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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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trampelte es in die Erde und lief ins Haus.
     
    Sie hatte das Gesicht in den Schoß ihrer Mutter gepreßt und weinte so sehr, daß sie keine von Mamis Fragen beantworten konnte, als sie Papi aus der Garage hereinstampfen und sagen hörte: »Mann, war das schrecklich. Ich mußte Ron gerade eine ganz und gar grauenhafte …« Er hielt inne. »Christabel, was ist los? Ich dachte, du bist draußen und spielst.«
    »Sie ist gerade schluchzend reingekommen«, sagte Mami. »Ich kriege kein vernünftiges Wort aus ihr heraus.«
    »Du darfst nicht sterben!« kreischte Christabel. Sie drückte das Gesicht noch fester an den Bauch ihrer Mutter und schlang die Arme um ihre schlanke Taille.
    »Christabel, Liebes, du zerquetschst mich«, rief ihre Mutter. »Was redest du denn da für Sachen?«
    »O Gott«, sagte Papi. »Bist du … Christabel, hast du gehorcht? Schätzchen, hast du gehorcht, als Papi und Onkel Ron miteinander geredet haben?«
    Christabel hatte jetzt auch noch Schluckauf, und es fiel ihr schwer zu sprechen. »Du darfst nicht st-sterben, Ma-Mami!«
    »Was ist hier eigentlich los?«
    Sie fühlte plötzlich, wie sich die starken Hände ihres Papis unter ihre Arme schoben. Er zog sie von ihrer Mutter weg, auch wenn es nicht leicht war, und hob sie hoch in die Luft. Sie wollte ihn nicht anschauen, aber er drückte sie mit einem Arm an sich, faßte sie mit der anderen Hand unterm Kinn und hob ihr Gesicht an.
    »Christabel«, sagte er. »Sieh mich an. Deine Mami ist nicht krank. Ich hab das erfunden.«
    »Ni-nicht?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Es stimmt nicht. Sie ist gesund. Ich bin gesund, du bist gesund. Niemand hat Krebs.«
    »Krebs!« Ihre Mutter hörte sich tief erschrocken an. »Himmel Herrgott … was geht hier vor, Mike?«
    »Herrje, ich mußte Ron anlügen. Das war schon übel genug, ihn so zu hintergehen …« Er legte seinen anderen Arm um Christabel und zog sie an seine Brust. Sie weinte immer noch. Alles war unnormal, total unnormal, alles war verrückt und unnormal. »Christabel, hör auf zu weinen. Deine Mami ist nicht krank, aber es gibt ein paar wichtige Dinge, über die wir reden müssen.« Er tätschelte ihr den Rücken. Er klang immer noch komisch, als ob ihn etwas am Hals würgte. »Sieht so aus, als müßten wir einen kleinen Familienrat abhalten«, sagte er.
     
     
    > In seinem Traum war Cho-Cho wieder auf der schönen Insel in dem geheimen Teil des Netzes, in der Bucht mit dem Sand und den Palmen, aber er war mit seinem Vater da, der ihn beschwor, nichts von alledem zu glauben – das blaue Meer und der weiße Sand wären bloß ein Trick, die reichen Gringoschweine wollten sie nur fangen wie bichos und sie umbringen.
    Unterdessen aber hing Cho-Chos Vater an dem Sandstrand fest wie an einem Fliegenfänger. Der Sand zog ihn nach unten, aber er klammerte sich die ganze Zeit bloß an Cho-Chos Arm und sagte »Glaub ihnen nicht, glaub ihnen nicht«, obwohl er dabei war, Cho-Cho mit in den klebrigen Sand hineinzuziehen.
    Während er sich noch wehrte und zu schreien versuchte, dabei aber keinen Ton aus der Kehle herausbrachte, merkte Cho-Cho auf einmal, daß es der alte Mann war, Sellars, der an seinem Arm zog. Er war gar nicht am Strand, er war wieder in diesem Tunnel, und el viejo versuchte, ihn zu wecken.
    »Cho-Cho, alles in Ordnung. Wach bitte auf.«
    Cho-Cho wollte weiterschlafen und machte sich von ihm los, doch der entstellte alte Mann hörte nicht auf, an ihm zu zerren.
    »Was zum Teufel ist das?« sagte eine neue Stimme.
    Augenblicklich riß Cho-Cho sein selbstgebasteltes Messer aus der zusammengerollten Jacke, die er als Kopfkissen benutzte. Er krabbelte hastig auf die andere Seite des Tunnels und preßte den Rücken an die Wand, dann hielt er das scharfe, längliche Stück Altmetall hoch und richtete es auf den Fremden.
    »Kommse zu nah, ich stech dich ab!«
    Der Mann war normal gekleidet, nicht in Uniform, aber Cho-Cho roch einen Bullen zehn Meilen gegen den Wind, und der da war definitiv ein Bulle – aber außerdem kam er ihm noch irgendwie bekannt vor.
    »Das hast du mir verschwiegen, daß hier noch jemand ist, Sellars«, sagte der Mann und blickte Cho-Cho mit harten Augen an. »Wer ist das?«
    »Ich gebe zu, daß ich vergessen habe, meinen Freund hier zu erwähnen, Major Sorensen«, erwiderte Sellars, »aber ich versichere dir, daß er mit beteiligt ist. Er muß bei jedem Plan berücksichtigt werden.«
    Der Mann musterte Cho-Cho finster. »Aber ich hab nicht genug Platz! Noch

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