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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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bißchen aus wie ein Goggleboy in Chutes –, aber das Hemd, das er an seine nackte, feuchte Brust gepreßt hielt, das war etwas anderes.
    »Ich zieh’s nich an.«
    »Hör zu, Junior.« Der Mann kniete sich neben ihn hin. »Niemand ist glücklich über diese Geschichte, aber wenn du ein großes Theater machst und wir geschnappt werden, dann sitzen wir alle im Dreck, dreckiger geht’s nicht. Verstehst du? Mich stecken sie in den Knast und dich in eine von diesen Kinderanstalten, und keine von der netten Sorte. Ich wette, du weißt, wovon ich rede. Also sei so gut und hör mit dem Getue auf, ja?«
    Cho-Cho hielt ihm zitternd das Hemd hin. »Das? So ’ne mierda soll ich anziehn?«
    Der Mann blickte auf das Bild von Prinzessin Poonoonka, der rosaroten Otterfee, und wandte sich der Frau zu. »Vielleicht könntest du ihm was raussuchen, was nicht so nach … Mädchen aussieht?«
    »Oh, lieber Himmel«, sagte die Frau, aber ging nachschauen.
    Dann verblüffte der Mann Cho-Cho damit, daß er ihn angrinste. »Untersteh dich, es ihr zu verraten«, sagte er leise, »aber in dem Fall muß ich dir recht geben, Junge.« Er klopfte ihm auf die Schulter und ging durch den Flur zur Garage zurück. Jetzt war Cho-Cho noch verwirrter, als er in dieser ganzen verrückten Nacht ohnehin schon gewesen war.
    Als ihre Mutter sie weckte, war es draußen noch dunkel, doch der Himmel begann sich zu röten. »Wir brechen jetzt zu unserer kleinen Reise auf, Christabel«, sagte sie. »Du mußt dich nicht anziehen – du kannst im Auto weiterschlafen.«
    Nachdem sie in ihre warmen Pantoffeln geschlüpft war und sich ihre dicke Jacke über den Schlafanzug gezogen hatte, sagte Mami etwas so Seltsames, daß Christabel einen Moment lang beinahe meinte, sie schliefe noch und träumte.
    »Herr Sellars möchte mit dir reden, bevor wir losfahren.«
    Papi war in der Küche, trank Kaffee und studierte Autokarten. Er lächelte sie an, als sie mit Mami an ihm vorbeiging, doch es war ein kleines, müdes Lächeln. Draußen in der Garage standen alle Wagentüren offen, aber Christabel konnte Herrn Sellars nirgends erblicken.
    »Er ist hinten drin«, sagte ihre Mutter.
    Christabel ging zum hinteren Ende des Vans herum. Ihr Papi hatte den Reifen und die anderen Sachen herausgenommen, die normalerweise hinten unter der Bodenabdeckung lagen. Auf einem Schlafsack zusammengerollt lag Herr Sellars in der leeren Mulde wie ein Grauhörnchen im Nest.
    Er sah auf und lächelte. »Hallo, kleine Christabel. Ich wollte nur, daß du siehst, daß es mir gutgeht, bevor dein Vater die Abdeckung wieder drauftut. Sieh her, ich habe Wasser«, er deutete auf ein paar neben ihm liegende Plastikflaschen, »und ein schönes kuscheliges Plätzchen.«
    Sie wußte nicht, was sie sagen sollte. Alles war so seltsam. »Er tut die Abdeckung wieder drauf?« fragte sie.
    »Ja, aber mach dir um mich keine Sorgen.« Er lächelte wieder. Er sah auch müde aus. »Ich bin enge Verstecke gewohnt, und außerdem gibt es genug, womit ich mich hier drin beschäftigen kann und worüber ich nachdenken muß. Mach dir keine Sorgen. Es ist ja auch nur für ein kurzes Weilchen. Tu einfach, was deine Mama und dein Papa dir sagen. Sie sind beide sehr tapfer, und ich hoffe, du wirst auch tapfer sein. Weißt du noch, wie ich dir von Hans erzählt habe, wie er zum Schloß des Riesen hochkletterte? Er hatte Angst, aber er machte es trotzdem, und am Schluß wurde alles gut.«
    Ihre Mutter, die ein Stück hinter ihr stand, machte ein komisches Geräusch, wie ein Schnauben. Christabel schaute sich nach ihr um, aber Mami schüttelte nur den Kopf und sagte: »Gut, Liebling, komm jetzt. Wir müssen los.«
    »Wir sehen uns bald wieder«, sagte Herr Sellars. »Das hier ist immer noch ein Geheimnis, aber für deine Mami und deinen Papi nicht mehr, und das ist sehr gut für uns alle.«
    Ihr Papi wischte sich noch die Hände ab, als er aus der Küche kam. Während er die Bodenabdeckung über Herrn Sellars legte und dabei leise mit dem alten Mann redete, half ihre Mutter Christabel in den Mittelteil hoch, wo die Sitze waren.
    »Wenn dich jemand fragt«, erklärte ihre Mami, »sagst du, daß Cho-Cho dein Cousin ist. Wenn du sonst noch Fragen gestellt bekommst, sagst du einfach, du weißt es nicht.«
    Christabel versuchte zu begreifen, wieso ihre Mami so etwas sagte, da erblickte sie den gräßlichen Jungen auf dem Rücksitz; er hatte eines von Papis Jacketts an. Christabel erstarrte vor Schreck, doch ihre Mutter nahm sie am Arm

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