »Jetzt fang nicht auch noch mit mir an, Gilbert«, ereiferte sich Del Ray. »Wer hat dir denn die Arbeit verschafft? Wir wollen zum Elefanten. Er wohnt in Mayville.« Er beschrieb den Weg, dann ließ er sich zurücksinken, wobei er vorher noch die beiden Jungen auseinanderreißen mußte, die sich allerdings bereits lauthals zu bejammernde Verletzungen beigebracht

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